Vorhofflimmerablation bei Adipositas – Zeit, umzudenken?

Von:

Dr. Julia Vogler

Klinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin
Asklepios Klinik St. Georg
Lohmühlenstr. 5
20099 Hamburg

August 2025

 

Bildquelle (Bild oben): A to Z – stock.adobe.com

Papervorstellung

Adipositas ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für das Auftreten von Vorhofflimmern (AF) in den Industrienationen. Es handelt sich dabei um eine chronische Erkrankung, die einer langdauernden, oft lebenslangen Behandlung bedarf. Erst im vergangenen Jahr sind neue S3 Leitlinien der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) erschienen, die in der multimodalen Therapie neue Optionen der nachgewiesen wirksamen Ernährungstherapie sowie die unterstützende Behandlung mit gewichtssenkenden Medikamenten verstärkt berücksichtigen.1 Nicht-randomisierte Studien haben gezeigt, dass eine Gewichtsabnahme und eine Steigerung der körperlichen Aktivität mit einer Reduktion des Auftretens von AF sowie einem niedrigeren AF-Burden assoziiert sind.2,3 Aus Sorge vor einem erhöhten periinterventionellem Risiko, der vermeidlich niedrigeren Erfolgsrate und dem beschriebenen Effekt von Lebensstil-modifizierenden Maßnahmen (LFM) wird eine AF-Ablation oft erst nach einer Gewichtsabnahme angestrebt.

Die multizentrische PRAGUE-25 Studie stellt dieses Vorgehen in Frage. Ziel war es erstmals randomisiert zu untersuchen, ob die Kombination aus LFM (Gewichtsabnahme und Sport) und Antiarrhythmika (LFM+AAD) einer Katheterablation (CA) nicht unterlegen ist.4 212 Patienten mit symptomatischem AF (60 ± 12 Jahre, 31,5% Frauen, BMI 34,9 ± 3,0 kg/m2, 55,7% paroxysmales AF) wurden eingeschlossen und 1:1 auf beide Gruppen randomisiert. Nach 12 Monaten waren 73.0% in der CA-Gruppe und 34.6% in der LFM+AAD-Gruppe im Sinusrhythmus. Trotz einer deutlichen Gewichtsabnahme von -6,4 ± 7,9 kg und einer Abnahme des HbA1c war die Katheterablation der Kombination aus LFM+AAD in Bezug auf die AF-Freiheit nach einem Jahr überlegen. Die Autoren schlussfolgern, dass eine AF-Ablation daher auch bei Adipositas noch vor bzw. parallel zu einer Gewichtsabnahme erfolgen sollte. Eine Gewichtsabnahme sollte unabhängig davon weiterhin angestrebt werden. 

Diskussion

Zusammenfassend konnten die Autoren der PRAGUE-25 erstmals im Rahmen einer randomisierten, multizentrischen Studie die Überlegenheit der CA von AF bei Patienten mit symptomatischem AF und einem BMI von 30-40 kg/m2 zeigen. Ausschlusskriterien, die im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Ergebnisse berücksichtigt werden müssen, waren: eine Tachymyopathie in der Vorgeschichte, ein BMI > 40 kg/m2, eine LVEF<40%, ein LA-Diameter >60mm, Alter>75 Jahre, eine unbehandelte koronare Herzerkrankung sowie die Indikation für einen bariatrischen Eingriff. Nach Randomisierung wurde bei den Patienten der CA-Gruppe innerhalb von 6 Wochen eine Ablation – entweder mittels Radiofrequenz- oder Pulsed Field- Ablation – durchgeführt. Patienten in der LFM+AAD-Gruppe erhielten ein Antiarrhythmikum und wurden von Physiotherapeuten und Ernährungsberatern betreut (individueller Fitness- und Ernährungsplan, Fitnessuhr, OBEFIS App). Einen GLP-1 Agonisten erhielten nur 15/ 103 Patienten. Während der Studie (mittleres Follow-up: 23,5 Monaten) kam es zu 26 Cross-overs zwischen den Gruppen (1 von CA zu LFM+AAD und 25 von LFM + AAD), nur drei davon erfolgten vor Erreichen des primären Endpunkts. Für den primären Endpunkt (AF-Freiheit nach 12 Monaten) zeigte sich sowohl in der ITT als auch in der PP-Analyse eine klare Überlegenheit der Katheterablation. Hinsichtlich der sekundären Endpunkte waren die Unterschiede weniger deutlich: Eine Reduktion des AF-Burden und eine Verbesserung der Belastbarkeit fand sich in beiden Gruppen. Eine wesentliche Gewichtsabnahme und ein Abfall des HbA1c konnte nur in der LFM+AAD-Gruppe nachgewiesen werden, wobei die angestrebte Gewichtsabnahme von > 10% verfehlt wurde.

Das Studiendesign der PRAGUE-25 unterscheidet sich von den beiden nicht randomisierten Studien, der LEGACY- und der SORT-AF-Studie, die für eine moderate Gewichtsabnahme (<10%) keinen Unterschied bezüglich des AF-Burdens nach Ablation zeigen konnte. Berücksichtigt man die Ergebnisse der LEGACY-Studie, die eine Reduktion des AF-Burden im Vergleich zu AAD und Ablation zeigen konnte, ist mit einem relevanten Effekt von LFMs erst ab einer Gewichtsabnahme von >10% zu auszugehen, was in der PRAGUE-25 verfehlt wurde. Möglicherweise hätte dies durch einen systematischen Einsatz von GLP-1 Agonisten erreicht werden können. Bei fehlender Kostenübernahme ist dies jedoch auch im Alltag aktuell nicht flächendeckend möglich. Ein Reboundeffekt nach Beenden der Medikation ist ferner nicht zu vernachlässigen und war in der PRAGUE-25 Studie auch nach 24 Monaten nicht zu verzeichnen. Bemerkenswert ist ferner zum einen die niedrige Komplikationsrate im Ablationsarm (1,0%, 1 TIA) im Vergleich zur hohen Rahe an Major-AEs durch den Einsatz der AAD (3,8%), die sich mit anderen Studien bei normalgewichtigen Patienten deckt, und zum anderen die niedrige Effektivität der AADs bei adipösen Patienten (34,6% vs. 40.8% in der CABANA-Studie).5 Die genauen Gründe sind nicht bekannt. Eine zu niedrige Dosis in Relation zum Körpergewicht ist denkbar. 

Zusammenfassung

Die PRAGUE-25 Studie hat erstmals randomisiert den Effekt einer AF-Ablation mit LFM+AAD bei adipösen Patienten mit symptomatischem AF verglichen. Es zeigte sich eine klare Überlegenheit der AF-Ablation in Bezug auf die AF-Freiheit nach einem Jahr, nicht jedoch hinsichtlich es AF-Burdens. Trotz der Limitationen (fehlender Einsatz von GLP-1 Agonisten, <10% Gewichtsreduktion im LFM+AAD-Arm), Endpunkt AF-Freiheit anstelle von Burden) gibt die Studie Anlass das Management von AF bei Adipositas zu überdenken und eine CA bereits parallel zu LFM mit dem Ziel einer Gewichtsabnahme und Verbesserung der kardiopulmonalen Fitness bei Patienten mit einem BMI zwischen 30-40 kg/m2  durchzuführen.

Abbildung 1: Graphisches Abstract des PRAGUE-25 Trials

Referenzen:

  1. Interdisziplinäre Leitlinie der Qualität S3 zur „Prävention und Therapie der Adipositas“.
  2. Pathak RK, Middeldorp ME, Meredith M, et al. Long-Term Effect of Goal-Directed Weight Management in an Atrial Fibrillation Cohort: A Long-Term Follow-Up Study (LEGACY). J Am Coll Cardiol 2015;65(20):2159-69. DOI: 10.1016/j.jacc.2015.03.002.
  3. Gessler N, Willems S, Steven D, et al. Supervised Obesity Reduction Trial for AF ablation patients: results from the SORT-AF trial. Europace 2021;23(10):1548-1558. DOI: 10.1093/europace/euab122.
  4. Osmancik P, Roubicek T, Havranek S, et al. Catheter Ablation vs Lifestyle Modification With Antiarrhythmic Drugs to Treat Atrial Fibrillation: PRAGUE-25 Trial. J Am Coll Cardiol 2025;86(1):18-28. DOI: 10.1016/j.jacc.2025.04.042.
  5. Packer DL, Mark DB, Robb RA, et al. Effect of Catheter Ablation vs Antiarrhythmic Drug Therapy on Mortality, Stroke, Bleeding, and Cardiac Arrest Among Patients With Atrial Fibrillation: The CABANA Randomized Clinical Trial. JAMA 2019;321(13):1261-1274. DOI: 10.1001/jama.2019.0693.

Zum Autor

Dr. Julia Vogler

Dr. Julia Vogler ist Oberärztin in der Abteilung für Kardiologie und internistische Intensivmedizin der Asklepios Klinik St. Georg. Sie ist Mitglied der Arbeitsgruppe Elektrophysiologie und Rhythmologie (AGEP).


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