Neuere Herzinsuffizienz-Therapien werden oft zu zögerlich eingesetzt

Bei Patienten und Patientinnen mit Herzinsuffizienz früh mit einer leitliniengerechten Therapie zu beginnen, kann ihre Prognose verbessern. Dies umzusetzen bleibt jedoch herausfordernd, zeigen internationale Daten.

Von Joana Schmidt

 

20.02.2023

Die europäischen und US-amerikanischen Herzinsuffizienz-Leitlinien empfehlen nach einer HFrEF-Diagnose den frühen Beginn mehrerer leitliniengerechter Therapien (GDMT) und eine anschließende Auftitrierung für einige davon. Diese Empfehlungen werden jedoch häufig nicht ausreichend umgesetzt, etwa aufgrund eines potenziellen Risikos für Nebenwirkungen. Auch Therapieabbrüche oder der Einsatz suboptimaler Dosen können Hindernisse sein. Eine internationale Analyse hat jetzt ergeben, dass trotz der Einführung neuer und besser verträglicher Medikamente gegen Herzinsuffizienz GDMT oft eher schleppend umgesetzt werden.

 

Mithilfe von Registerdaten aus Japan, Schweden und den USA aus der EVOLUTION-HF-Studie analysierten Forschende um Prof. Gianluigi Savarese vom Karolinska Institute in Stockholm den Beginn, die Auftitrierung und das Absetzen von GDMT bei Personen mit Herzinsuffizienz. Die knapp 267.000 Teilnehmenden waren hospitalisiert worden und hatten innerhalb von zwölf Monaten nach der Entlassung aus der Klinik mit einer oder mehreren GDMT begonnen.

Später mit neuen Therapien gestartet

Die mediane Dauer vom herzinsuffizienzbedingten Klinikaufenthalt bis zum Beginn der GDMT war bei neueren Medikamenten wie Dapagliflozin oder Sacubitril/Valsartan länger als bei ACE-Hemmern, Angiotensin-Rezeptor-Blockern (ARB), Betablockern und Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (MRA). Sie lag bei 39 und 44 vs. 12 bis 13 Tagen in Japan, bei 44 und 33 vs. 22 bis 31 Tagen in Schweden und bei 33 und 19 gegenüber 18 bis 24 Tagen in der US-amerikanischen Kohorte.

 

„Trotz der Studienergebnisse für neue GDMT, die einen Paradigmenwechsel darstellten, bleibt die frühzeitige Einleitung dieser Therapien in realen Umgebungen eine klinische Herausforderung“, lautet das Fazit von Savarese et al. Allerdings seien SGLT2-Hemmer erst vor Kurzem in die Leitlinien aufgenommen worden, sodass sich das im Laufe der Zeit bessern könnte, fügen sie hinzu.

Dapagliflozin am seltensten abgebrochen

Länderübergreifend betrug der Anteil der Patienten und Patientinnen, die die Therapie innerhalb von zwölf Monaten abbrachen, ohne diejenigen, die von ACE-Hemmern oder ARB zu Sacubitril/Valsartan wechselten, rund 24% (Dapagliflozin), 26% (Sacubitril/Valsartan), 38% (ACE-Hemmer), 33% (ARB), 25% (Betablocker) und 42% (MRA). Der Anteil derjenigen, die innerhalb dieser Zeit die entsprechende Zieldosis erreichten, definiert als ≥100 % der von den Leitlinien empfohlenen Dosis, lag bei rund 76%, 28%, 20%, 7%, 7% bzw. 5%.

 

„Die Ergebnisse zeigen einen dringenden Bedarf neuere GDMT früher einzusetzen, um die Prognose der Patienten und Patientinnen zu verbessern – besonders Dapagliflozin, das nachweislich die Mortalität bei Personen mit Herzinsuffizienz senkt“, resümieren die Forschenden um Savarese.

 

Die mit Dapagliflozin oder Sacubitril/Valsartan behandelten Patienten und Patientinnen waren etwas jünger und eher männlich als diejenigen, die andere Wirkstoffklassen erhielten. Auch wenn nur Personen einbezogen wurden, die eine HFrEF-GDMT begannen, was auf eine entsprechende Indikation hindeutet, lagen darüber hinaus keine Daten zur Ejektionsfraktion vor.


Literatur

Savarese G et al. Heart Failure Drug Treatment—Inertia, Titration, and Discontinuation: A Multinational Observational Study (EVOLUTION HF). JACC: Heart Failure 2023. https://doi.org/10.1016/j.jchf.2022.08.009

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