Positive Daten für Thrombektomie bei submassiver Lungenembolie

Bei Patienten mit submassiver akuter Lungenembolie scheint die perkutane Thrombektomie mithilfe eines Aspirationskatheters eine erfolgversprechende Methode zu sein, legen Ergebnisse einer prospektiven Studie nahe.

Von Peter Overbeck

 

18.01.2021

Im Unterschied zur systemischen oder katheterbasierten Thrombolyse könnte eine mechanische Thrombektomie, bei der Thromben oder Emboli in den Lungengefäßen mithilfe eines Aspirationskatheters abgesaugt werden, den Vorteil haben, mit einem wesentlich geringeren Blutungsrisiko einherzugehen.  Bislang gibt es aber wenig Studiendaten zum Nutzen/Risiko-Profil dieser Methode bei akuter Lungenembolie.

 

US-Untersucher um Dr. Akhilesh Sista von der NYU Grossman School of Medicine in New York hatten deshalb vor einiger Zeit die prospektive Multicenter-Studie EXTRACT-PE (Evaluating the Safety and Efficacy of the Indigo Aspiration System in Acute Pulmonary Embolism) initiiert, deren finale Ergebnisse jetzt im Fachblatt „JACC: Cardiovascular Interventions“ publiziert worden sind.

RV/LV-Quotient wurde signifikant reduziert

In dieser Studie hat sich eine mittels Indigo-Aspirationskatheter (des US-Unternehmens Penumbra) vorgenommene Thrombektomie bezüglich der rechtsventrikulären Belastung als günstig wirksam erwiesen. Das per CT-Angiografie ermittelte Verhältnis vom rechtsventrikulären zum linksventrikulären Durchmesser (RV/LV-Quotient), das den primären Studienendpunkt bildete, konnte durch die Thrombektomie innerhalb von 48 Stunden signifikant um 27,3% reduziert werden (im Mittel von 1,47 auf 1,04; p < 0,0001).

 

Nur zwei Studienteilnehmer (1,7%) hatten intraprozedural auch eine Behandlung mit Thrombolytika erhalten. Die Prozedurdauer (insertion to removal time) war mit im Schnitt 37 Minuten vergleichsweise kurz.

Fokus auf Patienten mit submassiver Lungenembolie

Als primärer Sicherheitsendpunkt war das Auftreten von Device-bezogenen Komplikationen (kardiale oder pulmonalvaskuläre Schädigung, klinische Verschlechterung) oder Todesfällen sowie von schweren Blutungen innerhalb von 48 Stunden definiert. Die entsprechenden Inzidenzraten waren mit 0%, 1,7%, 1,7%, 0,8% und 1,7% niedrig, berichten die Studienautoren.

 

In die einarmige prospektive EXTRACT-PE-Studie waren zwischen November 2017 und März 2019 an 22 Zentren in den USA insgesamt 119 Patienten (mittleres Alter 59,8 Jahre) mit submassiver akuter Lungenembolie aufgenommen worden. Submassiv bedeutet, dass die Patienten hämodynamisch stabil waren (systolischer Blutdruck ≥ 90 mmHg), aber Anzeichen für eine rechtsventrikuläre Belastung (RV/LV-Quotient > 0,9) aufwiesen.

Kommentator sieht noch viel Klärungsbedarf

Dr. Kush Desai von der Northwestern University Feinberg School of Medicine, Chicago, sieht die Ergebnisse der EXTRACT-PE-Studie weitgehend in Übereinstimmung mit denen der FLARE-Studie (FlowTriever Pulmonary Embolectomy Clinical Study), der derzeit einzigen weiteren prospektiven Studien zum Nutzen der mechanischen Thrombektomie bei akuter Lungenembolie.

 

Allerdings meldet der Experte in einem Begleitkommentar Bedenken bezüglich der klinischen Bedeutung des primären Endpunktes beider Studien an. Die „zentrale Frage“ sei nämlich, inwieweit eine Reduktion des RV/LV-Quotienten als Surrogatparameter zuverlässige Aussagen zum positiven Einfluss der geprüften Interventionen auf den künftigen klinischen Verlauf erlaubt.

 

Nach Einschätzung Desais lässt eine Reduktion des RV/LV-Quotienten nicht unbedingt auf eine zu erwartende Abnahme der Lungenembolie-assoziierten Mortalität schließen. Er glaubt, dass eine funktionelle Messung wie die Bestimmung der Belastungstoleranz nach einer erweiterten Therapie möglicherweise „den Wert der Intervention besser reflektieren“ könnte.

 

Als weitere Limitierung komme hinzu, dass die Vorgehensweise bei der Thrombektomie in der Praxis derzeit noch sehr variabel sei. Hier bedürfe es noch einer Standardisierung zur besseren Vergleichbarkeit der Ergebnisse.

 

Desai hält mit Blick auf die künftige Forschung eine randomisierte Studie für abgebracht, um neue Therapien wie mechanische Thrombektomie oder katheterbasierte Thrombolyse adäquat mit der derzeitigen Standardversorgung einschließlich Antikoagulation bei Lungenembolie zu vergleichen.


Literatur

Sista A.K. et al.: Indigo Aspiration System for Treatment of Pulmonary Embolism: Results of the EXTRACT-PE Trial. J Am Coll Cardiol Cardiovasc Interv. 2021, online 13. Januar. 

 

Desai, K.R.: Mechanical Thrombectomy in Pulmonary Embolism: Ready for Prime Time? J Am Coll Cardiol Cardiovasc Interv. 2021, online 13. Januar. 

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