Einstieg und Work-Life-Balance als Ärztin und Arzt meistern

Realistische Erwartungen und Anforderungen, Sympathie und Empathie sind wesentliche Erfolgsfaktoren für den Berufseinstieg und werden von potenziellen Arbeitgebern oft höher bewertet als die reine Expertise. Und vor dem Burnout in einem zehrenden Beruf schützt die Entwicklung von Resilienz, die vor allem von der Wahrnehmung der positiven Elemente des Berufsalltags entwickelt und gefördert wird.

Von Helmut Laschet

 

25.04.2023

„Macht Arztsein glücklich – von der Work-Life-Balance bis zum Burnout?“ – dieser Frage widmete sich das Symposium des Ausschusses „Qualitäts- und Leistungsbewertung in der Kardiologie“ auf der 89. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Hierbei wurden vor allem die wichtigsten Faktoren für einen gelingenden Berufseinstieg und für eine dauerhafte Zufriedenheit in einem kräftezehrenden Beruf diskutiert, der nicht selten zum physischen und psychischen Burnout führt.

Generell sind die Chancen für einen schnellen Start in den Beruf nach der abgeschlossenen Ausbildung für Ärztinnen und Ärzte überdurchschnittlich gut, so Katharina Hain, die als Beraterin für einen Personaldienstleister tätig ist. Die durchschnittliche Suchzeit für einen Arbeitsplatz dauert bei Ärztinnen und Ärzte drei Monate – im Vergleich zu anderen akademischen Berufen eine kurze Zeit.

Gleichwohl führt nicht jedes Bewerbungsgespräch zum Erfolg. Die wichtigsten Gründe für ablehnende Entscheidungen eines potenziellen Arbeitgebers sind die Persönlichkeit von Bewerberin oder Bewerber, eine kaum überbrückbare Kluft zwischen Arbeitsrealität und den Vorstellungen der bewerbenden Person und überzogene Vorstellungen hinsichtlich Gehalt, Verantwortungsmöglichkeiten und Fortbildungsoptionen. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre, es empfiehlt sich, auf dem Teppich zu bleiben“, lautet die Botschaft von Hain an den ärztlichen Nachwuchs.

Hohe Bedeutung von Kommunikation und Empathie

Einer der wichtigsten Fehler, die beim Bewerbungsgespräch gemacht wird, liegt wohl in der Unterschätzung der Kommunikation: der Darstellung von Expertise, Zusatzqualifikationen und vorhandener Erfahrung, insbesondere aber auch in der Fähigkeit, Empathie und Sympathie zu entwickeln, die von Arbeitgebenden noch höher als Fachwissen bewertet werden. Vor einem Bewerbungsgespräch sollten sich die Kandidatinnen und Kandidaten bewusst machen, was geht und was nicht geht und dazwischen Kompromisslinien definieren. Und: Die Darlegung von Expertise durch mündliche Kommunikation muss geübt werden, auch um Nervosität im Bewerbungsgespräch zu beherrschen.

 

Noch ein weiterer Aspekt für den Aufbau einer Karriere und die Eröffnung von Karrierechancen ist von erheblicher Bedeutung, so Hain: das Knüpfen von Netzwerken. Das Knüpfen von Kontakten zu Kolleginnen und Kollegen (insbesondere auf höheren Hierarchieebenen) eröffnet die Chance zum Erwerb von Reputation und neuen Karrieremöglichkeiten. Es sei völlig falsch, dies als Nutzung von „Vitamin B“ zu disqualifizieren.

Ärztinnen und Ärzte sind potenziell vulnerabel

Einmal im Beruf angekommen, lauern allerdings auch Gefahren; die Psychologin Dr. Ulrike Bossmann, die als selbständige Personal-Coachin arbeitet, beschreibt sie so: Ärztinnen und Ärzte üben einen potenziell gefährlichen Job aus. Sie werden konfrontiert mit Misserfolgen wie Tod von Patientinnen und Patienten, Therapieversagen, Konflikten, Mobbing am Arbeitsplatz, hierarchischen Strukturen, überbordende Arbeitszeit, Ökonomisierung und Bürokratie. Die Risiken zum Substanz-Missbrauch sind hoch, es existiert ein Suizid-Risiko. „Ärztinnen und Ärzte sind vulnerabel“, stellt Bossmann fest.  Etwa jeder Fünfte leidet unter Burnout-Symptomen. Gesteigert wird das Risiko durch den im Vergleich zu anderen Berufen späten Start ins Arbeitsleben, der den Faktor Zeit noch knapper macht.

Häufige Reaktion darauf sei eine Vermeidungstaktik, die darauf abzielt, Zeit zu kaufen oder zu sparen: durch Verzicht auf Freizeit, Entspannung, gesundes Essen, Konzentration der Fortbildung auf das Allernotwendigste. Doch damit werde eine Abwärtsspirale in Gang gesetzt, die den Akku immer weiter auszehrt.

Eine Lust am Hedonismus entwickeln!

Notwendig, aber nicht eben einfach sei es, diese Spirale umzukehren und sowohl dem Berufs- wie auch dem Privatleben gezielt und bewusst freudvolle Elemente zu gönnen: „Pleasure“ und Hedonismus sind dabei gezielt positiv konnotiert und sollen auch unbedingt subjektiv so gefühlt und hoch bewertet werden. Eine subjektiv hohe Bewertung positiver Erfahrungen im Beruf sei geeignet, die Stressfaktoren zu überlagern und zu kompensieren und damit die Widerstandsfähigkeit zu stärken, so Bossmann.

Bossmanns Tipps zur Work-Life-Balance für Ärztinnen und Ärzte:

  • in Beziehungen, auch zu Patientinnen und Patienten, investieren – oft erzeugt das ein positives Feedback
  • realistische Erwartungen und Akzeptanz entwickeln – das gilt vor allem für den Umgang mit Bürokratie
  • Zeit für Regeneration und Selbstfürsorge reservieren – schon die Urlaubsplanung erweist sich oft als nützlicher als der Urlaub selbst
  • Grenzen für die angebliche Unentbehrlichkeit ziehen
  • Kontakte in der Familie und mit Freundinnen und Freunden pflegen

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