Telemonitoring bei Herzinsuffizienz: Stand der Versorgung

 

Das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz wurde 2022 in die Regelversorgung aufgenommen. Eine Mitglieder-Befragung durch den Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e.V. (BNK) gibt erstmals einen detaillierten Einblick zur aktuellen Versorgungsrealität. Die Ergebnisse veröffentlichten PD Dr. Ralph Bosch (Ludwigsburg), Dr. Norbert Smetak (BNK) und Simon Glück (BNK Service) kürzlich in der Fachzeitschrift „Aktuelle Kardiologie“.1

Von:

Martin Nölke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

15.10.2025

 

Bildquelle (Bild oben): Sina Ettmer Photography / Shutterstock.com

Die Digitalisierung bietet neue Möglichkeiten für eine strukturierte Versorgung von Personen mit chronischen Erkrankungen, so die Autoren. Besonders bei Herzinsuffizienz gewinne das Telemonitoring rasch an Relevanz. Klinische Studien wie TIM-HF2 und IN-TIME zeigen, dass die kontinuierliche telemedizinische Überwachung die Hospitalisierungsraten und die Mortalität signifikant senkt. Das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz (TM-HI) ist seit 2022 als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anerkannt und damit fester Bestandteil der ambulanten Regelversorgung in Deutschland.

BNK-Umfrage: Wie wird Telemonitoring in der Praxis umgesetzt?

 

Trotz des schnellen Ausbaus dieser Versorgungsform war bislang wenig über die tatsächliche Umsetzung in den kardiologischen Praxen bekannt. Der Bundesverband Niedergelassener Kardiologen e.V. (BNK) hat daher im Zeitraum Juli bis September 2024 eine Online-Befragung unter rund 1.200 Kardiologinnen und Kardiologen durchgeführt. Die Erhebung liefere erstmals belastbare Daten zur Telemedizin-Struktur in der Kardiologie und zur Versorgungsrealität der Telemedizinzentren (TMZ). Die standardisierte Umfrage umfasste geschlossene und offene Fragen zu Struktur und Betrieb von TMZ, Umfang und Art der Patientenversorgung, den organisatorischen Rahmenbedingungen, Softwarelösungen und Vergütungsmodellen. 

Ergebnisse: Heterogene TMZ-Landschaft in Deutschland

 

Von den kontaktierten Mitgliedern nahmen 201 Kardiologinnen und Kardiologen teil (Rücklaufquote: 16,8 %); 177 Datensätze konnten vollständig ausgewertet werden. Es zeigt sich ein heterogenes Bild, wie die Autoren feststellen.

 

Strukturen der Telemedizinzentren

 

51,4 % der Befragten agieren als TMZ-Kardiologinnen und -Kardiologen, die meisten zugleich als primär behandelnde Ärztinnen und Ärzte (PBA).

 

Nur 4,5 % sind ausschließlich als PBA tätig.

 

Betreuungsumfang

 

Etwa 45 % der TMZ versorgen <50 Patientinnen und Patienten im Rahmen des TM-HI.

 

Nur 26 % betreuen >100 Personen.

 

Die Autoren werten die Zahlen als Hinweis auf eine unterschiedliche Ressourcenverfügbarkeit und verschiedene Entwicklungsstufen.

 

Technologieeinsatz

 

Es findet eine breite Nutzung von implantierbaren Aggregaten wie ICD, CRT sowie von externer Sensorik statt.

 

Einige TMZ spezialisieren sich auf eine dieser Methoden.

 

Patientenkommunikation

 

Die meisten TMZ-Kardiologinnen und -Kardiologen kontaktieren ihre Patientinnen 1–3-mal pro Monat.

 

Höhere Kontaktfrequenzen sind die Ausnahme.

 

Wahrgenommene Vorteile

 

93,4 % der Befragten sehen eine Reduktion von Krankenhausaufenthalten durch das TM-HI.

 

92,3 % versprechen sich eine verbesserte Versorgungsqualität.

 

Es folgen als weitere potenzielle Vorteile die Reduktion der Mortalität (76,9 %), eine allgemein optimierte Therapie (74,7 %) und mit deutlichem Abstand eine stärkere Patientenbindung (38,5 %)

Herausforderungen: Finanzielle, organisatorische und technische Hürde

 

Die Autoren identifizieren mehrere Problemfelder:

 

  • Wenig Kooperation mit externen Ärztinnen und Ärzten: Nur 29,7 % der TMZ arbeiten mit externen PBA zusammen. 68,1 % bewerten deren Vergütung als unzureichend – „eine zentrale Barriere für kooperative Versorgungsstrukturen“.
  • Personalmangel: Besonders kleinere TMZ sind knapp mit nichtärztlichem Fachpersonal besetzt – ein Problem für Qualitätssicherung und Skalierung.
  • Technische Fragmentierung: Marktführende Softwareanbieter begrenzen die Flexibilität. Die Interoperabilität und Schnittstellenstandards müssen verbessert werden.
  • Erschwernisse trotz Offenheit: 82,5 % der Befragten zeigen grundsätzlich Offenheit für zusätzliche digitale Tools. Die Nutzung werde aber durch mangelnde Vergütung, hohen Zeitaufwand und Personalknappheit gebremst.

Limitationen

 

Die Autoren weisen auf verschiedene Limitationen bei der Erhebung hin. So bezieht sich die Befragung ausschließlich auf Mitglieder des BNK und ist daher möglicherweise nicht repräsentativ für die gesamte Versorgungsrealität. Ein Selektions-Bias ist wahrscheinlich, da vor allem bereits aktive oder für die Zukunft interessierte TMZ-Kardiologinnen und -Kardiologen zur Teilnahme geneigt haben dürften. Zudem fehlen bislang Verlaufsdaten in einem sich noch stark entwickelnden Versorgungsbereich.

Mögliche Weiterentwicklung der Versorgung

 

Die Ergebnisse der BNK-Befragung bestätigen die rasche Etablierung des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz im Versorgungsalltag zahlreicher kardiologischer Praxen. Gleichzeitig werde deutlich, dass finanzielle, technische und organisatorische Faktoren limitierend wirken. Die Autoren verweisen auf die hohe Krankheitslast durch chronische Herzinsuffizienz und den nachgewiesenen klinischen Nutzen des Telemonitorings und empfehlen folgende Ansatzpunkte für eine strukturierte Weiterentwicklung des TM-HI:

 

  • Anpassung und Evaluation der Vergütungsmodelle, insbesondere zur Stärkung der PBA-Rolle
  • Förderung interoperabler, flexibler Softwaresysteme, die hybride Monitoringansätze unterstützen
  • Ausbau regionaler und überregionaler Versorgungsnetzwerke, insbesondere zur Einbindung kleinerer TMZ
  • Gezielte Qualifizierungsmaßnahmen für ärztliches und nichtärztliches Fachpersonal
  • Ausweitung des Anwendungsbereichs auf andere kardiale Devices und Krankheitsbilder (z. B. ILR, PA-Drucksensoren, Herzrhythmusstörungen)

 

Die Autoren resümieren, dass durch gezielte Maßnahmen in den Bereichen Technologie, Organisation, Personal und Vergütung die Leistungsfähigkeit der TMZ und die Kooperation zu den PBA verbessert werden könne, um dadurch eine optimierte flächendeckende, noch hochwertigere Versorgung zu generieren.


Referenzen

  1. Bosch R, et al. Struktur und Umsetzung des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz in Deutschland. Ergebnisse einer aktuellen Befragung der Mitglieder des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen e. V. (BNK). Aktuel Kardiol 2025; 14: 390–398. DOI 10.1055/a-2666-360

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