In den ESC-Leitlinien zur Behandlung von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EMAH) aus 2020 wird zum Thema Bewegung und Sport die Bewertung der körperlichen Belastbarkeit vor der Empfehlung von Freizeit- und Sportübungen empfohlen, um intensive Belastung bei untrainierten Patientinnen und Patienten zu vermeiden.2 Die meisten EMAH-Patientinnen und -Patienten können gefahrlos regelmäßige, moderate körperliche Aktivität durchführen. Dabei ist dynamisches Training günstiger als statische Übungen. Erhöhte Vorsicht erfordern in der Beurteilung die systolische Dysfunktion des Systemventrikels, Ausflusstraktobstruktion des Systemventrikels, Lungenhochdruck, hämodynamisch relevante Arrhythmien oder Aortendilatation.
Die ESC-Leitlinien zu Sportkardiologie und körperliches Training für Patientinnen und Patienten mit kardiovaskulären Erkrankungen widmen sich u.a. den Empfehlungen zur körperlichen Belastung für Personen mit angeborenen Herzfehlern zur Evaluation vor Aufnahme sportlicher Aktivität.3 Dabei wird betont, dass Sport bei jedem Arzt-Patienten-Kontakt besprochen und allen Personen mit angeborenem Herzfehler ein regelmäßiges moderates Training empfohlen werden soll.
Da Personen mit angeborenen Herzfehlern eine sehr heterogene Gruppe darstellen, sollten Empfehlungen eher auf einer physiologischen Beurteilung basieren als auf der zugrundeliegenden anatomischen Diagnose. Bei Sportlerinnen und Sportlern mit Herzfehlern, die regelmäßig trainieren und Leistungssport betreiben, sind neben Anamnese und körperlicher Untersuchung vor allem die Informationen über frühere Operationen sowie Residuen wichtig sowie die Art des Sports, der betrieben wird/werden soll, die Intensität und Umstände.
Für die Belastungsempfehlung sollten insbesondere 5 Ausgangsparameter beurteilt werden:
- Ventrikelfunktion
- Pulmonalarteriendruck
- Größe der Aorta
- Beurteilung von Arrhythmien
- Bewertung der Sauerstoffsättigung.
Die Erhebung dieser Parameter findet mittels Ruhe-EKG, Echokardiogramm, Belastungs-EKG, optimalerweise Spiroergometrie und Langzeit-EKG statt, ggf. weitergehende Bildgebung mittels MRT etc.. Je nach Befundergebnis dieser 5 Ausgangsparameter kann der statische Belastungsanteil gewählt bzw. ein niedrigeres Intensitätsniveau empfohlen werden.
Dabei wird die Zusammenarbeit mit Spezialistinnen/Spezialisten für angeborene Herzfehler empfohlen.
Die Erhebung dieser 5 Ausgangsparameter legt auch die S2k-Leitlinie Sport bei angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen der Deutschen Gesellschaft für pädiatrische Kardiologie und angeborene Herzfehler e.V. nahe, welche für die Sporttauglichkeit und Sportempfehlungen für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen gilt.4 Auch hier wird betont, dass Belastungen mit einer hohen statischen Komponente zu hoher Druckbelastung des großen und kleinen Kreislaufs führen können. Belastungen mit überwiegend dynamischer Komponente hingegen eine nachlastsenkende Wirkung haben, jedoch mit einer erheblichen Volumenbelastung durch Erhöhung des Herzzeitvolumens verbunden sein können, z. B. aerobe Ausdauerbelastungen.
Auch in den Empfehlungen im Österreichischen Journal für Kardiologie zu Körperliche Aktivität bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern: Wer darf was? (Freizeit und Wettkampf) wird zur Risikoeinschätzung bei körperlicher Aktivität bei EMAH eine Abklärung in 5 Schritten empfohlen.5 Auch hier sollen neben Anamnese und körperlicher Untersuchung die bereits erwähnten 5 Parameter in Ruhe beurteilt werden. Zudem wird als Belastungsuntersuchung die Spiroergometrie empfohlen mit Nachkontrollen alle 6-12 Monate. Die Empfehlung und Anpassung der Sportart findet je nach Befundergebnis der vorherigen Diagnostik statt.