Kardiale MRT als diagnostische Erststrategie bei Neudiagnose einer HFrEF

 

Beobachtungsstudien zeigen, dass die kardiale Magnetresonanztomographie (MRT) die ischämische Genese einer Herzerkrankung mit hoher diagnostischer Sensitivität nachweisen kann. Dies wurde nun erstmals in einer randomisierten Studie bestätigt.1


Prof. Grigorios Korosoglou (GRN-Klinik Weinheim und Eberbach) kommentiert.

Von:

PD Dr. Gülmisal Güder

Universitätsklinikum Würzburg

 

Prof. Stefan Störk

Universitätsklinikum Würzburg

 

Expertenkommentar:

Prof. Grigorios Korosoglou

Rubrikleiter Diagnostik

 

01.09.2025

 

Bildquelle (Bild oben): zlikovec / Shutterstock.com

Bei neu diagnostizierter Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion (HFrEF) ohne vorbekannte KHK ist eine ischämische Ursache (ICM) seltener als vermutet (≈10–30 %). Dennoch wird die invasive Koronarangiographie (CATH) in der Praxis oft als erste diagnostische Modalität zur Abklärung eingesetzt. Leitlinien fordern zwar die Klärung einer möglichen ICM, lassen die Art und Reihenfolge der Diagnostik aber offen. 


Die kardiale MRT kann neben ICM auch viele nicht-ischämische Ursachen identifizieren und liefert zugleich wichtige prognostische Informationen (exakte Pumpfunktion, Viabilität, Narbenlast, Ödem). Bislang fehlte eine randomisierte Prüfung für eine MRT-Erststrategie gegenüber CATH in dieser Situation. 

Studiendesign und untersuchte Population

 

In einer multizentrischen, randomisierten kontrollierten Diagnostikstudie (Registrierungsnummer: ISRCTN16515058) wurden an 4 Standorten (Hannover, Leipzig, Nürnberg, Würzburg) 229 Erwachsene mit de-novo-HFrEF (LVEF ≤40 %), ohne vorbekannte KHK aber mit klinischer Indikation zu CATH, randomisiert und 1:1 einer Erststrategie mit CATH bzw. MRT zugeteilt; das jeweils andere Verfahren wurde im Anschluss durchgeführt (Abbildung 1). Verblindete Experten-Panels beurteilten die CATH- bzw. MRT-Befunde; die entlassenden Kardiologinnen und Kardiologen – mit Zugriff auf die vollständige Klinik – fungierten als Referenzstandard. Primärer Endpunkt war, ob das erste Verfahren alleine die Diagnose „ICM ja/nein“ mit ausreichender Sicherheit erlaubte; sekundär wurde ermittelt, in welchem Ausmaß eine MRT-Erststrategie invasive Untersuchungen einsparen könnte.

Design und Hauptergebnisse der CMR-Diagnosestudie

Abbildung: Design und Hauptergebnisse der CMR-Diagnosestudie (adaptiert nach1)

Abkürzungen: CATH = perkutane invasive Koronarangiographie; MRT= Magnetresonanztomographie; HFrEF = Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion; ICM = ischämisch bedingte Herzinsuffizienz; Sens. = Sensitivität; Spez. = Spezifität.

Vergleichbare Sensitivität, geringere Spezifität

 

Bei 203 dieser Patientinnen und Patienten konnten sowohl die MRT (mit Late Gadolinium Enhancement) als auch die CATH-Untersuchungen durchgeführt und ausgewertet werden. Die mediane Zeit zwischen beiden Tests lag bei 1–2 Tagen. Die Basischarakteristika waren zwischen beiden Armen vergleichbar (mittleres Alter 62 ± 14 Jahre; 28 % Frauen).


Das CATH-Panel erachtete die CATH als Erstuntersuchung in 100 % der Fälle als ausreichend, um eine ICM sicher zu bestätigen oder auszuschließen. Im Gegensatz dazu war gemäß MRT-Panel die MRT als Erstuntersuchung nur in 80 % der Fälle diesbezüglich zielführend (primärer Endpunkt, p<0,001).


Im Vergleich zum Referenzstandard wurden im CATH-Panel 2 falsch-negative und 2 falsch-positive Einschätzungen vorgenommen, während im MRT-Panel ebenfalls 2 falsch-negative, aber 20 falsch-positive Ergebnisse ermittelt wurden. Die falsch-negativen Einschätzungen im CATH-Panel ließen sich durch spontane Rekanalisationen erklären, die angiographisch unauffällig, in der MRT aber als Narben erkennbar waren. Die höhere Anzahl falsch-positiver Zuordnungen im MRT-Panel spiegelt die Zurückhaltung, ICM rein nicht-invasiv sicher auszuschließen, v. a. bei vermuteter Myokard-Hibernation oder multiplen Differenzialdiagnosen.


Gegenüber dem Referenzstandard zeigten beide Verfahren somit eine vergleichbar hohe Sensitivität zur ICM-Diagnose (CATH 91 %, MRT 90 %; p=1,00), während die Spezifität für CATH deutlich höher war (98 % vs. 74 %; p<0,001).

Einsparpotenzial invasiver Untersuchungen durch MRT-Erststrategie

 

Das MRT-Panel empfahl die ergänzende Durchführung einer CATH bei allen Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf ICM und in unklaren Fällen, insgesamt in 52 %. Demzufolge erachtete das MRT-Panel die invasive Diagnostik bei 48 % für verzichtbar. Da alle Patientinnen und Patienten nachfolgend auch CATH erhielten, konnte untersucht werden, wie in der klinischen Praxis gehandelt wurde. Tatsächlich erhielten aus dieser Subgruppe nur drei Personen im Nachgang eine Intervention: eine Person hatte dabei eine ICM als Hauptdiagnose, eine Person eine dilatative Kardiomyopathie mit einer grenzwertig relevanten Stenose und eine Person hatte eine hypertrophe Kardiomyopathie mit einer sehr distal lokalisierten Stenose. Wenn also der klinische Verlauf in die Betrachtung miteinbezogen wurde, reduzierte sich das Einsparpotenzial geringfügig von 48 % auf 45 %. 

Optimales Vorgehen bei Neudiagnose HFrEF

 

Die vorliegende Studie zeigte, dass bei de-novo-HFrEF ohne vorbekannte KHK eine Erststrategie mittels MRT eine ähnlich hohe Sensitivität zur Erkennung einer ICM erreicht wie CATH, allerdings mit geringerer Spezifität bezüglich des sicheren Ausschlusses einer ICM. So könnten invasive Prozeduren substanziell, um 45–48 %, reduziert werden, ohne dass kritische Interventionen systematisch versäumt würden. Zudem lassen sich mittels MRT viele weitere Diagnosen stellen (z. B. Myokarditis, dilatative Kardiomyopathie, hypertrophe Kardiomyopathie, arrhythmogene rechtsventrikuäre Dysplasie). 


Aufgrund des randomisierten Studiendesigns wurde in der aktuellen Untersuchung auf eine MRT-Stresstestung verzichtet. Diese könnte jedoch insbesondere bei unklaren Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit die diagnostische Genauigkeit der MRT weiter verbessern2, sodass in der klinischen Praxis die Anzahl falsch positiver Befunde und damit auch notwendiger invasiver Untersuchungen vermutlich weiter reduziert werden könnte.


Für die breite Implementierung einer MRT-Erststrategie sind prospektive Verlaufsstudien mit harten Endpunkten erforderlich, die bereits in Planung sind.2 In der Zwischenzeit ist eine integrierte Strategie sinnvoll: MRT zuerst zur Ursachensuche und Risikostratifikation, gefolgt von zielgerichteter CATH bei ICM-Verdacht oder verbleibender Unsicherheit.

Danksagung

 

Wir bedanken uns bei den Studienteams aller vier Zentren, insbesondere jedoch bei Anja Knoppe, Monika Hanke, Janina Renner und Marcela Fajardo-Moser, deren hervorragende Unterstützung maßgeblich zum Gelingen dieser Studie beigetragen hat.

Expertenkommentar

 

Die ischämische Herzkrankheit wird allgemein als die häufigste Ursache für das Auftreten einer symptomatischen Herzinsuffizienz mit eingeschränkter Ventrikelfunktion erachtet. Aktuelle amerikanische und europäische Leitlinien empfehlen deswegen bei Patientinnen und Patienten mit neu diagnostizierter symptomatischer Herzinsuffizienz den Nachweis bzw. den Ausschluss einer relevanten obstruktiven koronaren Herzkrankheit (KHK). Eine solche Differenzierung ist aus klinischer Sicht für die nachfolgende medikamentöse Einstellung der Patientinnen und Patienten aber auch für die Entscheidung für eine interventionelle oder chirurgische Revaskularisation entscheidend. Ob dieser Nachweis allerdings invasiv mittels Koronarangiographie oder nicht invasiv mittels kardialer CT (k-CT) oder kardialer MRT (k-MRT) erfolgen sollte, wird in den Leitlinien nicht spezifiziert.


Obwohl die k-CT exzellent geeignet ist, um mit hohem negativ prädiktivem Wert eine obstruktive KHK auszuschließen, bietet die k-MRT zusätzlich zur funktionellen Ischämiediagnostik durch das Late Gadolinium Enhancement die Möglichkeit der Differenzierung einer ischämischen von einer dilatativen, restriktiven oder hypertrophischen Kardiomyopathie im dilatativen Stadium bzw. von einer myokardialen Speicherkrankheit oder einer stattgehabten Perimyokarditis. Zudem ist die k-MRT im Gegensatz zur Koronarangiographie und zur k-CT nicht mit einer Strahlenexposition für die Betroffenen assoziiert.


Güder et al. untersuchten im Rahmen einer prospektiv randomisierten Studie den Einfluss einer „k-MRT first“- versus eine „invasive first“-Strategie für die diagnostische Klassifikation von 229 Personen mit neu diagnostizierter Herzinsuffizienz mit einem mittleren Alter von 62 Jahre und einer mittleren LVEF von 27 %. Die k-MRT zeigte hierbei eine ähnlich gute Sensitivität wie die invasive Angiographie für die Feststellung einer ischämischen Genese der Herzinsuffizienz. Hierdurch ließen sich die Hälfte (45–48%) der erfolgten invasiven Angiographien vermeiden. Im Gegensatz dazu wurden wenige Fälle mit relevanten Koronarstenosen, die eine Revaskularisation gebraucht hätten, übersehen. 


Die Ergebnisse dieser elegant durchgeführten Studie sind sehr ermutigend, insbesondere da bei der k-MRT keine Stressstimulation durch zum Beispiel Adenosin oder Regadenoson durchgeführt worden ist. Eine ergänzende Vasodilatatoren-Stress-k-MRT-Untersuchung verfügt auch bei Personen mit eingeschränkter Pumpfunktion über eine hohe Sicherheit sowie diagnostische Genauigkeit und könnte die Anzahl der unnötigen Koronarangiographien als auch die Anzahl der Fälle, bei denen eine relevante obstruktive KHK übersehen wurde, weiter reduzieren. 


Laufende und zukünftige prospektive Studien werden dazu beitragen, die Rolle der kardialen MRT und kardialen CT bei KHK-bedingter Herzinsuffizienz bei verschiedenen Patientengruppen mit unterschiedlichen Vortestwahrscheinlichkeiten in der klinischen Praxis zu klären. Die Rolle der Fachdisziplin der Kardiologie, die bei solchen Patientinnen und Patienten nicht nur die Diagnosestellung liefert, sondern auch für die Behandlung initiiert und weiterführt, ist hierbei auch entscheidend, um durch die maßgeschneiderte Indikationsstellung, Durchführung und Interpretation der Befunde anhand von erprobten Qualitätskriterien zu garantieren, in Zukunft eine unnötige Mengenausweitung der verschiedenen Methoden zu vermeiden. 

Zur Person

PD Dr. Gülmisal Güder

PD Dr. Gülmisal Güder ist Oberärztin an der Medizinischen Klinik und Poliklinik I des Universitätsklinikums Würzburg. Zu ihren Forschungsschwerpunkten zählen insbesondere innovative Verfahren zur Diagnostik und Behandlung von Herzinsuffizienz.

Zur Person

Prof. Stefan Störk

Prof. Stefan Störk leitet die Herzinsuffizienz-Ambulanz am Universitätsklinikum Würzburg und ist Leiter des Departments Klinische Forschung und Epidemiologie der Herzinsuffizienz am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI). Zu seinen Schwerpunkten zählen insbesondere das Disease Management bei Herzinsuffizienz sowie Durchblutungsstörungen und bildgebende Untersuchungsverfahren des Herzens.

Prof. Stefan Störk

Zur Person

Prof. Grigorios Korosoglou

Prof. Grigorios Korosoglou ist als Chefarzt der Abteilung für Kardiologie und Angiologie der GRN-Klinik Weinheim und Eberbach tätig. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen die Kardiale MRT- und CT-Bildgebung und interventionelle Kardiologie sowie periphere Gefäßeingriffe. 

Bildquelle: Ronny Kretschmer / HKM

Referenzen

 

  1. Güder G, Reiter T, Bauer WR, Papavassiliu T, Schwab J, Pauschinger M, Lavall D, Wachter R, Berliner D, Bauersachs J, Frantz S, Gelbrich G, Ertl G, Störk S. Cardiac Magnetic Resonance Imaging vs Coronary Angiography as Primary Strategy in Newly Diagnosed Heart Failure. JACC Heart Fail. 2025 Jul 12;13(9):102528. PMID: 40652576.
  2. Swoboda PP, Petrie MC. Coronary Artery Disease Is Still a Major Cause of Heart Failure: But Does Everyone Still Need an Invasive Angiogram? JACC Heart Fail. 2025 Jul 15;13(9):102569. PMID: 40669129.

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