Antikoagulation nach Katheterablation bei VHF – nicht mehr nötig?

 

AHA Congress 2025 | Bei Patientinnen und Patienten, die ein Jahr nach einer Katheterablation von Vorhofflimmern einen Sinusrhythmus aufweisen, kann Acetylsalicylsäure anstelle von Rivaroxabanvgegeben werden. Das Schlaganfallrisiko ist unter beiden Therapien niedrig, unter Acetylsalicylsäure gibt es aber weniger Blutungen. Die Daten wurden vorgestellt von Dr. Atul Verma (Montreal, Canada).1

 

Prof. Rolf Wachter (Universitätsklinikum Leipzig) berichtet und kommentiert. 

Von:

Prof. Rolf Wachter

Rubrikleiter Herz und Hirn

 

10.11.2025

 

Bildquelle (Bild oben): f11photo / Shutterstock.com

Hintergrund und Studiendesign

 

Die Leitlinien empfehlen aktuell bei Patientinnen und Patienten nach einer Katheterablation von Vorhofflimmern (Pulmonalvenenisolation) die dauerhafte Gabe einer oralen Antikoagulation bei Vorliegen von Risikofaktoren. Die OCEAN-Studie wurde konzipiert, um zu zeigen, dass eine dauerhafte Antikoagulation mit Rivaroxaban einer Therapie mit Acetylsalicylsäure in Bezug auf den primären Endpunkt (zusammengesetzt aus Schlaganfall, systemischer Embolie und stummem Schlaganfall) bei Patientinnen und Patienten nach einer erfolgreichen VHF-Katheterablation überlegen ist.

 

OCEAN war eine randomisierte offene Studie mit verblindeter Beurteilung der Endpunkte zur Untersuchung von Acetylsalicylsäure (70–120 mg, abhängig von der Zulassung im jeweiligen Land) versus Rivaroxaban (15 mg). Bei den Patientinnen und Patienten musste die Ablationsbehandlung mindestens 12 Monate zurückliegen und sie mussten vor der Randomisierung mindestens 3 Langzeit-EKGs mit einer kumulativen Aufzeichnungsdauer von 96 Stunden und Dokumentation eines dauerhaften Sinusrhythmus vorweisen. Die Studie wurde im Mai 2022 auf Empfehlung des Data Safety Monitoring Boards abgebrochen, weil es sehr wahrscheinlich war, dass kein Benefit einer Gabe von Rivaroxaban in Bezug auf den primären Endpunkt zu zeigen war. Besonders war, dass alle Patientinnen und Patienten zum Studieneinschluss und nach 3 Jahren ein Kopf-MRT erhielten, um klinisch stumme neue Schlaganfälle zu erkennen.

Ergebnisse

 

Insgesamt wurden 1.284 Personen eingeschlossen (mittleres Alter 66 Jahre, 28 % Frauen, mittlerer CHA2DS2VASC-Score: 2,2 Punkte). Es kam nur bei 14 Patientinnen und Patienten zu einem primären Endpunktereignis, davon bei 5 Personen (0,8 %) im Rivaroxaban-Arm und bei 9 Personen (1,4 %) im Acetylsalicyl-Arm. Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant. Alle Schlaganfälle im Rivaroxaban-Arm und 7 der 9 Schlaganfälle im Acetylsalicyl-Arm wurden klinisch diagnostiziert, 2 zusätzliche stumme Schlaganfälle im Acetylsalicyl-Arm wurden nur im Kopf-MRT neu diagnostiziert.


Der primäre Sicherheitsendpunkt (schwere oder tödliche Blutungen) trat im Rivaroxaban-Arm numerisch häufiger auf: 10 Ereignisse vs. 4 Ereignisse im Acetylsalicyl-Arm. Kleinere oder klinisch relevante nicht schwerwiegende Blutungen traten im Rivaroxaban-Arm signifikant häufiger auf (11,2 % vs. 3,0 % und 5,1 % vs. 1,4 %).

Limitationen

 

Bei allen Patientinnen und Patienten lag die Katheterablation mindestens 12 Monate zurück. Entsprechend sollten die Betroffenen nach einer Katheterablation über ein Jahr lang weiter eine Antikoagulationstherapie erhalten. Das Risiko eines VHF-Rezidivs steigt sicherlich, je älter die Personen werden und je länger die Katheterablation zurückliegt. Das Follow-up war mit 36 Monaten deutlich länger als in der kürzlich vorgestellten ALONE-AF-Studie. Trotzdem ist unklar, wie sicher es ist, die Antikoagulation nach einer Katheterablation dauerhaft abzusetzen.  Zumindest in den Jahren 2 und 3 nach einer Katheterablation scheint das Absetzten der Antiukoagulation sicher zu sein.

Fazit und Kommentar

 

Die Studie zeigt klar, dass bei Patientinnen und Patienten nach einer Katheterablation von VHF, bei denen im Rahmen eines wiederholten nicht-invasiven Herzrhythmusmonitorings kein VHF nachweisbar ist, ein Jahr nach der Katheterablation auf die weitere Gabe von Rivaroxaban verzichtet werden kann und mit Acetylsalicylsäure anstelle von Rivaroxaban behandelt werden kann.

 

Die Studie ergänzt die Daten der auf dem ESC vorgestellten ALONE-AF-Studie in einem ähnlichen Patientenkollektiv: Wenn Betroffene nach einer Katheterablation von Vorhofflimmern 12 Monate lang sicher kein Vorhofflimmern mehr haben (nachgewiesen durch wiederholte nicht-invasive Herzrhythmusüberwachungen), kann die Antikoagulationstherapie beendet werden – es sollte aber Acetylsalicylsäure verabreicht werden.

Zur Person

Prof. Rolf Wachter

Prof. Rolf Wachter ist stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Kardiologie am Universitätsklinikum Leipzig. Seine klinische Tätigkeit umfasst die gesamte Kardiologie mit Schwerpunkten in der interventionellen Kardiologie und der Herzinsuffizienz. Zusätzlich nimmt er diverse Funktionen in wissenschaftlichen Fachgesellschaften wahr.

Key Facts der Studie

Untersuchung, ob nach erfolgreicher Katheterablation von VHF eine dauerhafte Antikoagulation mit Rivaroxaban einer Therapie mit Acetylsalicylsäure in Bezug auf den primären Endpunkt überlegen ist.

Der primäre Endpunkt (Schlaganfall, systemische Embolie und stummer Schlaganfall) trat bei 0,8 % vs. 1,4 % der Personen im Rivaroxaban- bzw. Acetylsalicyl-Arm auf (Unterschied ohne statistische Signifikanz). Der primäre Sicherheitsendpunkt (schwere oder tödliche Blutungen) war im Rivaroxaban-Arm numerisch häufiger (10 Ereignisse vs. 4 Ereignisse). Die Studie wurde abgebrochen, weil kein Benefit von Rivaroxaban in Bezug auf den primären Endpunkt zu erwarten war.

Nach der Ablation kann die Antikoagulation beendet werden, wenn durch wiederholtes nicht-invasives Monitoring über 12 Monate VHF-Rezidivfreiheit nachgewiesen wurde – es sollte aber Acetylsalicylsäure verabreicht werden.

Mehr zum Thema


Referenzen

 

  1. Verma A. The Need for Ongoing Oral Anticoagulation in Patients with Clinical Stroke Risk Factors After Successful Catheter Ablation of Atrial Fibrillation: The OCEAN Randomized Trial. Late-Breaking Science Session 2: Dilemmas in antithrombotic therapy in AF care post procedures. 08.11.2025, New Orleans, AHA Congress 2025.

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