VA-ECMO-Register zur Qualitätssicherung gegründet

Der Einsatzort der venoarteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (VA-ECMO) ist nicht unumstritten. Welche Zentren bieten das hochkomplexe Verfahren an und wie können sie ihre Leistung bewerten? Professor Tobias Wengenmayer, stellvertretender Sprecher der AG 42, spricht im Interview darüber, warum die Datenerhebung für die Versorgung erforderlich ist.

 

Bildquelle (Bild oben): Kiryl Lis / Shutterstock.com

Von Melissa Wilke

 

12.07.2023

Die venoarterielle extrakorporale Membranoxygenierung (VA-ECMO) kommt in der Intensivmedizin bei schwerer Herzinsuffizienz zum Einsatz. Sie ermöglicht die temporäre Unterstützung oder gar den vollständigen Ersatz der Herzfunktion, indem sie Blut vor dem Herzen drainiert, außerhalb des Körpers mit Sauerstoff anreichert und es dann mit hohem Druck in das arterielle Gefäßsystem zurückführt. Die Indikationsgebiete für die VA-ECMO-Therapie sind der schwere kardiogene Schock oder auch die Reanimationssituation, die im weitesten Sinne als Extremform des kardiogenen Schocks angesehen werden kann.

 

Die Zahlen der VA-ECMO-Behandlung haben drastisch zugenommen, so dass in den Leitlinien zur VA-ECMO-Therapie und zum infarktbedingten kardiogenen Schock im Rahmen der Qualitätssicherung die Teilnahme an einem Register empfohlen werden. Zur Qualitätssicherung des Organersatzverfahrens hat die Arbeitsgruppe 42 für kardiopulmonale Reanimation der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) ein interdisziplinäres Register gegründet, mit wissenschaftlicher Unterstützung des DGK-Zentrums für kardiologische Versorgungsforschung sowie dem Cluster A für kardiovaskuläre Akut- und Intensivmedizin. Im Interview spricht Professor Tobias Wengenmayer, stellvertretender Sprecher der AG 42, über die Ziele des Registers.

Es gibt zurzeit kein verbindliches Register

HERZMEDIZIN: Wie viele Patientinnen und Patienten werden jährlich etwa mit einer VA-ECMO behandelt?

 

Wengenmayer: Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten. Es gibt zurzeit kein verbindliches Register, welches diese Zahlen erfasst. Wir kennen die Daten der Krankenkassen, die eine retrospektive Analyse erlauben. 2017 wurden demnach ca. 3.000 Patienten in Deutschland mit einer VA-ECMO behandelt.

 

HERZMEDIZIN: Die ECMO-Behandlung ist in den letzten Jahren beliebter geworden. Geht das auf die Corona-Pandemie zurück oder gibt es weitere Gründe dafür?

 

Wengenmayer: Im Rahmen der Corona Pandemie gab es ein erhebliches mediales Interesse bezüglich des ECMO-Verfahrens an sich. Grundsätzlich kann mit ein und derselben ECMO-Maschine entweder die Lunge oder das Herz unterstützt/ersetzt werden. Es kommt ausschließlich darauf an, welche Gefäße kanüliert werden. Die VV-ECMO ersetzt die Lunge, während die VA-ECMO das Herz ersetzt.

Insofern kann in diesem Zusammenhang nicht behauptet werden, dass wir aufgrund der Corona Pandemie mehr VA-ECMO Therapien durchführen, insbesondere weil die exakten Daten fehlen. Bei Kongressen wird jedoch berichtet, dass immer mehr Kliniken dieses Verfahren anwenden.

Und da sind wir beim Hauptproblem. Dieses potenziell lebensrettende Verfahren ist ausgesprochen invasiv und hat schwere Nebenwirkungen. Es sollte nur von erfahrenen Personen in High Volume Zentren angewendet werden.

Schwachstellen und Potenziale identifizieren

HERZMEDIZIN: Wofür werden die Daten, die mit dem Register gesammelt werden, genutzt?

 

Wengenmayer: Das VA-ECMO-Register Deutschland ist eine retrospektive Qualitätssicherungsmaßnahme und die erhobenen Daten werden nicht für andere Projekte genutzt. Die Daten ermöglichen jeder Klinik ein Benchmarking mit dem nationalen Durchschnitt. Somit erhalten die teilnehmenden Zentren ein objektives Maß für ihre Leistung und können ihre Ergebnisse im Kontext der Gesamtpopulation bewerten.

 

HERZMEDIZIN: Inwiefern könnten diese Daten den Versorgungsalltag verändern?

 

Wengenmayer: Durch die regelmäßige Überwachung und Analyse der Daten können Schwachstellen und Verbesserungspotenziale in der VA-ECMO-Therapie identifiziert werden. Ein jährliches Reporting wird das Wissen über die Behandlungsqualität bündeln und verfügbar machen. Je nach Ergebnis könnten dann Anpassungen an der Versorgungsstruktur vorgenommen werden. Ist es sinnvoll, dass sehr viele Kliniken dieses Verfahren anbieten? Hier steht die ortsnahe Behandlung den möglichen Komplikationen gegenüber. Ohne Registerdaten aus Deutschland können wir diese Fragestellung nicht beantworten.

 

HERZMEDIZIN: Welche weiteren Ziele verfolgen Sie mit dem Register?

 

Wengenmayer: Nur die Verbesserung der Behandlungsqualität.

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