Nach Vorhofflimmern-Ablation: Ösophagus-Fisteln richtig managen

Jeder kennt sie: die Ösophagus-Fistel – eine Komplikation, die nach einer Katheterablation bei Vorhofflimmern auftreten kann. Aber wie häufig kommt sie wirklich vor? Aktuelle Daten der weltweiten POTTER-AF-Studie geben nun Aufschluss über Inzidenz, Management und Outcome dieser seltenen, aber verheerenden Komplikation.

Von: Vanessa Schmidt, Maria Marburg, Christian-Hendrik Heeger, Roland Richard Tilz

 

07.06.2023

Die Ösophagus-Fistel (OF) ist eine potenziell tödliche Komplikation der Pulmonalvenen-Isolation (PVI). Die PVI ist die weltweit am häufigsten durchgeführte Katheterablation und der Goldstandard in der interventionellen Behandlung von Vorhofflimmern.

Im Hinblick auf die Inzidenz, das Management und dem Outcome einer OF gibt es bisher wenige Daten. Aktuelle Daten beruhen auf Fallberichten und nationalen Registern mit einer begrenzten Anzahl an Patient:innen mit OF. Zusätzlich zeigen sie eine ausgeprägte Varianz der Inzidenzen zwischen den unterschiedlichen Studien. Um das Auftreten und die Folgen der Komplikation besser zu verstehen, bedarf es einer Aufarbeitung der Kenntnislage zu diesem Thema. Dieser Herausforderung hat sich das Team der Klinik für Rhythmologie vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Lübeck, unter der Leitung von Prof. Roland R. Tilz gestellt und eine weltweite Registerstudie ins Leben gerufen.

Entwicklung des weltweit größten OF-Registers

In der aktuell beim EHRA-Kongress 2023 in Barcelona vorgestellten POTTER-AF-Studie wurde ein weltweites, multizentrisches, anonymisiertes Register ins Leben gerufen, mit dem Ziel charakteristische Merkmale der OF nach Behandlung von Vorhofflimmern mittels Katheterablation zu untersuchen. Dies gelang durch die Zusammenarbeit von weltweit 214 Zentren aus 35 Ländern. Ein Kollektiv von 553 729 Patient:innen, die eine Ablationsprozedur im Rahmen der Behandlung eines Vorhofflimmerns erhielten, konnte retrospektiv in das Register einbezogen werden.

Primärer Endpunkt der POTTER-AF-Studie ist die Erfassung der Inzidenz von OF nach Katheterablation. Die Analyse der sekundären Endpunkte erfolgte durch Berücksichtigung der Diagnose und das Management der OF, sowie dessen Outcome und Mortalität.

Auftreten der OF bei Katheterablation und Wahl der Therapieoptionen

In 78 Zentren wurden 138 Patient:innen mit einer OF diagnostiziert, daraus ergibt sich eine Inzidenz der OF von 0,025 %. Dabei liegt die Inzidenz nach der Anwendung mittels Radiofrequenzablation (0,038 %) signifikant höher als nach Kryoballonablation (0,0015 %) (p < 0,0001).


Für 118 Patient:innen waren zusätzliche Prozedur-Daten evaluierbar (85,5 %). OF-Symptome traten im Median 18 (25. und 75. Perzentil: 7,75; 25) Tage nach Ablation auf. Die Diagnose konnte 21 (15; 29,5) Tage nach Ablation gestellt werden. Der Zeitraum vom Auftreten der Symptome bis zur OF-Diagnose betrug im Median 3 (1; 9) Tage (mindestens 0 Tage, maximal 42 Tage).


Mit 59,3 % war Fieber das häufigste initiale Symptom der OF. Zur Diagnosesicherung wurde bei 80,2 % der Patient:innen ein CT des Thorax durchgeführt.


Die Behandlung der Patient:innen mit OF erfolgte in 47,4 % mittels Ösophagus-OP und in 19,8 % endoskopisch, während 32,8 % der Patient:innen konservativ behandelt wurden. Die Gesamtmortalität betrug 65,8 %. Die Sterblichkeit nach chirurgischer (51,9 %) und endoskopischer (56,5 %) Therapie, war im Vergleich zur konservativen Therapie signifikant geringer (89,5 %; [Odds Ratio (OR) 7,463 (95-%-KI: 2,414; 23,072); p < 0.001]).

Die Verwendung einer Ösophagus-Temperatursonde (OR: 0,231; p = 0,012), die Ablation unter Analgosedierung (OR: 0,229; p = 0,030) sowie die chirurgische Therapie der OF (OR: 0,329; p = 0,027) waren unabhängige Prädiktoren für eine geringere Sterblichkeit. Insgesamt zeigten Patient:innen, welche nach kurzer Zeit die Diagnose einer OF erhielten und eine schnelle Behandlung mittels Endoskopie oder Ösophagus-Chirurgie eingeleitet werden konnte, eine geringere Mortalität, gegenüber den Patient:innen mit einer späten Diagnose und häufig eher konservativen Therapieansätzen.

In der Zusammenschau der Ergebnisse der POTTER-AF-Studie muss berücksichtigt werden, dass sie auf der Grundlage einer retrospektiven Datenanalyse beruht. Zusätzlich werden mehrere Limitationen erhoben, die eine Selektionsverzerrung bezüglich der kritischen Erkrankung und der verschiedenen Behandlungsstrategien von Patient:innen mit OF zeigen. Dennoch wurden die Daten einer großen Anzahl von Zentren weltweit gewonnen und stellen bislang die größte Datenbank für OF dar.

Zusammenfassung

Die POTTER-AF-Studie ist die größte Studie über OF nach Katheterablation. Sie liefert wichtige Daten für ein besseres Verständnis dieser verheerenden Komplikation. OF treten vor allem nach radiofrequenzbasierter Ablation auf. Ohne Behandlung sterben rund 90 % aller Patient:innen. Eine frühzeitige und interventionelle Behandlung der OF ist essenziell für die Prognose.


Referenzen

Tilz, RR et al. European Heart Journal (2023). https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad250

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