HERZMEDIZIN: Was sind die aktuellen Top-Themen in diesem Bereich?
Hagendorff: Die Top-Themen der Echokardiographie betreffen neue funktionelle Analyseverfahren zur Myokard- und Herzklappenfunktion, unter anderem mit Hilfe von künstlicher Intelligenz, sowie neue technische Entwicklungen zur Verbesserung der Darstellung kardialer Strukturen, beispielsweise die Darstellung in 3D. Allein diese neuen Entwicklungen haben zur signifikanten Verbesserung der kardialen Diagnostik geführt, bedingen jedoch auch eine zunehmende Spezialisierung für den Bereich des kardialen „Imagers“.
HERZMEDIZN: Welche Kontroversen gibt es und wie stehen Sie dazu?
Hagendorff: Die drei Top-Kontroversen können in folgenden Fragen skizziert werden.
Erstens: Kann man eine Therapie-bedürftige Aortenklappenstenose wirklich allein durch eine transthorakale Echokardiographie diagnostizieren – oder braucht man zur ausführlichen, Patienten-gerechten Diagnostik und Sicherung der Diagnose zusätzlich eine transösophageale Echokardiographie (TEE)? – Die klare Antwort muss lauten: Man braucht nahezu immer eine TEE.
Zweitens: Kann man kardiale Volumina mittels Echokardiographie valide und reproduzierbar bestimmen, obwohl in der echokardiographischen Literatur in der Regel viel zu niedrige Werte für kardiale Volumina angegeben werden? – Die klare Antwort muss lauten: Ja, man kann die kardialen Volumina valide und zuverlässig bestimmen, wenn man „gute“ Bilder akquiriert und die echokardiographische Methodik „richtig“ anwendet.
Drittens: Kann man den Schweregrad der Mitralklappeninsuffizienz durch qualitative und semiquantitative Methoden richtig einschätzen? – Die klare Antwort muss lauten: Man kann den Schweregrad einer relevanten Mitralklappeninsuffizienz nur durch eine quantitative Beurteilung der Kreislaufparameter „richtig“ bestimmen. Zudem müssen die bestimmten Volumina eine plausible, unter anderem auch mit dem Leben vereinbare Kreislaufsituation beschreiben. In manchen publizierten Studien war dies nicht der Fall – so existieren Studien, die Patientinnen und Patienten mit einem Herzminutenvolumen von null oder weniger beschreiben. Die Summe aus Vorwärts- und Rückwärtsvolumina des linken Ventrikels bei der isolierten Mitralklappeninsuffizienz muss dem totalen Schlagvolumen des linken Ventrikels entsprechen und das Vorwärtsschlagvolumen muss bei der angegebenen Herzfrequenz der Patientinnen und Patienten ein realistisches Herzminutenvolumen ergeben. Quantitative Analysen in der Echokardiographie bedingen allerdings genaues methodisches Vorgehen.