Durchlebte Krisensituationen können mit körperlichen und psychischen Symptomen einhergehen, wie Kopfschmerzen, Schwindel, Diarrhoe/Obstipation, Schlaflosigkeit oder Angstzuständen, die das Herz-Kreislauf-System stark belasten. Beim Katastrophenmanagement sind daher folgende Maßnahmen zu beachten:
Venenthrombosen
Reduzierte körperliche Aktivität, Dehydrierung und Beinverletzungen nach Katastrophen erhöhen das Risiko für tiefe Venenthrombosen (TVT).
Maßnahmen zur TVT-Prävention sind:
- Beine häufig bewegen und Waden massieren
- Auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr achten (> 1 l tgl.)
- Notunterkünfte mit Feldbetten ausstatten
- Aufklärung der Betroffenen zur Thrombosevorbeugung
- Ermutigung zu Spaziergängen und zum Vermeiden langer Bewegungspausen
Katastrophen-induzierte Hypertonie
Stress und das Absetzen von Medikamenten verstärken Bluthochdruck, wodurch Plaque-Rupturen ausgelöst werden können mit gravierenden Folgen, wie Myokardinfarkt, Herzversagen, Schlaganfall, TVT, pulmonale Embolie und plötzliches Herzversagen. Der Blutdruck muss daher so früh wie möglich überwacht werden, und Personen mit einem systolischen Blutdruck von ≥ 140 mmHg sollten sofortige medizinische Hilfe erhalten. Das Risiko einer chronischen Hypertonie ist vor allem während längerer Evakuierungen erhöht. Erfahrungsgemäß steigt der systolische Blutdruck in den ersten 2-4 Wochen nach der Katastrophe um durchschnittlich 5-25 mmHg an. Besondere Vorsicht ist geboten bei älteren Personen sowie bei Übergewicht, metabolischem Syndrom oder Niereninsuffizienz.
Gewichtskontrollen
Eine rasche Gewichtsabnahme von mehr als 2 kg weist auf eine Dehydrierung oder eine Mangel-Ernährung hin, während umgekehrt die Zunahme um mehr als 2 kg ein Anzeichen einer beginnenden oder veschlechterten Herzinsuffizienz oder einer Nierenerkrankung sein kann. Insbesondere bei Älteren sind akute Herzinsuffizienz-Verschlechterungen nach Katastrophen sehr häufig.
Takotsubo-Syndrom
Die Störung des autonomen Nervensystems durch plötzlichen Stress bei einer Naturkatastrophe kann eine Takotsubo-Kardiomyopathie auslösen. Die Symptome können denen eines akuten Myokardinfarkts ähneln, wie Brustschmerzen, Engegefühl in der Brust und Atemnot. Betroffene müssen sofort in ein Krankenhaus eingeliefert und behandelt werden. Nach schweren Erdbeben in Japan trat das Takotsubo-Syndrom besonders häufig bei Frauen im mittleren und höheren Alter auf.
Bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die regelmäßige Medikamenten-Einnahme ist entscheidend für die Kontrolle von bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bei Evakuierungen müssen die Menschen darauf hingewiesen werden, ihre Medikamente mitzunehmen. Personen mit künstlichen Herzklappen, Stents, ≥ 3 Antihypertensiva oder Herzinsuffizienz müssen so schnell wie möglich medizinisch betreut werden. Elektronisch gespeicherte medizinische Daten sind von Vorteil, da diese im Notfall abrufbar sind. Falls keine digitale Speicherung möglich ist, sollten Personen mit chronischen Krankheiten ihren Medikamentenplan mit sich führen. Außerdem ist ein Notfall-Vorrat an Medikamenten sinnvoll, da mit Lieferengpässen im Katastrophenfall zu rechnen ist.
Plötzliches Herzversagen
Bei Naturkatastrophen steigt auch die Zahl an Herzstillständen und plötzlichen Todesfällen stark an, wobei sich die Ursachen je nach Zeitfenster unterscheiden:
- < 24 Stunden: Unterkühlung
- 24-72 Stunden: akuter Myokardinfarkt, Takotsubo-Syndrom, ventrikuläre Arrhythmie, akute Herzinsuffizienz, akute Aortendissektion, Nierenversagen und Unterkühlung
- Tag 4 bis 7: akuter Myokardinfarkt, akuter Herzinsuffizienz, pulmonale Thromboembolien, Schlaganfall oder Nierenversagen
- > Tag 7: Takotsubo-Syndrom
Um diese Todesfälle zu verhindern, ist eine gute medizinische Versorgung und Ausrüstung im Katastrophenfall notwendig. Bei der Erstellung der Notfallpläne ist dies zu berücksichtigen.