Hochdosis vs. Standard: CV Outcomes bei Grippeimpfstoffen

 

AHA Congress 2025 | FLUNITY-HD-Sekundäranalyse: In der bislang größten randomisierten Untersuchung zur Wirksamkeit von Influenzaimpfstoffen hinsichtlich kardiovaskulärer Outcomes zeigte sich, dass Hochdosis-Grippeimpfstoff im Vergleich zur Standardvakzine signifikant kardiovaskulär bedingte Hospitalisierungen bei älteren Personen reduzieren kann, unabhängig von kardiovaskulären Vorerkrankungen. Die präspezifizierte gepoolte Analyse zu DANFLU-2 und GALFLU wurde auf dem AHA-Kongress vorgestellt und zeitgleich publiziert.1

 

Prof. Stephan H. Schirmer (Kaiserslautern) kommentiert. 

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Expertenkommentar:

Prof. Stephan H. Schirmer
Kardiopraxis Schirmer, Kaiserslautern

 

17.11.2025

 

Bildquelle (Bild oben): f11photo / Shutterstock.com

Obwohl Grippeimpfungen nachweislich das Risiko schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse verringern, fällt die Immunantwort auf inaktivierte Standarddosis-Impfstoffe (SD-IIV) bei älteren Erwachsenen häufig unzureichend aus. Daher wurde ein hochdosierter inaktivierter Influenzaimpfstoff (HD-IIV) speziell für ältere Personen entwickelt. HD-IIV zeigte bereits im Rahmen der groß angelegten FLUNITY-HD-Studie im Vergleich zu SD-IIV einen höheren Schutz vor verschiedenen Hospitalisierungen.2 In einer präspezifizierten Sekundäranalyse des FLUNITY-HD-Datensatzes mit fast einer halben Million Probanden wurde nun unter Berücksichtigung vorbestehender kardiovaskulärer Erkrankungen (CVD) die Wirksamkeit hinsichtlich kardiovaskulär bedingter Hospitalisierungen untersucht.

Studiendesign und Methodik

 

FLUNITY-HD umfasste zwei, offene, individuell randomisierte Studien mit harmonisiertem Protokoll zum Vergleich von HD-IIV mit SD-IIV:

 

  • DANFLU-2 (Dänemark): Erwachsene ≥65 Jahre, n=332.438, Studienzeiträume 2022–2025
  • GALFLU (Spanien): Erwachsene 65–79 Jahre, n=133,882, Studienzeiträume 2023–2025

 

In beiden Studien wurden die Teilnehmenden 1:1 randomisiert mit HD-IIV (60 µg Hämagglutinin (HA) pro Stamm) oder SD-IIV (15 µg HA pro Stamm) geimpft und bis zum 31. Mai des Folgejahres nachbeobachtet.

Ergebnisse

 

Der gepoolte Datensatz umfasste insgesamt 466.320 Teilnehmende, von denen 107.700 (23,1 %) eine kardiovaskuläre Vorerkrankung aufwiesen. HD-IIV senkte im Vergleich zu SD-IIV unabhängig vom Vorliegen einer vorbestehenden CVD die Häufigkeit von Hospitalisierungen aufgrund von Influenza oder Pneumonie, kardiorespiratorischen Erkrankungen, laborbestätigter Influenza sowie aufgrund jeglicher Ursache (pInteraktion>0,66 für alle Outcomes).

 

Im Vergleich zur SD-IIV-Gruppe wies die HD-IIV-Gruppe eine signifikant geringere Inzidenz von Hospitalisierungen auf:

 

  • wegen CVD um 6,6 % (HD-IIV 1,15 % vs. SD-IIV 1,24 %; relative Vakzin-Effektivität (rVE) 6,6 %; 95%KI [1,6;11,4] p=0,010)
  • wegen Atemwegserkrankungen um 6,5 % (HD-IIV 0,92 % vs. SD-IIV 0,98 %; rVE, 6,5 %; 95 %KI [0,7; 11,9] p=0,027)
  • wegen Herzinsuffizienz um 21,3 % (HD-IIV, 0,11 % vs. SD-IIV, 0,15 %; rVE, 21,3 %; 95 %KI [7,6; 33,0] p=0,003)

 

Die Inzidenz kardiovaskulärer Todesfälle war in der HD-IIV- und der SD-IIV-Gruppe ähnlich (0,15 % vs. 0,15 %; rVE -2,1 %; 95%KI [-18,6; 12,1] p=0,79). 

 

Analysen, adjustiert für Studie/Land und Grippesaison, ergaben vergleichbare Ergebnisse.

Fazit und Kommentar

 

Der Hochdosis-Influenzaimpfstoff bietet laut der Studie bei Über-65-Jährigen einen umfassenderen Schutz vor schweren kardiorespiratorischen Ereignissen als der Standarddosis-Impfstoff, einschließlich Personen mit bereits bestehender kardiovaskulärer Erkrankung. Der protektive Effekt war vor allem für Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen besonders ausgeprägt. Diese Ergebnisse sprechen für den bevorzugten Einsatz des hochdosierten Impfstoffs bei älteren Personen als praktikablen, evidenzbasierten Ansatz zur Reduktion schwerwiegender Hospitalisierungen in dieser Hochrisikopopulation, schlussfolgert das Forschungsteam.

Expertenkommentar

 

Inflammation ist ein kausaler Risikofaktor in der Entstehung kardiovaskulärer (CV) Erkrankungen. Trotz der seit weit über 20 Jahren bekannten Zusammenhänge zwischen insbesondere respiratorischen inflammatorischen Erkrankungen und sowohl kardiovaskulären wie auch Herzinsuffizienz-Ereignissen finden Untersuchungen zur Reduktion dieses inflammatorischen Risikos durch Schutzimpfungen erst rezent in den Fokus des Interesses.


FLUNITY-HD war eine präspezifizierte gemeinsame Analyse der dänischen und galizischen DANFLU- bzw. GALFLU-Studien zum Vergleich eines Hochdosis- versus Standarddosis-Influenza-Schutzimpfstoffes bei Menschen ≥65 Jahre. Obwohl dänische Teilnehmende im Verhältnis ca. 3:1 in die gepoolte Analyse eingingen, gelang erst durch die gemeinsame Analyse in FLUNITY-HD die Darstellung einer signifikanten Reduktion des primären Endpunkts, Hospitalisierung für Influenza und Pneumonie, der in DANFLU noch neutral geblieben war. Dies ermöglichte auch die statistische Analyse der sekundären Endpunkte kardiorespiratorische und Gesamt-Hospitalisierung, die in FLUNITY-HD durch den Hochdosis-Impfstoff signifikant reduziert waren. Bereits eine Subanalyse in FLUNITY-HD suggerierte einen positiven Effekt des Hochdosis-Impfstoffs unabhängig vom Vorliegen von CV-Erkrankungen.


Die nun vorliegende präspezifizierte Subanalyse zu kardiovaskulären Ereignissen aus der genannten gepoolten Analyse unterstützt den Befund und schlüsselt den günstigen Effekt des Hochdosis-Impfstoffs auf verschiedene CV-Endpunkte weiter, zeigt diesen außerdem unabhängig von einer vorbestehenden CV-Erkrankung. Aufgrund des höheren absoluten Risikos der CV-erkrankten Subgruppe war bei vergleichbarer relativen Risikoreduktion die absolute Risikoreduktion größer. Insbesondere Herzinsuffizienz-Hospitalisierung trat signifikant seltener auf, was konsistent durch die Studien und auch Impfsaisons zu beobachten war. 


Insgesamt unterstreicht die Subanalyse zu FLUNITY-HD die Bedeutung von Schutzimpfungen, im konkreten Fall der Hochdosis-Influenza-Vakzine in einer älteren Population >65 Jahren insbesondere bei CV-vorerkrankten Patientinnen und Patienten. Die signifikante Reduktion insbesondere der Herzinsuffizienz-Hospitalisierung unterstreicht die Bedeutung von Impfungen als wichtigen Bestandteil kardiovaskulärer Therapie.

Zur Person

Prof. Stephan H. Schirmer

Prof. Stephan H. Schirmer hat sich nach seiner Tätigkeit als Oberarzt in der Kardiologie des Universitätsklinikums des Saarlandes seit 2018 als Internist, Kardiologe und Angiologe in Kaiserslautern niedergelassen. Zu seinen wissenschaftlichen Schwerpunkten zählen u. a. Atherosklerose, Kollateralarterienwachstum, Entzündungsvorgänge in Herz und Gefäßen sowie Lipidstoffwechselstörungen.

Key Facts der Studie

Die präspezifizierte gepoolte FLUNITY-HD-Sekundäranalyse verglich den kardiovaskulären Nutzen von hochdosiertem vs. standarddosiertem Influenzaimpfstoff bei älteren Personen (≥65 Jahre) auf Basis von Hospitalisierungen unter Berücksichtigung vorbestehender Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

HD-IIV reduzierte Hospitalisierungen aufgrund von Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Herzinsuffizienz-Ereignissen signifikant im Vergleich zur Standarddosis, unabhängig von einer kardiovaskulären Vorerkrankung.

Die Ergebnisse sprechen für den bevorzugten Einsatz des hochdosierten Impfstoffs bei älteren Personen (≥65 Jahre) zur Reduktion schwerwiegender Hospitalisierungen.


Referenzen

 

  1. Johansen ND, et al. High-Dose vs. Standard-Dose Influenza Vaccine and Cardiovascular Outcomes in Older Adults: The FLUNITY-HD Prespecified Pooled Analysis. Circulation. Published online November 10, 2025. doi:10.1161/CIRCULATIONAHA.125.077801
  2. Johansen ND, et al. Effectiveness of high-dose influenza vaccine against hospitalisations in older adults (FLUNITY-HD): an individual-level pooled analysis. Lancet. Published online October 17, 2025. doi:10.1016/S0140-6736(25)01742-8

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