Politik-Update: GOÄneu, 5 zentrale BMG-Vorhaben und erweiterte Hybrid-DRGs

 

Der Berufspolitiker und Kardiologe Dr. Norbert Smetak berichtet regelmäßig im Interview mit Herzmedizin.de über aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitspolitik aus der Sicht der Niedergelassenen. Dieses Mal geht es um die priorisierten Vorhaben der neuen Bundesgesundheitsministerin, die neue Gebührenordnung (GOÄneu) und die für 2026 geplante Erweiterung der Hybrid-DRGs um kardiologische Leistungen.

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

08.07.2025

 

Bildquelle (Bild oben): K-i-T / Shutterstock.com

 

 

HERZMEDIZIN: Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat auf dem Hauptstadtkongress Ende Juni erklärt, sich zunächst auf 5 zentrale Reformvorhaben zu fokussieren: Stabilisierung von Kranken- und Pflegeversicherung, Krankenhausreform, Notfall- und Rettungsdienstreform, Primärarztsystem und Entbürokratisierung. Aus Ihrer Sicht die richtige Priorisierung?


Smetak: Zur Notfallreform gibt es schon einigermaßen konsentierte Modelle – bereits Herr Spahn hatte daran gearbeitet – und da drückt auch der Schuh in vielen Bereichen. Da ist es sicher nicht falsch, damit zu beginnen – zumal es als Blaupause hinsichtlich Patienten- und Prozesssteuerung dienen kann. Auch bei der Krankenhausreform ist bereits viel erfolgt. Herr Laumann (CDU) ist federführend für die Länder aktiv. Es ist sinnvoll, das zum Abschluss zu bringen. Die Einführung eines Primärarztsystems ist komplex und wird sicherlich Zeit in Anspruch nehmen.


Auf dem Hauptstadtkongress wurde viel über die katastrophale Situation der Krankenkassen diskutiert. Da noch mal die klare Forderung an die Politik: Versicherungsfremde Leistungen herausnehmen, Stichwort Bürgergeld und Corona-Hilfen – es wird einiges den Krankenkassen aufgelastet, das dort nichts zu suchen hat, das zulasten der Versorgung geht und durchaus 0,2 bis 0,4 Beitragspunkte ausmachen kann.


Wie gelingt eine bessere Steuerung im Gesundheitswesen, auch um Kosten einzusparen? Wie können wir teure medizinische Leistungen in Zukunft finanzieren? Das sind zentrale Fragen, die sich durch viele aktuelle Diskussionen ziehen, auch jenseits des Kongresses. Wir werden um eine gewisse Priorisierung nicht herumgekommen. Andere Länder wie UK oder die Niederlande haben teils sehr harte Modelle, wo festgelegt wird, wie viel ein gerettetes Lebensjahr kosten darf. Die Gesellschaft wird einen Konsens finden müssen, wie wir eine fortschrittliche und leistbare Therapie auf Dauer sicherstellen. Durch Nutzung von Einspar- und Effizienzpotenzialen sollte sich das für alle in sinnvolle und verträgliche Richtungen bringen lassen.

Nachverhandlungen zur Gebührenordnung

 

HERZMEDIZIN: Ende Mai wurde auf dem Deutschen Ärztetag in Leipzig dem Entwurf der neuen Gebührenordnung für Ärzte und Ärztinnen (GOÄneu) zugestimmt. DGK, BNK und ALKK (Arbeitsgemeinschaft Leitende Kardiologische Krankenhausärzte) hatten im Vorfeld „eine massive Abwertung“ vieler kardiologischer Leistungen durch die GOÄneu kritisiert und fordern Nachbesserungen im Rahmen von Clearing-Gesprächen mit der Bundesärztekammer (BÄK) und dem Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV), bevor der Entwurf an das BMG geht. Im Raum stehen beispielsweise Inflationsausgleich, Grundlohnsummensteigerung und Zeit- und Erschwerniszuschläge für komplexe Prozeduren. Gibt es hierzu bereits neue Entwicklungen?


Smetak: Es werden im Laufe des Spätsommers die zugesicherten Nachverhandlungen stattfinden. Ein Vorteil der neuen GOÄ ist, dass ohnehin regelmäßige Tagungen der sogenannten „Gemeinsamen Kommission“ aus BÄK und PKV vorgesehen sind, um Anpassungen vorzunehmen. Das war im Rahmen der bisherigen GOÄ nicht möglich. Zum Wirksamwerden bedarf es aber weiterhin einer Rechtsverordnung durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) mit Zustimmung des Bundesrats.

Zur Person

Dr. Norbert Smetak

Dr. Norbert Smetak ist niedergelassener Kardiologe in Kirchheim unter Teck. Der 66-Jährige ist seit vielen Jahren auf berufspolitischer Ebene in führenden Positionen bei unterschiedlichen Ärzteverbänden aktiv: Vorsitzender bei MEDI, Vorstandsmitglied beim Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands e. V. (SpiFa), Bundesvorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK) sowie Vizepräsident beim Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. (BDI).

Dr. Norbert Smetak, niedergelassener Kardiologe aus Kirchheim und Berufspolitiker
Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Insbesondere für den Bereich der invasiven Kardiologie muss bei der GOÄ nachgearbeitet werden. Es ist partiell unter dem Niveau des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) – und das ist nicht tragbar, weder für Niedergelassene noch für Kliniken.


Außerdem ist uns von kardiologischer Seite wichtig, eine jährliche Anpassung mitaufzunehmen, vorzugsweise einen Inflationsausgleich – da sind wir auch nicht allein, sondern das wird mit Sicherheit auch von den anderen Fachgesellschaften unterstützt und auch Mitglieder des neuen Gesundheitsausschusses zeigen sich offen für einen solchen Mechanismus. Wir haben im Schnitt jährlich 2 % steigende Kosten; im Gesundheitsbereich sind sie in den letzten Jahren sogar eher noch mehr gestiegen. Da braucht es einen Ausgleich, weil sonst mit der Zeit ein deutlicher Nettoverlust droht. Schließlich braucht es gute Fachkräfte und gute Geräte – wenn man sich das nicht mehr leisten kann, wird die Versorgung schlechter.

Niederlassung in bewegten Zeiten

 

HERZMEDIZIN: Was empfehlen Sie vor dem Hintergrund jungen Kolleginnen und Kollegen, die überlegen, eine Praxis zu gründen oder zu übernehmen?

 

Smetak: Es gibt Regionen, beispielsweise Großstädte wie München, wo die Raum- und Personalkosten sehr hoch sind. Dort arbeiten viele rein privatärztlich, und denen könnte die neue GOÄ größere Probleme bereiten. Da wurde bislang häufig mit dem 3,5-fachen Satz abgerechnet, künftig liegt man beim robusten Einfachsatz, der ungefähr dem 2,4-fachen entspricht – eine deutliche Abwertung.


Junge Kolleginnen und Kollegen sollten im Moment deshalb betriebswirtschaftlich genau kalkulieren, was eine Praxis wert ist, wie die Patientenstruktur aussieht. Es ist nicht so, dass man gar nichts mehr verdienen kann, aber die Bedingungen könnten sich spürbar ändern.


In anderen Regionen ist der 2,3-fache Satz der häufigere. Da wird sich im konservativen Bereich wenig verändern – ein leichtes Plus oder Minus oder gleichbleibend. Aber wer invasiv tätig ist, sollte sich auch hier genau überlegen, wo und wie er oder sie sich niederlässt – und ob auch eine solide GKV-Basis vorhanden ist. Der Privatanteil liegt bei Kardiologinnen und Kardiologen im Schnitt bei etwa 30 %, variiert jedoch regional und liegt zum Beispiel in den östlichen Bundesländern teils deutlich niedriger.


Die neue GOÄ kommt frühestens 2027 zum Tragen. Wir kämpfen in den Nachverhandlungen für Nachbesserungen, aber wer jetzt startet, sollte mögliche Änderungen schon mitdenken und vorausschauend planen.

Ab 2026 kardiologische Hybrid-DRGs geplant

 

HERZMEDIZIN: Ende April haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Krankenkassen eine deutliche Erweiterung der Hybrid-DRGs für 2026 durchgesetzt, darunter kardiologische Leistungen: diagnostische und therapeutische Interventionen an den Herzkranzgefäßen sowie elektrophysiologische Untersuchungen am Herzen inklusive ablativer Maßnahmen. DGK, BNK und ALKK haben am 24. Juni kritisch Stellung genommen. Können Sie uns die wesentlichen Punkte kurz erläutern? Wie wird es weitergehen?


Smetak: In einer gemeinsamen Stellungnahme von DGK, ALKK und BNK hatten wir vor allem auf das Problem der Sachkosten aufmerksam gemacht und gemeinsam eine separate extrabudgetäre Vergütung eingefordert. Der ergänzte erweiterte Bewertungsausschuss hat am 3. Juli getagt und es wurden wohl die meisten vorgesehenen Hybrid-DRGs akzeptiert. Jetzt stehen die Berechnungen bezüglich der Vergütungen an, die dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) als Aufgabe übertragen wurden. Hier hoffen wir, dass alle Strukturen der DGK am Ende einigermaßen zufrieden sind.


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