Dr. Smetak zu Protestaktionen beim Ärztetag und mehr

 

Der Berufspolitiker und Kardiologe, Dr. Norbert Smetak, berichtet regelmäßig im Interview mit Herzmedizin.de über aktuelle Entwicklungen in der Gesundheitspolitik aus der Sicht der Niedergelassenen. Dieses Mal geht es um Entbudgetierung, Gesetzesentwürfe, fehlende klare Konzepte und mangelnde Wertschätzung. Außerdem erklärt  Dr. Smetak, warum der MEDI-Verband mit dem Korbmodell droht, und kündigt weitere Protestaktionen beim Ärztetag an.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

25.04.2024

 

Bildquelle (Bild oben): K-i-T / Shutterstock.com

 

 

 

 

   

HERZMEDIZIN: In unserem letzten Interview im Januar hatten Sie neue Gespräche zum Thema Entbudgetierung der Fachärzte gefordert - wie ist hier der Stand?


Smetak: Prof. Lauterbach hat inzwischen zugestanden, auch für Fachärztinnen und -ärzte etwas zu unternehmen – im Sinne der Entbudgetierung. Im Gespräch sind 3 Punkte: zum einen eine Entbudgetierung bei Hausarztüberweisungen, zum anderen eine Entbudgetierung der Behandlungen von Patientinnen und Patienten in sozialen Brennpunkten und drittens eine Mindestauszahlung von 90 %.

Die Entlastung der Fachärzte wurde versprochen

 

Im Moment warten wir allerdings noch auf die Entbudgetierung der Hausärzte - im weiteren Verlauf soll die der Fachärzte hinzukommen. Das sind die jetzt anhängenden Dinge, die als Entlastung anstehen. Darüber hinaus wird es eine kleine zusätzliche Entlastung bei den Regressen geben. Es wird eine Bagatellgrenze eingeführt für Regressforderung bis zu 300 Euro. Und was immer versprochen wird, aber nie eintritt, ist eine Entlastung von Bürokratie. Immer wenn dieses Versprechen kommt, wird es eher mehr Bürokratie. Wir warten gespannt, was da kommen soll.


HERZMEDIZIN: Sind erstmal keine weiteren Aktionen Ihrerseits geplant?


Smetak: Doch, natürlich - wir werden eine große Protestaktion zum Ärztetag durchführen. Zur Eröffnung des Ärztetages am 07.05. werden wir den Herrn Minister empfangen, freundlich, aber bestimmt, und unsere Forderungen nochmals bestärken. Denn bisher wurden diese noch nicht erfüllt. Um diesen Zeitpunkt herum werden die Gesetze, die zur Entlastung führen sollen, erstmalig ins Kabinett zur Beratung kommen. Erst danach gehen die Gesetze den normalen politischen Weg über Anhörungen und entsprechende Lesungen. Wir möchten den Druck aufrechterhalten, so dass tatsächlich auch sinnvoll ungesetzt wird, was uns versprochen wurde.

Den Druck hochhalten

 

Wir werden danach schauen, was tatsächlich in den Referentenentwürfen steht und inwieweit die Fachärzte dort auftauchen. Außer den Bagatellgrenzen handelt es sich bisher nur um mündliche Zusagen. Zuletzt auf dem SpiFa-Fachärztetag wurde vom Minister nochmals versprochen, auch etwas für Fachärzte zu tun.


HERZMEDIZIN: Vor kurzem wurde der Entwurf des Krankenhausreformgesetzes an die Verbände verschickt. Der MEDI-Verband drohte daraufhin mit dem Korbmodell. Können Sie uns erklären, was dahintersteckt?

 

Smetak: In diesem Gesetz ist jetzt eine Öffnung der Krankenhausambulanzen vorgesehen, auch für hausärztliche Strukturen. In den früheren Entwürfen des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) wurden ja viele Dinge in den Raum gestellt, wie Gesundheitskioske, Primärversorgungszentren, etc. - alles Dinge, die sehr viele Kosten verursachen, aber die Versorgung nicht verbessern.
Daher ist unsere Antwort: „Wenn ihr überhaupt nicht erkennt, dass dringend Nachregulierungsbedarf im Sinne von Steuerung im System und auch entsprechend der Beachtung der notwendigen Unterstützung der Haus- und Facharztpraxen besteht, dann können wir unsere Kolleginnen und Kollegen nicht mehr davon überzeugen, in der Versorgung zu bleiben. Und dann werden wir den Sicherstellungsauftrag zurückgeben.“ Wir haben einen sogenannten Sicherstellungsauftrag, der beinhaltet, dass die ambulante Versorgung von den KVen geregelt ist.

Das Korbmodell ist keine leere Drohung

 

Das Korbmodell ist nichts anderes als das man sagt: „Wenn ihr die ambulante Versorgung in keinster Weise so unterstützt, wie es notwendig ist, dann sehen wir uns nicht mehr in der Lage, diese aufrecht zu halten und geben unsere Zulassung zurück.“ Wenn mehr als 50 % der Zulassungen zurückgegeben sind, erlischt der Sicherstellungsauftrag. Wir könnten dann nur noch privatärztliche Leistungen abrechnen. Das Korbmodell ist keine leere Drohung. Vor gut 10 Jahren wurde das Modell schon einmal in Bayern und auch in Baden-Württemberg in Erwägung gezogen. Das ist sicherlich eine harte Drohung, aber nicht ohne Substanz.

Unsere Geduld ist am Ende

 

Leider hat man den Eindruck, das es niemanden interessiert, dass die Geduld der Kolleginnen und Kollegen inzwischen am Ende ist. Arbeitet halt mehr, das war die Devise des vdek. Und dann gab es einen Spruch von Herrn Laumann in der Pandemiezeit, dass wir impfen sollen, statt Golf zu spielen. Das zeigt immer wieder, dass die Wertschätzung fehlt. Da wir kein Streikrecht haben, müssen wir jetzt zu Maßnahmen greifen, die eventuell drastisch, aber doch effektiv sind.


HERZMEDIZIN: Was sind die weiteren Schritte?


Smetak: Die hängen jetzt tatsächlich von den Entscheidungen der Politik ab. Im Koalitionsvertrag wurde die Entbudgetierung versprochen, aber bisher immer noch nicht umgesetzt. Wenn man uns immer wieder hinhält, dann erzeugt es kein Vertrauen in die Politik. Und dann müssen wir eben zu härteren Maßnahmen greifen - es bleibt nichts anders übrig.

Wir warten auf Nachbesserungen

 

Außerdem wissen wir noch gar nicht, wie es mit der ambulanten Versorgung weitergehen soll. Das hängt von der Krankenhausreform ab. Viele Fragen sind noch offen: Welche Krankenhäuser bleiben und welche nicht? Was passiert mit der Hybrid-DRG und mit früheren Level 1i-Krankenhäusern? Solange es kein klares Konzept gibt, wo wir uns gemeinsam wiederfinden, Hausärzte, Fachärzte und Klinikärzte, können wir nicht Ruhe geben.


HERZMEDIZIN: Karl Lauterbach hat gerade das neue Gesundes-Herz-Gesetz vorgestellt. Was halten Sie davon?


Smetak: Da stehe ich positiv gegenüber. Wir brauchen unbedingt mehr Beachtung der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die nationale Herz-Allianz (NHA) geht auch in diese Richtung. Nicht zuletzt dank der Aktivitäten der DGK erhalten Herz-Kreislauf-Erkrankungen inzwischen viel mehr Aufmerksamkeit. Ich denke, da sind wir auf dem richtigen Weg.


HERZMEDIZIN: Welche weiteren heißen Eisen gibt es Ihrer Ansicht nach in der Gesundheitspolitik?


Smetak: Das Cannabis-Gesetz ist meiner Meinung nach nicht sinnvoll für das Gesundheitswesen. Cannabis ist schädlich für unsere Patientinnen und Patienten, insbesondere für unsere Jugend. Das Argument, Alkohol ist auch frei zugänglich, zählt für mich nicht. Laut dieser Argumentationskette müsste auch die Freigabe von Kokain und Heroin erfolgen - nach der Devise „Drogen sind nicht so schlimm“ oder „es muss jeder selbst wissen“. Außerdem gibt es das dringende Problem der Steuerung, im Sinne von: Man muss den Patientinnen und Patienten die Wege im Gesundheitssystem aufzeigen und die Frage, wie können wir die Versorgung aufrechterhalten? Das sind bewegende Themen, die auch auf dem Ärztetag eine sehr wichtige Rolle spielen werden.


HERZMEDIZIN: Zuletzt möchten wir Ihnen zu der goldenen Ehrennadel der DGK gratulieren. Was waren die größten Veränderungen in den letzten 30 Jahren?


Smetak: Herzlichen Dank. Die wesentlichen Veränderungen waren, dass eine sinnvolle Weiterentwicklung der Kommunikation unter den verschiedenen Ebenen stattgefunden hat. Als ich angefangen habe, gab es eine universitär betonte Sichtweise und die Berufspolitik wurde eher als negativ behaftet angesehen. Das hat sich inzwischen gewandelt: Man hat erkannt, dass man politisch aktiv werden muss, wenn man die Herz-Kreislauf-Medizin verbessern will. Diese Entwicklung wurde durch den BNK angestoßen und hat der DGK gutgetan. Inzwischen bewegen sich BNK, ALKK und universitäre Strukturen auf einem sehr partnerschaftlichen Niveau. Am meisten beeindruckt hat mich aber Frank Sonntag, der auch die goldene Ehrennadel erhalten hat. Frank Sonntag hat erreicht, dass die ambulante Medizin ihren Niederschlag in der DGK gefunden hat. Daher gebührt ihm die größte Ehre und mir nur die Ernte jetzt nach den 30 Jahren.



Zur Person

Dr. Norbert Smetak

Dr. Norbert Smetak ist niedergelassener Kardiologe und seit vielen Jahren berufspolitisch aktiv. Der 65-Jährige gilt bundesweit als sehr erfahrener und anerkannter Berufspolitiker. Dr. Norbert Smetak engagiert sich in zahlreichen Verbänden: Er ist Vorsitzender des fachübergreifenden Ärzteverbands MEDI, Vorstandsmitglied beim Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e. V. (SPIFA), Bundesvorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK) sowie Vizepräsident beim Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e. V. (BDI). Außerdem praktiziert Dr. Norbert Smetak auch weiterhin in seiner internistisch-kardiologischen Praxis in Kirchheim.

Dr. Norbert Smetak, niedergelassener Kardiologe aus Kirchheim und Berufspolitiker
Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Hier gelangen Sie zu den weiteren Interviews mit Dr. Norbert Smetak:
Drohende Versorgungslücke bei Fachärzten

Fachärztinnen und Fachärzte fordern Entlastungen

 

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