LAA-Verschluss bei Vorhofflimmern punktet in „Real World“-Studie

Ein katheterbasierter Vorhofohrverschluss führte in einer „Real World“-Studie bei älteren Männern und Frauen mit Vorhofflimmern gleichermaßen zu besseren klinischen Ergebnissen als eine orale Antikoagulation. Ob randomisierte Studien diesen Vorteil bestätigen werden, bleibt abzuwarten.

Von Peter Overbeck

 

28.02.2023

Heute besteht die Möglichkeit, das linke Vorhofohr (left atrial appendage, LAA) mithilfe spezieller Verschlusssysteme als potenzielle Emboliequelle bei Vorhofflimmern auszuschalten. LAA-Verschluss und orale Antikoagulation mit NOAK werden derzeit in laufenden randomisierten Studien bezüglich ihrer präventiven Wirkung auf Schlaganfälle und systemische Embolien bei Vorhofflimmern verglichen. Bis Ergebnisse vorliegen, wird es noch eine gewisse Zeit dauern.

 

Im Vorfeld dieser Studien hat eine US-Untersuchergruppe um Dr. Emily Zeitler vom Dartmouth-Hitchcock Medical Center in Lebanon nun versucht, auf Basis von „Real World“-Daten über den Vergleich „gematchter“ Patientengruppen an Informationen zum relativen Nutzen beider Methoden zu gelangen. Ihre Analyse, die sich auf zwischen 2015 und 2019 erhobene Daten der US-Krankenversicherung Medicare stützt, kommt zu dem Ergebnis, dass der interventionelle LAA-Verschluss bei älteren Patienten mit Vorhofflimmern mit einer deutlichen Reduktion von Todesfällen, Schlaganfällen und – auf längere Sicht – auch Blutungen assoziiert war, und zwar bei Männern und Frauen gleichermaßen.

 

Vor allem das Ergebnis bei Frauen, die in klinischen Studien zum LAA-Verschluss bisher unterrepräsentiert waren, ist bemerkenswert. Eine Registerstudie hatte jüngst die Sorge aufkommen lassen, dass LAA-Verschluss-Prozeduren bei Frauen mit mehr Komplikationen einhergehen könnten als bei Männern. Die US-Gesundheitsbehörde FDA hatte in einem Info-Brief die medizinische Fachwelt darauf hingewiesen und angekündigt, selbst eine weitere Klärung anzustreben. Nach den Ergebnissen der aktuellen Analyse scheint die Sorge, dass LAA-Verschluss-Prozeduren mit einem höheren Risiko speziell für Frauen einhergehen, jedoch unbegründet zu sein.

„Gematchte“ Gruppen aus Männern und Frauen separat analysiert

Um Verzerrungen zu reduzieren und besser vergleichbare Gruppen zu generieren, hat die Gruppe um Zeitler mittels Propensity-Score-Matching 4.085 Frauen mit LAA-Verschluss eine entsprechende Zahl von möglichst merkmalsgleichen Frauen mit oraler Antikoagulation paarweise zugeordnet (mittleres Alter 76 Jahre, mittlerer CHA2DS2-VASc-Score = 5). Bei den Männern wurden auf diese Weise 5.378 Vergleichspaare (mittleres Alter 75 Jahre, mittlerer CHA2DS2-VASc-Score = 4) gebildet.

 

Als Endpunkte waren die Mortalität, Schlaganfälle oder systemische Embolien sowie Blutungen für die Untersucher von Interesse. Die Follow-up-Dauer betrug im Schnitt etwa ein Jahr.

Niedrigere Mortalität nach LAA-Verschluss

Im Falle eines LAA-Verschluss war Mortalität im Vergleich zur Antikoagulation signifikant niedriger, und zwar sowohl bei Frauen (Hazard Ratio, HR: 0,51; 95%-KI: 0,45–0,58) als auch in nahezu gleichem Maß bei Männern (HR: 0,54; 95%-KI: 0,49–0,60; jeweils p<0,0001).

 

Der interventionelle LAA-Verschluss war zudem mit einem signifikant niedrigeren Risiko für Schlaganfälle und systemische Embolien assoziiert, wobei auch diese Assoziation sowohl bei Frauen (HR: 0,66; 95%-KI: 0,56–0,77) als auch bei Männern ((HR: 0,65; 95%-KI: 0,55–0,76¸ jeweils p<0,0001) bestand.

 

Beim Blutungsrisiko ergaben sich dagegen zeitabhängige Schwankungen. In der Frühphase nach erfolgtem LAA-Verschluss war das Blutungsrisiko zunächst sowohl bei Frauen als auch Männern mit interventioneller Therapie höher als in den entsprechenden Gruppen mit oraler Antikoagulation. In der Zeit danach war der interventionelle Vorhofohrverschluss dagegen mit einem signifikant niedrigerem Blutungsrisiko assoziiert, und zwar bei Frauen (HR: 0,77; 95%-KI: 0,68–0,88) wie auch bei Männern (HR: 0,88; 95%-KI 0,78–0,99, jeweils p<0.05).

 

Die Studienautoren um Zeitler räumen ein, dass die Studie aufgrund ihres Designs, das keine Randomisierung beinhaltet, die für Beobachtungsstudien geltenden Limitierungen aufweist. Gleichwohl halten sie deren Ergebnisse für wichtig genug, um zu empfehlen, diese in der Praxis bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung mit dem Patienten (shared decision-making) bezüglich der zu wählenden Präventionsstrategie bei Vorhofflimmern zu thematisieren.


Literatur

Zeitler EP et al. Comparative Effectiveness of Left Atrial Appendage Occlusion Versus Oral Anticoagulation by Sex. Circulation. 2023; 147: 586–596. DOI: 10.1161/CIRCULATIONAHA.122.062765

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