Neue Stenttechnologie verspricht Vorteil für Patienten – insbesondere im Langzeitverlauf

 

ESC-Kongress 2024 | INFINITY-SWEDEHEART: Die Studie belegt erneut die Nichtunterlegenheit einer neuartigen Stenttechnologie, dem Bioadaptor. In einer prädefinierten Landmark-Analyse zeigte sich der Stent, der sich nach 6 Monaten der Vasomotorik des Gefäßes anpassen kann, sogar einem konventionellen DES hinsichtlich des kombinierten Endpunkts bestehend aus kardiovaskulärem Tod, erneuter Revaskularisation der Zielläsion oder Myokardinfarkt im Zielgefäß überlegen.1

Von:

PD Dr. Luise Gaede

Rubrikleiterin Vaskuläre Herzerkrankungen

 

02.09.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Iakov Kalinin / Shutterstock.com

Immer noch spielt Stentversagen eine Rolle im klinischen Alltag und betrifft ca. 2–3 % der Patienten nach PCI. Stentversagen wird teilweise Stentbrüchen, dem Verlust von vasomotorischen Eigenschaften sowie dem Verlust des vaskulären Remodelling aufgrund des Stents zugeschrieben.

Der Bioadaptor ist eine neuartige Stenttechnologie, die mit einem speziellen Design diesem Problem entgegenwirken will. Die Stent-Struts sind hierbei 71 µm dick und er besteht aus einer Cobalt-Chrom-Plattform. Die Besonderheit des Bioadaptors ist das sogenannte „Uncaging“. Das bedeutet, dass die Stent-Struts sich, nach dem das Polymer degradiert ist (ca. 6 Monate), lockern und so eine bessere Vasomotorik möglich ist.

Die neue Technologie des Bioadaptor-Stents (DynamX, Elixir Medical CA) zeigte sich bereits im BIOADAPTER RCT (n = 445) einem konventionellen Stent im 2-Jahres-Follow-up ebenbürtig. Die Daten wurden auf dem EuroPCR präsentiert.2

Das Ziel der INFINITY-SWEDEHEART-Studie war die Sicherheit und Effektivität des DynamX Bioadaptor in einer randomisierten Studie mit dem Resolute Onyx DES in einer deutlich größeren Studienkohorte zu vergleichen.

Methodik der Studie

 

Die Patienten wurden 1:1 in eine Behandlung mit dem DynamX Bioadaptor (n = 1.200) oder in die Behandlung mit dem Resolute Onyx DES (n = 1.200) randomisiert. Eingeschlossen wurden insgesamt 2.400 Patienten an 20 Zentren in Schweden.

Der primäre Endpunkt war der kombinierte Endpunkt Zielgefäßversagen bestehend aus erneuter Zielläsionsrevaskularisation, Zielgefäßmyokardinfarkt oder kardiovaskulärem Tod. Hier war die Studie auf eine Nicht-Unterlegenheit ausgerichtet.

Zusätzlich wurde als sekundärer Endpunkt eine Landmarkanalyse, die ebenfalls den kombinierten Endpunkt, aber erst ab 6 Monate nach der Stentimplantation untersuchen sollte, festgelegt. Dieser war auf Überlegenheit gepowered.

Ergebnisse der INFINITY-SWEDEHEART-Studie

 

Nach 12 Monaten zeigte sich der primäre Endpunkt signifikant seltener in der DynamX-Bioadaptor-Gruppe (2,35 % vs. 2,77 %, p < 0,001 für Nicht-Unterlegenheit). Die Kritierien für die Nicht-Unterlegenheit wurden somit erreicht.

Die präspezifizierte Landmarkanalyse zum langfristigen Effekt des Bioadaptors, die 6 Monate nach der Implantation begann, zeigte eine signifikante Reduktion des Zielgefäßversagens in der DynamX-Gruppe (p = 0,003) und somit eine Überlegenheit für den DynamX Bioadaptor. Bei der Betrachtung der einzelnen Unterpunkte des kombinierten Endpunktes zeigte sich vor allem ein signifkanter Unterschied hinsichtlich der erneuten Revaskulariation der Zielläsion und hinsichtlich eines Myokardinfarktes im Zielgefäß.

Fazit des Forschungsteams

 

Prof. David Erlinge von der Universität Lund, Schweden, kommentiert die Ergebnisse wie folgt: "INFINITY-SWEDEHEART ist die bisher größte Studie zum Bioadaptor. Die Ergebnisse bestätigen die Effektivität des einzigartigen Designs, welches die Physiologie einer erkrankten Koronararterie wiederherstellen kann.“

Kommentar

 

Die Vorstellung, dass es von Vorteil ist, den Koronarien nach der Stentimplantation ein bessere Compliance und Vasomotorik zu ermöglichen klingt zunächst plausibel. Nach den teilweise jedoch ernüchternden Ergebnissen der bioresorbierbaren Scaffolds, ist die Skepsis hinsichtlich neuer Stenttechnologien groß geworden. Umso spannender und erfreulicher sind die Ergebnisse der INFINITY-SWEDEHEART-Studie und lassen die Hoffnungen wieder aufleben, trotz Stentimplantation eine adäquate Vasomotorik der Koronarien sowie ein Remodelling zu ermöglichen.

Fazit für die Praxis

 

Die Technologie des Bioadaptors könnte die Technologie der Zukunft für die perkutane Koronarintervention sein. Die Kombination aus der DES eigenen Radialkraft in den ersten 6 Monaten und der dann besseren Anpassung an die Vasomotion verspricht insbesondere in noch längeren Zeiträumen als den Nachbeobachtungszeiten der bisherigen Studien einen Vorteil für die Patienten. Gespannt dürfen wir auf diese Daten warten.

Zur Autorin

PD Dr. Luise Gaede

Priv.-Doz. Dr. Luise Gaede ist als Oberärztin des Herzkatheterlabors der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Erlangen tätig. Ihre fachlichen Zusatzqualifikationen (DGK) erwarb sie in den Bereichen der Interventionellen Kardiologie, Herzinsuffizienz sowie Intensiv- & Notfallmedizin. 

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

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