Dr. Brücks Blog: Lohnt sich die Niederlassung noch?

 

In seinem regelmäßigen Blog auf Herzmedizin.de schreibt der Kardiologe und BNK-Pressesprecher Dr. Heribert Brück über Erfahrungen aus seiner kardiologischen Praxis. Diesmal widmet er sich vor dem Hintergrund der neuen Gebührenordnung (GOÄneu) der Praxisgründung in einem sich wandelnden Umfeld. Lesen Sie hier, wie unser Gastautor Widrigkeiten bei der eigenen Praxisgründung erlebte.

Von:

Dr. Heribert Brück

Niedergelassener Kardiologe

 

18.07.2025

 

Bildquelle (Bild oben): fizkes / Shutterstock.com

 

 

Am 29. Mai 2025 hat der 129. Deutsche Ärztetag in Leipzig bekanntermaßen eine neue Gebührenordnung für Ärztinnen und Ärzte (GOÄneu) beschlossen. Die Verantwortung liegt jetzt bei der Politik. Erforderlich ist dazu ein förmliches Verordnungsverfahren mit Zustimmung des Bundesrates, was sicherlich noch ein bis zwei Jahre dauern wird. Von einigen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere solchen, die noch nicht so lange niedergelassen sind, werden jedoch schon Schreckensszenarien bis hin zu bevorstehenden Praxispleiten an die Wand gemalt. Deshalb stellt man sich vielleicht in der Klinik die Frage, ob es unter diesen Umständen überhaupt noch erstrebenswert ist, in die Niederlassung zu wechseln. Dabei will ich gar nicht auf die neue GOÄ im Einzelnen eingehen, das können andere viel besser, ich möchte Ihnen nur meine Einschätzung nach über 30 Jahren in der Niederlassung mitteilen.


Zur neuen GOÄ möchte ich nur kurz sagen, dass auch ich überrascht und enttäuscht war, dass die Kostenentwicklung der letzten Jahre, die ja auch die Praxen betrifft, überhaupt nicht abgebildet wurde, anders als z. B. bei Gebührenordnungen für Juristinnen und Juristen oder Tierärztinnen und -ärzte oder auch bei Tarifen für Kliniken. Grund dafür ist sicherlich, dass die Juristinnen und Juristen in der Politik überrepräsentiert sind und dass eine gute Versorgung von (Haus-)Tieren in Deutschland eine höhere Priorität besitzt als eine gute Versorgung der Bürgerinnen und Bürger. Außerdem spielt hier bestimmt auch der Neidgedanke

eine Rolle, der offensichtlich auch innerhalb der Ärzteschaft besteht; wenn man hört, dass Kardiologinnen und Kardiologen bisher ja sehr gut verdient hätten und man anderseits weiß, dass „Reformen“ im Gesundheitssektor ja schon seit Jahren keine wirklichen Reformen sind, sondern nach dem Prinzip „linke Tasche, rechte Tasche“ verfahren.

Zum Autor

Dr. Heribert Brück

Dr. Heribert Brück ist niedergelassener Kardiologe und Pressesprecher des BNK (Bundesverband Niedergelassener Kardiologen). In seiner Gemeinschaftspraxis in Erkelenz wurden seit rund 30 Jahren bereits über 50.000 Patientinnen und Patienten behandelt – und das mit dem Anspruch, nicht nur qualitativ hochwertige Medizin zu bieten, sondern den Menschen im Mittelpunkt zu sehen.

Dr. Heribert Brück, niedergelassener Kardiologe aus Erkelenz und Sprecher des Bundesverbandes niedergelassener Kardiologen (BNK).
Bildquelle: privat

Veränderung gehört dazu

 

Die Angst vor der bevorstehenden Änderung kann ich sogar nachvollziehen, hatte ich doch selbst ein ähnliches Gefühl am Anfang meiner Niederlassung. In Nordrhein wurde damals der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) geändert, wonach ein Wachstum nur noch jungen Praxen zugestanden wurde. Nach rechtlicher Beratung wurde mir zugesichert, dass ich demnach eine junge Praxis sei. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) sah das jedoch anders. Da ich völlig neu in dem Gebiet war, wo es vorher noch keinen Kardiologinnen und Kardiologen gab, mussten die Kolleginnen und Kollegen zunächst einmal „lernen“, dass man Patientinnen und Patienten auch in die kardiologische Praxis schicken kann, somit war ich zu diesem Zeitpunkt erst am Anfang und auf weiteres Wachstum angewiesen. 


Ich musste also gegen die KV klagen, verlor in der ersten Instanz und ging zur nächsten Instanz, was mein Anwalt mir damals nicht wirklich empfohlen hatte. Der Richter dort stellte zu Beginn fest, dass die Kollegin der Vorinstanz offensichtlich gar nicht verstanden hatte, worum es eigentlich ging, sondern nur die Interpretation der KV durchgewunken hatte. Im Laufe der Verhandlung kam es dann zu einem Vergleich und ich erhielt ca. drei Viertel des bis dahin nicht ausgezahlten Honorars (ein sechsstelliger Eurobetrag). Der Richter meinte zum Schluss noch, ich hätte diese Instanz bestimmt gewonnen, aber die KV wäre dann sicherlich zur nächsten Instanz gegangen, sie hatte ja nichts zu verlieren und konnte mit dem Geld der Kassenärztinnen und -ärzte, also auch mit meinem Geld, locker weiter gegen mich prozessieren.

 

Auch im weiteren Verlauf kam es immer wieder zu Änderungen des HVM oder des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM), was auf den ersten Blick auch immer deutliche Einbußen erwarten ließ. Letztlich ist es dann aber doch so gewesen, dass man mit einer kardiologischen Praxis durchaus sein Auskommen hatte. 
Ich erinnere mich daran, dass auch damals immer wieder nach Klagen gegen die Änderungen gerufen wurde; wenn aber eine Praxis gesucht wurde, der tatsächlich durch diese Maßnahmen die Insolvenz drohte, so gab es keine Rückmeldungen.

Flexibilität und Austausch wichtig

 

Man muss sowohl im GKV-Bereich als auch erst recht im PKV-Bereich kein Minusgeschäft machen, wenn man sich die gesamte Bilanz anschaut. Man muss wohl flexibel sein, eventuell auch Strukturen oder Vorgehensweisen ändern, sich vielleicht bezüglich der Abrechnung mal mit Kolleginnen und Kollegen oder externen Beraterinnen und Beratern besprechen. Als Hinweis darauf, dass dem tatsächlich so ist, werte ich auch das Interesse von externen Investoren an kardiologischen Praxen.

Insgesamt kann ich feststellen, dass die Niederlassung auch weiterhin eine Option ist, wenn man dies für sich ins Auge fasst, weil die positiven Aspekte überwiegen. Ich selbst bin trotz der aufgetretenen Ärgernisse und Wirren in all den Jahren immer gerne in die Praxis gefahren.


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