Nasenspray kann Herzrasen frühzeitig stoppen

Laut einer aktuellen Studie kann ein Nasenspray dabei helfen, Herzrasen frühzeitig zu stoppen. Das Medikament mit dem Wirkstoff Etripamil trägt bei Patienten und Patientinnen, die ab und zu unter Herzrasen leiden, dazu bei, dass sich die Herzfrequenz wieder normalisiert. Die Zulassung des Mittels wurde jetzt in den USA beantragt. 

Von Jana Kolbe

 

07.11.2023

 

Bildquelle (Bild oben): iStock/AegeanBlue

Wenn das Herz rast, sprechen Experten und Expertinnen von einer sogenannten Tachykardie. Ein gesundes Herz schlägt in Ruhe etwa 60- bis 80-mal in der Minute. Steigt die Herzfrequenz ohne körperliche Belastung plötzlich auf über 100 Schläge pro Minute, spricht man von Herzrasen. Eine Unterform der Erkrankung ist die sogenannte paroxysmale supraventrikuläre Tachykardie, bei der das Herz zwar regelmäßig schlägt, jedoch zwischen 160 bis 220 Schläge pro Minute macht. Diese Herzrhythmusstörung kommt häufig bei jungen Menschen vor und ist eher unangenehm als gefährlich, da sie plötzlich beginnt und zu Kurzatmigkeit oder Brustschmerzen führen kann, aber auch plötzlich wieder stoppt.

 

Die aktuelle Studie NODE-302 zeigt nun, dass ein Nasenspray mit dem Wirkstoff Etripamil das plötzliche Herzrasen von Patienten und Patientinnen mit paroxysmaler supraventrikulärer Tachykardie schnell stoppen kann. Das Medikament zählt zu einer bestimmten Gruppe der sogenannten Calciumantagonisten, die ein aus dem Takt geratenes Herz wieder in den ursprünglichen Rhythmus zurückversetzen können. Laut den Forschern und Forscherinnen normalisierte das Nasenspray die Herzfrequenz in 60,2 Prozent der Fälle innerhalb von 30 Minuten und in 75,1 Prozent der Fälle innerhalb einer Stunde. Die Studie zeigte, dass das Etripamil-Nasenspray die Dauer der Attacken im Vergleich zu einer Gruppe mit einem Scheinmedikament (Placebo) deutlich verkürzte. Laut den Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen wird das Medikament als gut verträglich eingestuft. Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören eine verstopfte oder laufende Nase, zu schweren Nebenwirkungen sei es nicht gekommen.

 

Warum wäre ein Nasenspray gegen Herzrasen ein Durchbruch?

Ein Nasenspray könnte die Behandlung von Herzrasen für Patienten und Patientinnen deutlich vereinfachen, da sie sich ohne ärztliche Aufsicht selbst behandeln können. In der Fachzeitschrift Journal of the American Heart  berichten die Forscher und Forscherinnen, dass es während der Studie zu keinen unerwünschten Ereignissen kam und die meisten Teilnehmer und Teilnehmerinnen in der Lage waren, Herzrasen korrekt zu erkennen und das Medikament sicher anzuwenden.

 

Da das Medikament über die Nasenschleimhäute schnell aufgenommen wird, gerät es innerhalb kürzester Zeit in den Blutkreislauf und kann die Beschwerden laut der Studie deutlich früher stoppen als bei Teilnehmern und Teilnehmerinnen, die ein Placebo-Nasenspray erhielten. Bei ihnen endete das vorübergehende Herzrasen auf natürliche Weise, was aber deutlich länger dauerte.

 

Wie weit ist das Zulassungsverfahren für Etripamil gegen Herzrasen?

Der Hersteller des Nasensprays, das kanadische Unternehmen Milestone, gab Ende Oktober 2023 bekannt, dass ein Zulassungsantrag für das Medikament bei der amerikanischen Arzneimittelbehörde, der U.S. Food and Drug Administration (FDA), eingereicht wurde. Laut Hersteller dürfte es noch etwa ein Jahr dauern, bis die Prüfung durch die FDA abgeschlossen ist. Erst wenn dies erfolgreich verlaufen ist, kann das Mittel bei Patienten und Patientinnen zum Einsatz kommen.

 

Bereits im Jahr 2020 hatten Forscher und Forscherinnen die Ergebnisse einer ersten Studie NODE-301 veröffentlicht, in der das Medikament die Erwartungen zunächst nicht erfüllen konnte. Etripamil hatte zwar bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern gegen das Herzrasen gewirkt. Der Effekt war aber erst nach Ablauf von fünf Stunden mit einer Gruppe von Patientinnen und Patienten verglichen worden, die ein Scheinmedikament (Placebo) ohne Wirkung erhalten hatten. Da das Herzrasen in der Regel nach einer Weile auch ohne Behandlung verschwindet, waren sowohl in der Gruppe mit dem Nasenspray als auch in der Placebo-Gruppe etwa drei von vier Personen ohne Beschwerden. Ein signifikanter Vorteil durch das Nasenspray war nicht festzustellen.

 

Später zeigte sich jedoch in einer Analyse, dass die Dauer des Herzrasens durch das Nasenspray bei vielen Patientinnen und Patienten verkürzt worden war. Daraufhin wurde die Anschlussstudie RAPID angesetzt, in der untersucht wurde, ob das Nasenspray tatsächlich schnell gegen Herzrasen wirkt und dabei sicher ist. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erhielten wiederum entweder ein Scheinmedikament oder Etripamil. Anders als in der ersten Studie durften sie eine zweite Dosis sprühen, falls das Herzrasen nach zehn Minuten noch nicht verschwunden war. Das Ergebnis: Bei etwa zwei Drittel der Betroffenen (64 Prozent) stoppte das Nasenspray das Herzrasen, im Mittel vergingen bis dahin etwa 17 Minuten. In der Gruppe mit dem Placebo verschwand das Herzrasen nur bei knapp einem Drittel (31 Prozent) und es vergingen bis dahin rund 54 Minuten.

 

Diese Ergebnisse wurden in der jetzt veröffentlichten Erweiterungsstudie NODE-302 nochmals bestätigt. Sie machen Hoffnung, dass das Nasenspray doch noch für Betroffene von Herzrasen zugelassen und somit die Behandlung für Patienten und Patientinnen deutlich einfacher werden könnte.

 

Wie wird das vorübergehende Herzrasen bislang behandelt?

Bisher wird bei vorübergehendem Herzrasen das sogenannte Valsalva-Manöver empfohlen, um das Herz wieder in den richtigen Takt zu bringen. Dabei handelt es sich um eine Atemtechnik, bei der die Nase zugehalten und der Mund zusammengekniffen wird. Durch die Anspannung der Atemmuskulatur wird Druck aufgebaut, wodurch das Herzrasen stoppt.

 

Hilft die Atemtechnik nicht, werden die Beschwerden derzeit mit Medikamenten behandelt, die intravenös in der Notaufnahme verabreicht werden müssen. Bei Patienten und Patientinnen, die häufiger unter Herzrasen leiden, kann auch eine Katheterablation sinnvoll sein. Dabei werden über die Leistenvenen Katheter bis zum Herzen eingeführt, um dort den Ursprung der Herzrhythmusstörung am Herzmuskel genau zu lokalisieren und diese Stellen mittels Hochfrequenzstrom- oder Kälteabgabe zu veröden.

Diese Seite teilen