Lauterbach: Wir brauchen die Expertise der Kardiologie

Unzufriedenheit mit der Performance der modernen Medizin und ihrer Möglichkeiten hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach am Donnerstag bei der Eröffnung der 89. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) artikuliert. Eine zentrale Rolle zur Verbesserung von Outcome und Qualität spiele die Kardiologie – und die von der Fachgesellschaft initiierte „Nationale Herz-Allianz“ sei die richtige Antwort darauf. Die Politik benötige dringend den professionellen Input aus der Ärzteschaft, so der Wunsch des Ministers.

Von Helmut Laschet

 

12.04.2023

„Die Kardiologie gehört zu den Schlüsseldisziplinen, wenn es um den Gesundheitszustand der Bevölkerung geht“, so Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach in einer Videobotschaft zur Eröffnung des 89. Kardiologie-Kongresses in Mannheim. „Ich habe die Schirmherrschaft für Ihre Jahrestagung gern übernommen, vor allem, um daraus etwas zu machen“, betonte der Minister. Nach wie vor seien Herz-Kreislauf-Erkrankungen – noch vor Krebs – die bedeutsamste Todesursache und zugleich auch Ursache für hohen Leidensdruck.

 

Die Entwicklung der Versorgung sieht Lauterbach kritisch: „Wir waren in den letzten zehn Jahren nicht so erfolgreich wie wir es hätten sein können.“ Trotz in den 2000er Jahren eingeführter neuer Instrumente zum Ausbau von Prävention und Disease-Management-Programmen sowie erheblicher Fortschritte in der Forschung sei die reale Versorgung von „Underperformance“ gekennzeichnet: unterdurchschnittliche Zunahme der Lebenserwartung und vor allem Verlust an gesunden Lebensjahren. Gründe dafür seien Mängel in der Prävention und deren Inanspruchnahme, aber auch suboptimale Therapie in Kombination mit schlechter Ernährung und einem immer noch zu hohen Tabakkonsum.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sprach auf der 89. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Bildquelle: Karl Lauterbach

Lob für die Nationale Herz-Allianz

Die von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie ins Leben gerufene Nationale Herz-Allianz sei darauf die geeignete Antwort und setze das „richtige Signal“, so Lauterbach. Gerade die Pandemie, die Erkrankungen an Corona und Long-Covid habe die Vulnerabilität bestimmter Patientengruppen, darunter insbesondere diejenigen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit aller Deutlichkeit gezeigt.

 

Den Rückstand Deutschlands beim medizinischen Outcome im internationalen Vergleich – etwa zu skandinavischen Ländern – sieht Lauterbach nicht allein aufgrund lebensstilbezogener Risiken wie Rauchen, Fehlernährung oder Bewegungsmangel. „Da muss eine weitere Lücke aufgeklärt und geschlossen werden, insbesondere im Bereich der Sekundärprävention“, mahnte Lauterbach. Notwendig seien neue innovative Ansätze: Das gelte etwa für die Gesundheitsuntersuchung ab dem 35. Lebensjahr, die nur zu etwa 50 Prozent in Anspruch genommen werde und die – bei Aufdeckung kritischer Ergebnisse – zu oft ohne Konsequenzen bleibe. Unterbehandlung sieht Lauterbach auch hinsichtlich Hypertonie, Fettstoffwechselstörungen und Entzündungen – langfristig mit erheblichen negativen Auswirkungen auf alle Zweige der Sozialversicherung und Benachteiligungen für sozioökonomisch schlechter gestellte Menschen. Den Kardiologinnen und Kardiologen gebühre ausdrücklich Dank, dass sie diese Probleme benennen.

 

Die von der Regierungskoalition geplanten Reformen sollen diese Underperformance adressieren: die unzulängliche Kommunikation und Stringenz in der Versorgung, Fehlsteuerungen und Ressourcenverschwendung in der Notfallversorgung, Rückstand bei der Digitalisierung und der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und deren Nutzung.

 

Konkret in Planung seien dazu eine „große Digitalreform“ sowie ein Gesundheitsdatennutzungsgesetz (GDNG), mit denen die Bedingungen sowohl für die Versorgung als auch für die Forschung deutlich verbessert werden sollen. „Dazu benötigen wir als Politik und Gesetzgeber dringend den Input der Medizin“, forderte Lauterbach.

 

Insbesondere bedürfe es auch neuer Initiativen für die Prävention. Es sei zum Beispiel nicht akzeptabel, dass es keine Strategie zur Detektion. Der angeborenen Hypercholesterinämie gebe. Die von der Kardiologie initiierte Nationale Herz-Allianz könne dafür eine Arbeitsplattform sein.


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