Verstärkte Wirksamkeit von Telemonitoring bei größeren Anfahrtswegen

 

Heart Failure 2025 | TIM-HF2: Die prä-spezifizierte Analyse der TIM-HF2-Studie untersuchte den Einfluss geographischer Faktoren auf die Wirksamkeit eines strukturierten Telemonitoring-Programms. Die Studie wurde simultan im The Lancet Regional Health – Europe veröffentlicht. Prof. Stefan Störk (Würzburg) stellte die Ergebnisse in den Late-Breaking-Sessions vor.


Prof. Birgit Aßmus (Universitätsklinikum Gießen) kommentiert.

Von:

Dr. Fabian Kerwagen

Universitätsklinikum Würzburg

 

Expertenkommentar

Prof. Birgit Aßmus

Rubrikleiterin Herzinsuffizienz

 

24.05.2025

 

Bildquelle (Bild oben): mehdi33300 / Shutterstock.com

Hintergrund

 

In vielen europäischen Ländern gibt es räumliche und regionale Ungleichheiten in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz (HI), so auch in Deutschland. Besonders in ländlichen Regionen ist der Zugang zu spezialisierten kardiologischen Leistungen eingeschränkt, was sich negativ auf die Prognose auswirken kann. Telemedizin gilt als eine vielversprechende Strategie, um diese strukturellen Barrieren zu überwinden, da es eine zeit- und ortsunabhängig digitale Versorgung ermöglicht. Eine prä-spezifizierte Analyse der TIM-HF2-Studie untersucht den Einfluss geographischer Faktoren auf die Wirksamkeit eines strukturierten Telemonitoring-Programms.

Studiendesign

TIM-HF2 war eine randomisierte, kontrollierte Multizenterstudie mit 1.538 Herzinsuffizienz-Patientinnen und Patienten mit einer HI-Hospitalisierung innerhalb der letzten 12 Monate, die entweder in ein nicht-invasives Telemonitoring-Programm mit externen Devices oder in die Standardversorgung randomisiert wurden. Eingeschlossen wurden sowohl Betroffene mit reduzierter (HFrEF), mittelgradig eingeschränkter (HFmrEF) als auch erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion (HFpEF). Ausgangspunkte für die nun vorliegende präspezifizierte Analyse war, dass die Randomisierung nach der Lage des kardiologischen Zentrums (ländlich vs. städtisch) stratifiziert war. Drei geographische Merkmale standen im Fokus:

 

  1. Lage der behandelnden Kardiologinnen und Kardiologen (ländlich vs. städtisch),
  2. Wohnort der Patientinnen und Patienten (ländlich vs. städtisch),
  3. Individuelle Reisedistanz zwischen Wohnort und Kardiologin oder Kardiologe

Ergebnisse

 

Die mediane Altersgruppe der Patientinnen und Patienten lag bei 70 Jahren, ungefähr ein Drittel (30 %) waren Frauen und etwa die Hälfte (48 %) der Studienteilnehmenden befanden sich bei Einschluss in NYHA-Klasse III oder IV.

 

Der Nutzen der Telemonitoring-Intervention war grundsätzlich unabhängig vom Wohnort oder der Lage der Kardiologin oder des Kardiologen, d.h. sowohl in ländlichen als auch städtischen Regionen konnten durch Telemonitoring vergleichbare Reduktionen des primären Endpunkts (Tage verloren durch Tod oder ungeplante kardiovaskuläre Hospitalisationen) erzielt werden.

 

Entscheidend war jedoch: Die Effektivität der Telemonitoring-Strategie stieg signifikant mit zunehmender Reisedistanz der Betroffenen zu ihrer Kardiologin oder ihrem Kardiologen. Das heißt, für jede Verdopplung der Distanz verringerte sich der kombinierte Endpunkt um 13 %. Besonders deutlich war beispielsweise der Vorteil für Patientinnen und Patienten mit einem Anfahrtsweg von >100 km: Hier konnte die Rate verlorener Tage um 51 % reduziert werden. Diese distanzabhängigen Effekte bestätigten sich auch für die sekundären Endpunkte Gesamt- und kardiovaskuläre Mortalität.

Klinische Implikationen

 

Telemonitoring hat das Potenzial, geografische Barrieren und strukturelle regionale Nachteile zu überwinden, indem es den Zugang zur kardiologischen Versorgung unabhängig vom Standort ermöglicht. Bei der Implementierung von Telemonitoring könnte daher ein besonderes Augenmerk auf die Patientinnen und Patienten gelegt werden, die an von der kardiologischen Versorgung weit entfernten Orten wohnen. Aus methodologischer Sicht ist interessant, dass die individuelle Reisedistanz ein quantitativ robustes und patientenorientiertes Maß zu sein scheint, das subtile Behandlungsunterschiede in Telemonitoring wirksam erfasst. Dies sollte bei der Konzeption und Analyse künftiger Telemonitoring-Studien berücksichtigt werden.

Expertenkommentar

 

Die vorgestellte Analyse zeigt, dass nicht-invasives Telemonitoring in der TIM-HF-Studie in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz die Ereignisrate sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich signifikant verbessern kann. Eine entscheidende Hilfe kann Telemonitoring bei der Überwindung geographischer Versorgungsbarrieren spielen, da mit steigender Distanz zwischen versorgender Kardiologin oder versorgendem Kardiologen und Patientenwohnort der Nutzen größer wurde. Damit stellt Telemonitoring ein zentrales Element zukünftiger Strategien zur Verbesserung der kardiovaskulären Versorgungsgerechtigkeit insbesondere in strukturell schwachen Regionen dar.

Zum Autor

Dr. Fabian Kerwagen

Dr. Fabian Kerwagen, Assistenzarzt in der Weiterbildung Kardiologie am Universitätsklinikum Würzburg und Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz, engagiert sich in der digitalen Herzmedizin, insbesondere im Bereich Telemonitoring und Herzinsuffizienz. Er ist aktives Mitglied der YoungDGK sowie Ambassador der YoungHFA für Deutschland und wirkt an nationalen wie europäischen Forschungsprojekten zur digitalen Versorgung mit.

Zur Person

Prof. Birgit Aßmus

Prof. Birgit Aßmus ist leitende Oberärztin und W3-Professorin in der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Gießen (UKGM) sowie an der Kerckhoff-Klinik in Bad Nauheim. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen u. a. Telemedizin sowie evidenzbasierte Versorgungsoptimierung und Pathophysiologie bei Herzinsuffizienz.

Referenzen

 

  1. Störk S et al. Impact of rurality and travel distance on the effectiveness of remote patient management in patients with heart failure: a pre-specified analysis of the randomised controlled TIM-HF2 trial. 18.05. Belgrad, HFA 2025
  2. Kerwagen F et al. Rurality, travel distance, and effectiveness of remote patient management in patients with heart failure in the TIM-HF2 trial in Germany: a pre-specified analysis of an open-label, randomised controlled trial. The Lancet Regional Health – Europe 2025 May

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