Ventrikuläre Arrhythmien: ULTC eine Alternative zur RF-Ablation?

 

Heart Rhythm 2025 | Während des Kongresses der Heart Rhythm Society (HRS), der vom 24. bis 28. April 2025 in San Diego stattfand, präsentierte ein Team der Klinik für Rhythmologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH), Campus Lübeck, eine der bislang größten Studien zur Ultra-Low Temperature Cryoablation (ULTC) zur Behandlung ventrikulärer Arrhythmien. Die multizentrische Studie wurde von einem Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Roland Tilz und Prof. Charlotte Eitel durchgeführt. Die Ergebnisse präsentierte Prof. Karl-Heinz Kuck in der Sitzung „High Impact Science: Novel Technologies and Approaches in Catheter Ablation“1.

Von:

Dr. Sorin Ştefan Popescu

UKSH, Campus Lübeck

 

Prof. Charlotte Eitel

UKSH, Campus Lübeck

 

Prof. Roland Richard Tilz

UKSH, Campus Lübeck



 

15.05.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Chris LaBasco / Shutterstock.com

Vergleich herkömmlicher und neuartiger Ablationstechnologie

 

Die Katheterablation mittels Radiofrequenz (RF) ist eine etablierte Therapieform bei ventrikulären Arrhythmien. Ihre Wirksamkeit ist jedoch begrenzt, insbesondere wenn das zugrunde liegende Substrat intramural oder subepikardial liegt und somit mit herkömmlicher RF-Energie nicht ausreichend erreicht werden kann. ULTC ist eine neuartige, vielversprechende Technologie, die sogenanntes „near-critical“ Stickstoff-Kältemittel bei einer Siedetemperatur von −196 °C verwendet. Diese Substanz vereint die Fließeigenschaften eines Gases mit der Dichte und Wärmekapazität einer Flüssigkeit und ermöglicht eine unterbrechungsfreie Injektion durch Katheter mit kleinem Lumen. Präklinische Daten belegen, dass mit dieser Technologie tiefe, intramurale Läsionen von bis zu über 10 mm Tiefe erzeugt werden können – ideal für ventrikuläre Ablationsverfahren.

Methodik der Studie

 

Die Studie war eine internationale multizentrische Beobachtungsstudie, die vom Lübecker Team initiiert wurde und an 6 weiteren elektrophysiologischen Zentren in Deutschland und Großbritannien durchgeführt wurde. Eingeschlossen wurden Betroffene mit ventrikulärer Tachykardie (VT) oder ventrikulären Extrasystolen (VES), die sich einer Katheterablation unterzogen.

 

Insgesamt wurden 58 konsekutive Patientinnen und Patienten eingeschlossen – 42 mit VT und 16 mit VES. 36 % der Behandelten hatten bereits mindestens eine frühere Ablation von VT oder VES erhalten. Von den eingeschlossenen Patientinnen und Patienten litten 21 an ischämischer Kardiomyopathie, 13 an nicht-ischämischer Kardiomyopathie, und 28 trugen einen implantierbaren Kardioverter-Defibrillator (ICD). Zum elektrophysiologischen Mapping wurden hochauflösende Mapping-Katheter verwendet. Die mediane Prozedurdauer betrug 150 ± 77 Minuten, mit durchschnittlich 8 ± 6 Kryo-Applikationen pro Eingriff. Die mittlere Gefrierdauer betrug 30 ± 15 Minuten, die durchschnittlich niedrigste Temperatur lag bei −161 ± 15 °C, mit einem Minimalwert von −181 °C.

Ergebnisse

 

In der VT-Kohorte waren bei 87 % der Personen während des Eingriffs VTs induzierbar (im Mittel: 2 ± 2). Das Ablationsziel lag bei 94 % der Behandelten im linken Ventrikel, bei 6 % im rechten Ventrikel. Bei den VES-Patientinnen und -Patienten wurde der Ursprung in 75 % der Fälle im linken und in 25 % im rechten Ventrikel lokalisiert.

 

Eine akute Verfahrenswirksamkeit, definiert als vollständige Nicht-Induzierbarkeit jeglicher VT, wurde bei 59 % der Behandelten erreicht. Eine weitere Person war nach RF-Ablation in der rechtskoronaren Tasche nicht mehr induzierbar. Zudem waren bei 7/32 Studienteilnehmenden (22 %) alleine eine nichtklinische VT auslösbar.

 

Hinsichtlich der Sicherheit kam es bei einer Person während der VES-Ablation zu einem AV-Block, der die Implantation eines Schrittmachers erforderlich machte. Eine weitere Person erlitt postprozedural eine transitorische ischämische Attacke, die jedoch auf die Verwendung einer großen Schleuse zurückgeführt wurde. Es traten keine weiteren Komplikationen auf.

Zusammenfassung

 

Diese multizentrische Studie gibt Hinweise auf die Sicherheit und Wirksamkeit der ULTC-Technologie zur Behandlung von VT und VES. ULTC stellt eine vielversprechende Alternative zur konventionellen RF-Ablation dar – insbesondere bei nicht-ischämischen Kardiomyopathien – und könnte die Effektivität der Therapie ventrikulärer Arrhythmien deutlich verbessern.

Zum Autor

Dr. Sorin Ştefan Popescu

Dr. Sorin Ştefan Popescu ist seit 2023 Assistenzarzt für Innere Medizin und Kardiologie der Klinik für Rhythmologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein am Campus Lübeck. Seine Schwerpunkte liegen auf interventioneller Elektrophysiologie, komplexer Device-Therapie und LAA-Verschlüssen.

Zur Autorin

Prof. Charlotte Eitel

Prof. Charlotte Eitel ist leitende Oberärztin der Medizinischen Klinik II (Kardiologie, Angiologie, Intensivmedizin) des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein am Campus Lübeck. Ihre Schwerpunkte liegen auf spezieller Rhythmologie – u. a. invasiver Elektrophysiologie und aktiven Herzrhythmusimplantaten.

Zum Autor

Prof. Roland R. Tilz

Prof. Roland R. Tilz ist Direktor der Klinik für Rhythmologie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein am Campus Lübeck. Seine Schwerpunkte liegen auf interventioneller Elektrophysiologie, komplexer Device-Therapie und LAA-Verschlüssen. Er ist als Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Fachgesellschaften aktiv und als Gutachter für internationale Fachjournals tätig.


Referenz

  1. Tilz RR et al. Novel ultra-low-temperature cryoablation system for ablation of ventricular arrhythmias: a multicenter experience. High Impact Science: Novel Technologies and Approaches in Catheter Ablation (25.04.2025, 11:45 am–12:45 pm), Heart Rhythm 2025, San Diego.

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