Die Angst vor der bevorstehenden Änderung kann ich sogar nachvollziehen, hatte ich doch selbst ein ähnliches Gefühl am Anfang meiner Niederlassung. In Nordrhein wurde damals der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) geändert, wonach ein Wachstum nur noch jungen Praxen zugestanden wurde. Nach rechtlicher Beratung wurde mir zugesichert, dass ich demnach eine junge Praxis sei. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) sah das jedoch anders. Da ich völlig neu in dem Gebiet war, wo es vorher noch keinen Kardiologinnen und Kardiologen gab, mussten die Kolleginnen und Kollegen zunächst einmal „lernen“, dass man Patientinnen und Patienten auch in die kardiologische Praxis schicken kann, somit war ich zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang und auf weiteres Wachstum angewiesen.
Ich musste also gegen die KV klagen, verlor in der ersten Instanz und ging zur nächsten Instanz, was mein Anwalt mir damals nicht wirklich empfohlen hatte. Der Richter dort stellte zu Beginn fest, dass die Kollegin der Vorinstanz offensichtlich gar nicht verstanden hatte, worum es eigentlich ging, sondern nur die Interpretation der KV durchgewunken hatte. Im Laufe der Verhandlung kam es dann zu einem Vergleich und ich erhielt ca. drei Viertel des bis dahin nicht ausgezahlten Honorars (ein sechsstelliger Eurobetrag). Der Richter meinte zum Schluss noch, ich hätte diese Instanz bestimmt gewonnen, aber die KV wäre dann sicherlich zur nächsten Instanz gegangen, sie hatte ja nichts zu verlieren und konnte mit dem Geld der Kassenärztinnen und -ärzte, also auch mit meinem Geld, locker weiter gegen mich prozessieren.
Auch im weiteren Verlauf kam es immer wieder zu Änderungen des HVM oder des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM), was auf den ersten Blick auch immer deutliche Einbußen erwarten ließ. Letztlich ist es dann aber doch so gewesen, dass man mit einer kardiologischen Praxis durchaus sein Auskommen hatte.
Ich erinnere mich daran, dass auch damals immer wieder nach Klagen gegen die Änderungen gerufen wurde; wenn aber eine Praxis gesucht wurde, der tatsächlich durch diese Maßnahmen die Insolvenz drohte, so gab es keine Rückmeldungen.