NRW führt Reanimationsunterricht an Schulen verpflichtend ein

 

Nordrhein-Westfalen führt einen verpflichtenden Wiederbelebungsunterricht ein. An den Schulen soll mit dem Schema „Prüfen, Rufen, Drücken“ ideal auf Notfälle vorbereitet werden. Ein wichtiger Schritt gegen die niedrige Laien-Reanimationsquote in Deutschland – bei nur ca. 51 % der mehr als 70.000 Herzstillstände pro Jahr werden von Laien Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt. Schätzungen zufolge könnte eine bessere Quote rund 10.000 Leben jährlich retten.

Von:

Max Hendriks

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

17.07.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Black Duck Style / Shutterstock.com

 

Das Ministerium für Schule und Bildung des Bundeslandes Nordrhein-Westfalen hat eine Kooperationsvereinbarung zur verpflichtenden Einführung eines Reanimationsunterrichtes ab dem Schuljahr 2026/27 in der Sekundarstufe I getroffen. Unter dem Motto „Leben retten will gelernt sein“ soll gewährleistet werden, dass alle Schülerinnen und Schüler im Zeitraum zwischen Klasse 7 bis 9 eine Schulung zur Laienreanimation mit einer Dauer von 90 Minuten absolvieren.

Details zur Durchführung

 

Um die Umsetzung zu ermöglichen, sollen alle ca. 2.100 allgemeinbildenden Schulen des Bundeslandes mit einer Sekundarstufe I über Rettungspuppen und geschultes Lehrpersonal verfügen – die Schulungen für die Lehrerinnen und Lehrer beginnen im September. Ziel ist die Vermittlung des Konzepts „Prüfen, Rufen, Drücken“, das zur Vermittlung von Wiederbelebungskompetenz entwickelt wurde. 

Eine Auswertung des Modellprojektes „Laienreanimation an Schulen in Nordrhein-Westfalen“ 2020 hatte bereits ergeben, dass schon Kinder im Alter von 10–12 Jahren eine effektive Thoraxkompression durchführen können. Die Schülerinnen und Schüler sollen das Gelernte im Familienalltag teilen und werden damit ein wichtiger Faktor zur Wissensverbreitung, wie bei einem Herzstillstand zu reagieren ist.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst erläutert die Notwendigkeit dieser Maßnahme: „Ob im Straßenverkehr, am Arbeitsplatz oder in den eigenen vier Wänden: Jeder kann zum Lebensretter werden. Wie es richtig geht, muss man lernen – und zwar schon in der Schule. Mit dem verpflichtenden Wiederbelebungsunterricht ab dem Schuljahr 2026/27 vermitteln wir Schülerinnen und Schülern das notwendige Wissen, um im medizinischen Notfall richtig zu handeln und Leben zu retten. Solche Kompetenzen weiterzugeben, ist Teil unseres Bildungs- und Erziehungsauftrags.“

  • Die Gehirnzellen erleiden nach einem Herz-Kreislauf-Stillstand bereits nach nur 3 bis 5 Minuten ohne Blutfluss irreparable Schäden.
  • Bis der Rettungsdienst eintrifft, vergehen im Durchschnitt 8 Minuten oder länger.
  • Die Überlebenswahrscheinlichkeit sinkt pro Minute ohne Wiederbelebungsmaßnahmen um 10 %.
  • In Deutschland führen nur bei rund der Hälfte der mehr als 70.000 jährlichen Fälle eines Herzstillstands außerhalb eines Krankenhauses ersthelfende Laien eine Wiederbelebung durch.
  • Während die Laien-Reanimationsquote in Deutschland bei ca. 51 % liegt, erreichen beispielsweise die Niederlande eine Quote von ca. 70 %, Schweden von über 80 %.
  • Wenn Laien im Ernstfall sofort mit einer Herzdruckmassage beginnen würden, könnten nach Schätzungen jedes Jahr in Deutschland 10.000 Leben gerettet werden.

 

Referenzen:

  • Bildungsportal Wiederbelebung. URL: https://wiederbelebung-in-schulen.de/home
  • Bundesgesundheitsministerium. URL: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/Gesundheit/Flyer_Poster_etc/Faktenblatt_Laienreanimation_BMG-BZgA.pdf

Unterstützung von medizinischen Partnern

 

Auch das Mitwirken von Institutionen aus dem medizinischen Feld spielt eine entscheidende Rolle. So unterstützen u. a. die Deutsche Herzstiftung, der Deutsche Rat für Wiederbelebung, das Deutsche Rote Kreuz und mehrere Universitätskliniken das Projekt. Dabei wird beispielsweise Personal für Schulungen bereitgestellt oder es werden Übungsmaterialien subventioniert.

Schulministerin Dorothee Feller dankt den beteiligten Partnern: „Dieses Bündnis zeigt, was möglich ist, wenn verschiedene Institutionen mit unterschiedlichen Beiträgen ein gemeinsames Ziel verfolgen. Jeder einzelne Beitrag eines jeden Partners ist ein großer Gewinn für die Laienreanimation von Schülerinnen und Schüler. Gemeinsam sorgen wir dafür, dass unsere Schülerinnen und Schüler auf den Ernstfall gut vorbereitet sind.“ 

Die Situation bundesweit

 

Bereits 2014 sprach der Schulausschuss der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Bundesländer die Empfehlung aus, Lehrkräfte für einen Reanimationsunterricht schulen zu lassen. Einer Umfrage von 2022 zufolge gab es zwar in allen Bundesländern Angebote dazu für die Schüler, jedoch meist nur in einer Testphase oder nicht flächendeckend. Nur in 2 Bundesländern (Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern) konnte eine lückenlose Umsetzung vermeldet werden.

Bei der verpflichtenden Einführung des Reanimationsunterrichts ist die Lage ähnlich. Mit Nordrhein-Westfalen hat nun das dritte Bundesland die feste Aufnahme in den Lehrplan beschlossen. Vorreiter war hier im November 2024 Hessen: Im Schuljahr 2024/25 führte das Bundesland nach einer Pilotphase mit 30 Schulen das Programm in weiteren 180 Schulen ein, innerhalb von 3 Jahren sollen dann alle weiterführenden Schulen abgedeckt sein. Die Umsetzung wird dabei entweder über die Einbindung in den Regelunterricht in den Fächern Biologie oder Sport oder mit Projekttagen gestaltet.

Ende Januar 2025 folgte dann Niedersachsen: Dort wurde beschlossen, die Ausbildung zu Wiederbelebungsmaßnahmen ab 2026 fest im Schulalltag zu verankern. Hier werden die Inhalte zur Reanimation in den Lehrstoff der Fächer Biologie und Naturwissenschaften der Sekundarstufe I integriert.


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