Hot Line 3: Bestätigung der M-TEER

 

ESC-Kongress 2024 | RESHAPE-HF2 und MATTERHORN: Die beiden randomisierten Studien lieferten neue Daten zur der katheterbasierten Klappenreparatur (M-TEER) bei moderater bis schwerer Mitralklappeninsuffizienz.

 

PD Dr. Christian Frerker (Universitätsklinikum Schleswig Holstein) kommentiert.

Von:

 Dr. Heidi Schörken
HERZMEDIZIN-Redaktion

 

PD Dr. Christian Frerker

Expertenkommentar

 

05.09.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Iakov Kalinin / Shutterstock.com

Die Hot Line Session 3 widmete sich der Klappenreparatur mit dem Mitraclip-Device (Transcatheter Edge-to-Edge Repair oder TEER) bei der funktionellen oder sekundären Mitralklappeninsuffienz. RESHAPE-HF2 untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit der M-TEER gegenüber der medikamentösen Therapie und MATTERHORN gegenüber chirurgischen Verfahren bei Patientinnen und Patienten mit hohem OP-Risiko.

RESHAPE-HF2: Benefits der M-TEER bestätigt

 

Die beiden vorhergehenden Studien COAPT und MITRA-FR hatten jeweils positive und neutrale Effekte der M-TEER ergeben. RESHAPE-HF2, die von Prof. Stefan Anker (Charité, Berlin) vorgestellt wurde, wurde daher als neue wegweisende Studie mit großer Spannung erwartet.1 Die Studie wurde zeitgleich im New England Journal of Medicine veröffentlicht.2


505 Patientinnen und Patienten aus 30 Zentren in 9 Ländern erhielten randomisiert entweder eine medikamentöse Therapie (n = 255) oder zusätzlich eine M-TEER (n = 250). Einschlusskriterien waren eine moderate bis schwere Mitralinsuffizienz, LVEF von 20 % bis 50 % (im Studienverlauf angepasst auf 15 % bis 45 %) und entweder eine Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz (HI) oder ein erhöhter BNP-Wert innerhalb von 90 Tagen vor Randomisierung.

 

Alle 3 primären Endpunkte, die nach 24 Monaten erfasst wurden, favorisierten die M-TEER gegenüber der medikamentösen Therapie:

 

  • HI-Hospitalisierungen oder kardiovaskulärer Tod pro 100 Patientenjahre: 37,0 % vs. 58,9 %; Rate Ratio (RR) 0,64; p = 0,002
  • HI-Hospitalisierungen pro 100 Patientenjahre: 26,9 vs. 46,6; RR 0,59; p = 0,002
  • Mittlere Änderung des KCCQ-Scores 21,6 vs. 8,0; Differenz 10,9 Punkte, p < 0,001

 

Während der gesamten Follow-up-Dauer (durchschnittlich 38,1 Monate) wurde kein Unterschied der Gesamtmortalität festgestellt (17,0 % M-TEER vs. 18,5 %). Unerwünschte periprozedurale Ereignisse traten bei 4 Personen der M-TEER-Gruppe auf.
Wie Stephan Anker erklärte, bestätigte RESHAPE-HF2 grundsätzlich die positiven Ergebnisse der COAPT-Studie, allerdings wurden in RESHAPE-HF2 gesündere Personen eingeschlossen im Vergleich zu den beiden vorhergehenden Studien, COAPT und MITRA-FR. So waren Nierenerkrankungen seltener, BNP-Werte niedriger und die effektiven Regurgitationsöffnungsflächen (EROA) kleiner.

 

Diese Ergebnisse bestätigen den Nutzen des MitraClip-Device bei schwerer Mitralklappeninsuffizienz und könnten den erweiterten Einsatz der M-TEER in der Zukunft unterstützen.

Stephan Anker (Charité, Berlin)

MATTERHORN: Nicht-Unterlegenheit der M-TEER vs. OP

 

In der multizentrischen MATTERHORN-Studie wurde das Outcome der M-TEER versus OP nach 12 Monaten untersucht. Eingeschlossen wurden 208 Personen (mittleres Alter 70,5 Jahre, 40 % Frauen) mit moderater bis schwerer Mitralinsuffizienz mit funktioneller Pathologie und eingeschränkter LVEF, die als chirurgische Hochrisiko-Gruppe gelten.3


Jeweils 104 Teilnehmenden erhielten randomisiert entweder eine M-TEER oder eine OP (Mitralklappen-Reparatur oder -Ersatz je nach Ermessen des Chirurgen). Der primäre Wirksamkeitsendpunkt (Komposit aus Tod, HI-Hospitalisierung, Mitral-Intervention, Implantation oder Schlaganfall) trat bei 16,7 % Personen der M-TEER- vs. 22,5 % Personen der OP-Gruppe auf (OR 0,69; 95%-KI 0,33-1,44; p = 0,320). Somit wurden die Nicht-Unterlegenheit der M-TEER gegenüber der OP bestätigt (p < 0,01 für Nicht-Unterlegenheit).


Primäre Sicherheitsendpunkte nach 30 Tagen traten bei signifikant häufiger bei Personen der OP- vs. M-TEER-Gruppe auf (54,8 % vs. 14,9 %; p < 0,001) und waren vor allem auf schwere Blutungen, Re-Interventionen und neu aufgetretenes Vorhofflimmern zurückzuführen.

 

In der Wirksamkeitsanalyse wurde die Nicht-Unterlegenheit der M-TEER gegenüber der OP klar nachgewiesen. Außerdem zeigten einige Sicherheitssignale Vorteile für die M-TEER.

Volker Rudolph (Bad Oeynhausen)

Fazit

 

Beide Studien RESHAPE-HF2 und MATTERHORN lieferten ermutigende Daten für die M-TEER bei moderater bis schwerer sekundärer Mitralklappeninsuffizienz und unterstützen einen zukünftig erweiterten Einsatz der M-TEER. RESHAPE-HF2 bestätigte die COAPT-Studie und deutete daraufhin, dass die M-TEER auch bei einem geringeren Schweregrad in Betracht gezogen werden könnte. MATTERHORN ist die erste randomisierte Studie, in der die Nicht-Unterlegenheit der M-TEER gegenüber der OP bei Patientinnen und Patienten mit sekundärer Mitralklappeninsuffizienz und hohem OP-Risiko bei einem günstigen Sicherheitsprofil nachgewiesen wurde.

Expertenkommentar von PD Dr. Christian Frerker

 

Personen mit einer Herzinsuffizienz und begleitenden relevanten Mitralklappeninsuffizienz stellen in der klinischen Praxis oft eine Herausforderung bzgl. der effektivsten Therapie dar. Die europäischen Leitlinien zur Therapie von Herzklappenerkrankungen empfehlen aktuell die M-TEER-Therapie mit einer Klasse IIa Empfehlung lediglich für Betroffenen mit einer funktionellen hochgradigen Mitralklappeninsuffizienz, die für eine herzchirurgische Operation nicht geeignet sind.

 

Mit den beiden hier vorgestellten Studien konnte jetzt eine weitere starke Evidenz zugunsten der M-TEER Therapie geschaffen werden. Personen in MATTERHORN sollten gemäß Einschlusskriterium „Hochrisikopatienten“ sein. Bei der isolierten Betrachtung der Risikoscores handelte es sich bei diesem Patientenkollektiv letztlich aber um ein Niedrigrisikokollektiv (Median STS Score 2,0 %; Median EuroScore II 3,0 %). Vor diesem Hintergrund sind die positiven Nichtunterlegenheitsergebnisse der M-TEER-Therapie nochmals besonders zu bewerten.

MATTERHORN bestätigt hiermit die derzeitigen amerikanischen Leitlinien zur Klappentherapie, die M-TEER unabhängig vom Risikoscore lediglich hinsichtlich echokardiographischer Kriterien gegenüber einem chirurgischen Korrektureingriff empfehlen.   


Der Schwergerad der Mitralklappeninsuffizienz war sowohl in MATTERHORN (Median 0,22 cm²) als auch in RESHAPE-HF2 mit einer mittleren EROA von 0,25 cm² geringer im Vergleich zur COAPT-Studie (mean EROA 0,40 cm²). Dennoch konnte auch in RESHAPE-HF2 eine signifikante Reduktion der Rehospitalisierungen innerhalb von 24 Monaten gezeigt werden. Die „Number Needed to Treat“ für den Endpunkt Re-Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz war mit 5,1 Patientinnen und Patienten beindruckend niedrig. Aufgrund dieser positiven Ergebnisse und des geringeren Schweregrades der Mitralklappeninsuffizienz in RESHAPE-HF2 könnte über eine frühzeitigere Intervention mittels M-TEER in diesem spezifischen Patientenkollektiv nachgedacht werden. Für eine allgemeine Empfehlung ist derzeit allerdings die Datenlage noch nicht ausreichend.


Zusammenfassend haben wir mit der M-TEER-Therapie mittlerweile eine hohe Evidenzlage für eine klare Therapieempfehlung bei Herzinsuffizienz-Betroffenen mit einer symptomatischen Mitralklappeninsuffizienz. Dieses wird nochmals in einer zeitgleich in JACC publizierten Meta-Analyse der drei Studien COAPT, Mitra-FR und RESHAPE-HF2 mit Nachweis einer signifikanten Reduktion der Rehospitalisierung für Herzinsuffizienz gezeigt.4  


Referenzen

 

  1. Anker SD et al. Transcatheter Valve Repair in Heart Failure with Moderate to Severe Mitral Regurgitation. N Engl J Med. 2024. doi: 10.1056/NEJMoa2314328. Epub ahead of print. PMID: 39216092.
  2. Anker SD. RESHAPE-HF2 - Percutaneous repair of moderate-to-severe or severe functional mitral regurgitation in patients with symptomatic heart failure. Hot Line Session 3, ESC-Kongress 2024, London.
  3. Rudolph V. MATTERHORN - Transcatheter versus surgical mitral valve repair in patients with heart failure and secondary mitral regurgitation. Hot Line Session 3, ESC-Kongress, London
  4. Anker MS, Porthun J, Schulze PC, Rassaf T, Landmesser U. Percutaneous Transcatheter Edge-To-Edge Repair for Functional Mitral Regurgitation in Heart Failure: A Meta-Analysis of 3 Randomized Controlled Trials. J Am Coll Cardiol. 2024 Aug 29:S0735-1097(24)08231-7. doi: 10.1016/j.jacc.2024.08.026

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