Zwei renommierte und als Leiter wichtiger klinischer Studien in Erscheinung getretene Herzinsuffizienz-Experten, Prof. John McMurray von der Universität Glasgow und Prof. Milton Packer von Baylor University Medical Center, Dallas, halten das konventionelle Stufenschema der Therapie bei HFrEF aufgrund diverser Limitierungen allerdings für überholt und revisionsbedürftig.
Das sind ihre Kritikpunkte:
- Beim derzeitigen Ansatz werde unterstellt, dass die zuerst entwickelten Therapien zugleich die am besten wirksamen und verträglichen Therapien seien. Das sei aber „keine starke Rationale“ für Therapieempfehlungen, wie das Beispiel Digitalis zeige: Obwohl seit mehr als 200 Jahren therapeutisch genutzt, sei es heute nur noch von geringer Bedeutung.
- Es werde zudem davon ausgegangen, dass die grundlegenden Therapien bei Herzinsuffizienz nur wirksam seien, wenn bis zur Zieldosis auftitriert werde. Jedoch seien die verwendeten Wirkstoffe auch schon in relativ niedriger Dosierung bezüglich Mortalität und Morbidität von relevantem Nutzen. Mit der Zieldosis sei im Vergleich zur Startdosis hinsichtlich der Prognoseverbesserung oft nur ein moderater Zusatzeffekt zu erzielen.
- Auch in den klinischen Studien zur Prüfung neuer Herzinsuffizienz-Therapien hätten die meisten Studienteilnehmer Medikamente der Basistherapie nur in Dosierungen erhalten, die niedriger als die empfohlenen Zieldosen waren. Und selbst in den neuesten Studien hätten sich unter den Teilnehmern nicht wenige befunden, die ohne jegliche Therapie mit einem MRA oder ARNI waren.
Das derzeit empfohlene Schema für die Aufeinanderfolge der verordneten Medikamente hat nach Ansicht von McMurray und Packer negative Konsequenzen. Selbst wenn als Idealfall unterstellt werde, dass im Praxisalltag alle Anstrengungen zum Erreichen der Zieldosis unternommen würden (was de facto nicht der Fall sei), würde es sechs Monate oder länger dauern, bis dass alle empfohlenen Therapien in Kombination verordnet werden könnten. Eine solche Verzögerung sei jedoch inakzeptabel, betonen die beiden Experten.
Sie verweisen darauf, dass alle prognoseverbessernden HFrEF-Therapien schon innerhalb von 30 Tagen nach Therapiebeginn günstige Effekte auf Morbidität und Mortalität gezeigt hätten. Aus jeder zeitlichen Verzögerung bei der Verordnung dieser Therapien resultierten unnötige Hospitalisierungen und Todesfälle.