Persistierendes Vorhofflimmern: Hinterwandisolation enttäuscht

Eine zusätzlich zur Pulmonalvenenisolation vorgenommene Hinterwandisolation soll – so die Hoffnung – die Erfolgsquoten bei persistierendem Vorhofflimmern erhöhen. In einer randomisierten Studie ist dieser Effekt allerdings ausgeblieben.

Von Veronika Schlimpert

 

09.02.2023

Eine routinemäßig vorgenommene Isolation der linksatrialen Hinterwand im Kontext einer Pulmonalvenenisolation hat in einer randomisierten Studie bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern nicht die erhoffte Wirkung gebracht: Der Zusatzeingriff hatte keinen Effekt auf die Erfolgsquoten der Katheterablation gehabt.

Herber Rückschlag für Therapie des persistierenden Vorhofflimmern

Für die Studienautoren der CAPLA-Studie sind diese Ergebnisse ein herber Rückschlag, wie sie in der Publikation im JAMA ausführen: „Bei der Suche nach zusätzlichen Strategien zur Verbesserung des Ablation-Outcomes bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern repräsentiert diese Studie eine weitere Enttäuschung“, schreiben die Kardiologen um Dr. Peter Kister.

 

Eine Enttäuschung sind diese Ergebnisse auch deshalb, weil die Ausgangslage für die Hinterwandisolation eigentlich ganz passabel aussah. Zum einen erscheint diese Prozedur mechanistisch sinnvoll, denn die posteriore Wand des linken Vorhofs ist aus embryologischer Sicht mit den Pulmonalvenen verbunden, wie Kister und Kollegen ausführen, und in dieser Wand sei das septopulmonale Bündel gelegen, dem eine Rolle für den Erhalt von persistierendem Vorhofflimmern zugesprochen werde. Zum anderen haben einige nicht randomisierte Studien vielversprechende Ergebnisse hervorgebracht. In einer im letzten Jahr publizierten Metaanalyse ging eine Isolierung der linksatrialen Hinterwand zumindest bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern mit einem signifikant geringeren Risiko für Vorhofflimmern-Rezidive einher.

Kein Unterschied im primären Endpunkt

In der jetzt publizierten größeren randomisierten CAPLA-Studie hat sich ein solcher Nutzen nicht bestätigen lassen. Für die Studie wurden 338 Patientinnen und Patienten mit symptomatischem persistierendem Vorhofflimmern (definiert als anhaltende VHF-Episode zwischen 7 Tagen bis 3 Jahren) an 11 Zentren in Australien, Kanada oder UK randomisiert: Bei 170 wurde zusätzlich zur Pulmonalvenenisolation die linksatriale Hinterwand isoliert (durch obere und untere intrapulmonale Linien), 168 erhielten eine ausschließliche Isolation der Pulmonalvenen. In beiden Gruppen wurden zeitgemäße Techniken der Radiofrequenzablation eingesetzt.

 

12 Monate nach dem Eingriff waren 52,4% der Patienten mit zusätzlicher Hinterwandisolation frei von jeglichen Vorhofarrhythmien > 30 Sekunden, ohne dass dafür eine weitere Prozedur vonnöten war oder die Patienten antiarrhythmische Medikamente einnehmen mussten (primärer Endpunkt). In der Gruppe mit alleinige Pulmonalvenenisolation erreichten 53,6% den primären Endpunkt. Zwischen den Gruppen gab es in dieser Hinsicht also keinen signifikanten Unterschied (Hazard Ratio, HR: 0,99; p=0,98).

 

Auch bzgl. der sekundären Endpunkte „Freiheit von Vorhofarrhythmien nach mehreren Prozeduren mit/ohne Medikation“, „Freiheit von symptomatischem Vorhofflimmern nach mehreren Prozeduren mit/ohne Medikation“ und der „Vorhofflimmern-Last“ hatte die zusätzliche Hinterwandisolation keine Vorteile gebracht.

Längere Prozedurdauer und Ablationszeiten

Nachteilig hat sich der zusätzliche Aufwand auf die Prozedurdauer und die Ablationszeiten ausgewirkt, die beide darunter länger ausfielen (142 vs. 121 Minuten bzw. 34 vs. 28 Minuten; je p˂ 0,001). Als gute Nachricht vermelden kann man, dass die zusätzlich vorgenommene Hinterwandisolation keinen nennenswerten Anstieg der Komplikationsraten bewirkt hat (6 vs. 4 Vorfälle).

 

Kister und Kollegen sprechen sich angesichts dieser Ergebnisse gegen den routinemäßigen Einsatz der Hinterwandisolation aus: „Diese Befunde unterstützen nicht die empirische Einbindung der Hinterwandisolation für die Ablation von persistierendem Vorhofflimmern.“ Vollständig aufgeben möchten die Kardiologen die Methode aber trotzdem nicht. Weitere Studien seien notwendig, um herauszufinden, ob gewisse Subgruppen von der Hinterwandisolation profitieren könnten, machen sie deutlich. Zu den Profiteuren gehören könnten ihren Spekulationen nach beispielsweise Patienten mit wiederkehrendem Vorhofflimmern in Gegenwart einer anhaltenden Pulmonalvenenisolation, solche mit niedriger posteriorer Wandspannung im linken Vorhof oder Patienten mit länger bestehendem persistierendem Vorhofflimmern.


Literatur

Kistler PM et al.  Effect of Catheter Ablation Using Pulmonary Vein Isolation With vs Without Posterior Left Atrial Wall Isolation on Atrial Arrhythmia Recurrence in Patients With Persistent Atrial Fibrillation: The CAPLA Randomized Clinical Trial. JAMA. 2023;329(2):127–135. doi:10.1001/jama.2022.23722

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