Weniger ist manchmal mehr - Zeit für eine SAPT nach ACS?

 

TCT-Kongress 2023 – In der Late-Breaking Clinical Trials Session II wurden die Daten der T-PASS-Studie zur Untersuchung eines sehr frühen Absetzens von Aspirin nach einem akuten Koronarsyndrom (ACS) vorgestellt.

Von: Felix Hofmann, Universitätsklinik Gießen

 

Senior-Editor: PD Dr. Luise Gaede

 

26.10.2023

 

Bildquelle (Bild oben): BiniClick / Shutterstock.com

 

Die aktuellen Leitlinien empfehlen nach einem akutem Koronarsyndrom eine duale Plättchenhemmung (DAPT) für 12 Monate ungeachtet des individuellen Blutungsrisikos. Dies resultiert in einer erhöhten Anzahl an Blutungskomplikationen. Neueste Studien aus randomisierten Untersuchungen sowie Metaanalysen legten dabei nah, dass ein frühzeitiges Absetzen von Aspirin nach 1-3 Monaten eine Reduktion der Blutungen ohne Erhöhung der ischämischen Ereignisse bedingt.

 

Um ein sehr frühes Absetzen von Aspirin nach ACS zu untersuchen, wurde die T-PASS Studie (Ticagrelor monotherapy in Patients treated with new-generation drug-eluting Stents for acute coronary Syndrome) initiiert. Ziel war es, eine Nicht-Unterlegenheit hinsichtlich des primären Endpunktes „Net Clinical Benefit“ zu untersuchen.

SAPT im Vergleich zu DAPT

 

Die T-PASS Studie war eine Investigator-initiierte, randomisierte, multizentrische Studie aus Süd-Korea (ClinicalTrials.gov, NCT03797651). Eingeschlossen wurden Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom, die in diesem Rahmen einen Sirolimus beschichteten DES erhielten.

 

Ausschlusskriterien waren ein erhöhtes Blutungsrisiko sowie eine Indikation zur Einnahme von oralen Antikoagulantien. Nach der Intervention erfolgte die Randomisierung entweder in die Untersuchungsgruppe (SAPT-Gruppe, Aspirin 100 mg/Tag bis zur Entlassung + Ticagrelor 2 x 90 mg/Tag für 12 Monate) oder in die Kontrollgruppe (DAPT-Gruppe, Aspirin 100 mg/Tag + Ticagrelor 2 x 90 mg/Tag für 12 Monate).

 

Der primäre Endpunkt war „Net Clinical Benefit“ (All-cause Mortalität, Myokardinfarkt, Stentthrombose, Schlaganfall, Schwere Blutung) und wurde in regelmäßigen Kontrollvisiten bis zu 12 Monate evaluiert.

Singifikante Reduktion schwerer Blutungen

 

Insgesamt wurden 2.850 PatientInnen in die Studie eingeschlossen. Die empfohlene Therapie wurde nach Protokoll bei 86% in der SAPT-Gruppe und 88% in der DAPT-Gruppe bis 12 Monate eingenommen. Dabei wurde in der SAPT-Gruppe die Therapie mit Aspirin im Median nach 16 Tagen beendet. Bei einer Follow-up Rate von 99,1% zeigte sich nach einem Jahr das Auftreten des primären Endpunktes in der SAPT-Gruppe mit 2,8% im Vergleich zur DAPT-Gruppe mit 5,2% signifikant reduziert: HR 0,54 (95% CI 0,37-0,80), p<0,001 für Nicht-Unterlegenheit, p=0,002 für Überlegenheit. Als zentraler Trigger für den Unterschied stellte sich eine signifikante Reduktion von schweren Blutungen (BARC-Typ 3-5) dar (SAPT: 1,2% vs. DAPT: 2,4%, p<0,001).

 

Die weiteren Komponenten des primären Endpunktes unterschieden sich nicht signifikant. Eine Subgruppenanalyse konnte zusätzlich den beschriebenen Unterschied konsistent über alle Subgruppen zeigen.

Limitationen

 

Die Studie hat Limitationen durch das offene, nicht-Placebo-kontrollierte Design. Zusätzlich sind die Ereignisraten der sekundären Endpunkte niedrig, was den Einschluss von überproportional vielen PatientInnen mit niedrigem Risiko sowohl für eine erneute myokardiale Ischämie wie auch für einen Blutung suggeriert. Darüber hinaus bleibt die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt des Absetzens des Aspirins offen. Bei einem medianen Beenden der Therapie nach 16 Tagen stellt sich die Frage, wieso erst nach der Entlassung die Beendigung eingeleitet wurde und von wem mit welcher Rationale dies erfolgte.

Fazit

 

Nachdem die ACS-Leitlinie der ESC erst kürzlich erschien, und besonders die Thrombozytenaggregation nach PCI im Fokus stand, werden immer neuere Daten publiziert, die eine weitere Verkürzung der DAPT mit einer signifikanten Reduktion der Blutungsereignisse bei gleicher Sicherheit hinsichtlich ischämischer Ereignisse für alle Patientengruppen suggeriert. Trotzdem sollte bei der T-PASS-Studie die insgesamt niedrige Ereignisrate in einem Niedrig-Risiko-Kollektiv bei der Interpretation der Ergebnisse Berücksichtigung finden.


Referenz

 

Hong SJ, Lee SJ, Suh Y, Yun KH, Kang TS, Shin S, Kwon SW, Lee JW, Cho DK, Park JK, Bae JW, Kang WC, Kim S, Lee YJ, Ahn CM, Kim JS, Kim BK, Ko YG, Choi D, Jang Y, Hong MK; T-PASS investigators. Stopping Aspirin Within 1 Month After Stenting for Ticagrelor Monotherapy in Acute Coronary Syndrome: The T-PASS Randomized Noninferiority Trial. Circulation. 2023 Oct 25. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.123.066943. Epub ahead of print. PMID: 37878786.

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