Trikuspidalinsuffizienz: Bei Frauen mit HFpEF ein besonderes Risiko

 

Die Trikuspidalklappe wird in der kardiovaskulären Forschung immer wichtiger – und das aus gutem Grund: Eine aktuelle prospektive Studie der Charité Berlin, veröffentlicht im Heart Journal, zeigt, dass Frauen mit Herzinsuffizienz deutlich häufiger an einer relevanten Trikuspidalinsuffizienz (TI) leiden als Männer, insbesondere bei erhaltener Ejektionsfraktion (HFpEF). Welche Implikationen sich aus den wesentlichen Ergebnissen der Studie ergeben.

Von:

Dr. Nina C. Wunderlich 

Rubrikleiterin Women in Cardiology

 

Dr. Nihal Wilde

Bundeswehrkrankenhaus Koblenz

 

19.08.2025

 

Bildquelle (Bild oben): PeopleImages.com / Yuri A / Shutterstock.com

 

Erstmals werden prospektive Daten zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Prävalenz, Ätiologie und Prognose der TI bei Herzinsuffizienz bereitgestellt. Die vor kurzem veröffentlichte Arbeit der Charité Berlin legt nahe, dass insbesondere Frauen mit HFpEF und schwerer TI ein stark erhöhtes Sterberisiko haben. Diese Einsichten machen es notwendig, geschlechtsspezifische Aspekte in Diagnostik, Verlaufsbeurteilung und Therapieplanung stärker zu berücksichtigen.

Hintergrund

 

Die Trikuspidalinsuffizienz (TI) ist eine häufige und prognostisch relevante Begleiterscheinung bei Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz. Frühere Studien deuteten auf eine höhere Prävalenz der TI bei Frauen hin, jedoch fehlten bisher prospektive Daten zur geschlechtsspezifischen Prognose, insbesondere differenziert nach Herzinsuffizienz-Phänotypen (HFpEF vs. HFrEF).

Studiendesign

 

Im Kontext eines prospektiven Registers (NCT04570098) wurden zwischen 2020 und 2022 an der Charité Berlin 1012 Personen mit Herzinsuffizienz untersucht (38 % Frauen). Die Kohorte wurde basierend auf der linksventrikulären Ejektionsfraktion in 2 Gruppen unterteilt: HFrEF (<50 %) und HFpEF (≥50 %). Der echokardiographischen Klassifizierung von TI-Schweregrad und -Ätiologie folgte eine 12-monatige Nachverfolgung der Patientinnen und Patienten. Ein Propensity-Score-Matching wurde durchgeführt, um die durch Komorbiditäten verursachten Verzerrungen zu verringern.

Wesentliche Ergebnisse

 

TI-Prävalenz:

 

  • Frauen mit Herzinsuffizienz hatten signifikant häufiger eine mindestens moderate TI (42 %) im Vergleich zu Männern (29 %).
  • Die TI-Ätiologie war numerisch unterschiedlich (mehr CIED-assoziierte TI bei Männern), jedoch nicht signifikant zwischen den Geschlechtern.

 

Prognostische Relevanz:

 

  • Frauen mit HFpEF: Schwere TI war mit einem signifikant erhöhten Sterberisiko assoziiert (HR 2,341; p=0,032).
  • Männer mit HFrEF: Auch bei ihnen ist die Prognose bei schwerer TI schlecht (HR 3,163; p<0,001).
  • In den umgekehrten Gruppen (Frauen mit HFrEF, Männer mit HFpEF) war lediglich ein nicht-signifikanter Trend zu beobachten.
  • Bei beiden Geschlechtern führte schwere TI zu einer erhöhten Hospitalisationsrate, jedoch war ein signifikanter Zusammenhang mit kardiovaskulären Hospitalisierungen nur bei Männern feststellbar.

Geschlechterspezifische Relevanz und Implikationen

 

Diese Studie liefert erstmals prospektive Belege dafür, dass die Präsenz einer TI bei Frauen mit HFpEF einen eigenen Prädiktor für Mortalität darstellt – ein Ergebnis, das klinisch wie therapeutisch zu berücksichtigen ist. Besonders zu betonen ist:

 

  • Frauen mit HFpEF bilden eine wesentliche Zielgruppe für die frühzeitige Diagnostik und potenzielle interventionelle Behandlung der TI.
  • Der Effekt zeigte sich unabhängig von Alter und Komorbiditäten, was auf eine mögliche pathophysiologische Geschlechterspezifik hinweist.
  • Die gegenwärtige Studienlage zeigt, dass interventionelle TI-Therapien häufiger bei Frauen und HFpEF angewendet werden – diese Studie untermauert diesen Ansatz mit Evidenz.

Fazit 

 

Diese Arbeit hebt hervor, wie wichtig es ist, die Diagnostik und Therapie der TI bei Herzinsuffizienz geschlechtersensitiv zu gestalten. Frauen mit HFpEF und schwerer TI haben ein erhöhtes Risiko und sollten gezielt in Follow-up und Therapieentscheidungen eingebunden werden.

Zur Autorin

Dr. Nina C. Wunderlich

Dr. Nina C. Wunderlich ist eine international anerkannte Expertin auf dem Gebiet der interventionellen Bildgebung. Ihr Schwerpunkt liegt auf der echokardiographischen Begleitung und Bildgebung bei Kathetereingriffen am Herz. Sie hat zahlreiche wissenschaftliche Publikationen zu diesem Thema veröffentlicht und gilt als renommierte Referentin und Meinungsführerin in diesem Bereich.

Prof. Tommaso Gori

Zur Autorin

Dr. Nihal Wilde

Dr. Nihal Wilde ist Oberfeldärztin und Klinische Direktorin der Klinik für Innere Medizin IA am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz. Zu den Schwerpunkten der Internistin, Kardiologin und Intensivmedizinerin zählen moderne interventionelle Therapiemethoden.


Referenzen

 

Mattig I, et al. Sex differences in the prevalence and prognosis of tricuspid regurgitation among patients with heart failure. Heart. Published online July 24, 2025. doi:10.1136/heartjnl-2025-325913

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