Was muss sich ändern, damit mehr Frauen Führungspositionen in der Herzmedizin übernehmen?

Bei der 91. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) in Mannheim beschäftigten die Teilnehmenden nicht nur medizinische Fragen. Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Sabine Bleiziffer, Prof. Dr. Stefan Sack und Dr. Nina Wunderlich diskutierten die hochkarätigen Referentinnen zusammen mit dem Publikum die Frage, was sich strukturell, gesellschaftlich und (berufs-)politisch ändern muss, damit es besser gelingt, Frauen in Führungspositionen der Herzmedizin zu bringen und so dem Fachkräftemangel und einem drohenden Führungsengpass zu begegnen.

Von Abbott Medical

 

04.08.2025

 

Bildquelle (Bild oben): istock: Stock-Fotografie

 

 

Geförderter Inhalt

 

 

Wie weiblich ist die Medizin wirklich?

Einführung durch Prof. Dr. Stefan Sack

 

Prof. Dr. Stefan Sack eröffnete das gut besuchte Mittagssymposium mit den Worten „Die Medizin ist weiblich“. Ein Blick auf die Zahlen zeigt jedoch, dass diese Aussage nicht überall gleich zutrifft: Zwar sind mehr als 60 % der Medizinstudierenden Frauen, doch im Verlauf der medizinischen Berufskarriere nimmt der Frauenanteil mit jedem Karriereschritt weiter ab, sodass sich unter den Professor:innen und leitenden Krankenhausärzt:innen nur noch sehr wenige Frauen finden.1 Um dieses Problem zu adressieren, stellte Prof. Sack ein Mentoring-Programm seines Klinikums vor. Ziel des Programms ist es, Frauen gezielt auszubilden und ihnen die Skills zu vermitteln, die sie benötigen, um Führungspositionen zu überehmen. Als einen weiteren Lösungsweg stellte er das von ihm mitverfasste Konsensuspapier „Schwangerschaft und Mutterschutz in der Kardiologie und in der Kinder- und Jugendkardiologie“ von DGK, DGPK und DGAUM vor.2 Das Papier zeigt Möglichkeiten auf, wie Schwangere, Frauen mit Kindern und Kinderwunsch, ihrem Beruf weiter nachgehen können. Er sah hier die Arbeitgeber:innen in der Pflicht, die Bedingungen entsprechend zu gestalten.

Leaky Pipeline und drohender Führungsengpass: Ist es Zeit für neue Karrierewege?

Prof. Dr. Julinda Mehilli

 

Prof. Dr. Julinda Mehilli, Chefärztin der Klinik für Kardiologie, Pneumologie und internistische Intensivmedizin am Lakumed Krankenhaus Landshut-Achdorf, warnte, dass in der Kardiologie ein Engpass bei Führungskräften drohen könne, wenn man nicht aufmerksam sei. DerAnteil der Frauen in der Kardiologie ist beispielsweise unter den Fachärzt:innen gestiegen, doch sei das Leaky-Pipeline-Phänomen in der Kardiologie besonders ausgeprägt: Beispielsweise waren 2021 nur rund 10 % der Oberärzt:innen mit leitender Funktion Frauen und nur 2,6 % der Klinik-Führungspositionen (z. B. Klinikdirektion und Stellvertretung) waren mit Frauen besetzt.3 Ähnlich schlecht sieht es aus, wenn man auf die DGK-Mitglieder schaut: Hier haben Frauen 3,4 % der Klinik-Führungspositionen inne.3 Zudem verwies Prof. Mehilli darauf, dass Ärztinnen bei gleicher Ausbildung für die gleiche Arbeit im Durchschnitt ca. 30 % schlechter bezahlt werden als ihre Kollegen (Gender-Pay-Gap). Auch stagniere trotz aller Bemühungen und Fortschritte seit ca. 15 Jahren der Anteil der Kardiologinnen bei etwa 30 %.3

 

Indem so viele Frauen auf dem Weg zu Führungspositionen „verloren“ gehen, verliert man nach Ansicht von Prof. Mehilli auch viel Wissen und viel Kompetenz – und das Potenzial für gute Führungskräfte reduziert sich. Ihr zufolge ist aber auch bereits einiges geschehen, um dem entgegenzuwirken, darunter die Einführung von Quoten an den Universitäten und speziellen Fördermitteln für Frauen sowie Mentoring- und Coaching-Programme. Auch die Sichtbarkeit von Frauen auf den kardiologischen Kongressen hat Prof. Mehilli zufolge aufgrund von Quoten-Vorgaben deutlich zugenommen. Und es gibt spezielle Frauen-Netzwerke in den Fachgesellschaften.

 

Doch all diese Maßnahmen greifen ihrer Meinung nach erst in einer späten Phase der beruflichen Entwicklung. Es braucht aus ihrer Sicht umfassendere Veränderungen auf zahlreichen Ebenen, die schon viel früher ansetzen müssen: In den Medien braucht es mehr Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen. Die Gesellschaft muss familienfreundlicher und das Kinderbetreuungsangebot zeitlich ausgeweitet und flexibler werden, vor allem im Hinblick auf die Abdeckung von Diensten am Nachmittag sowie von Rufbereitschaft. Im Hinblick auf die Universitäten forderte Prof. Mehilli obligatorische Mentorings und Leadership-Trainings für alle Student:innen – unabhängig vom Geschlecht. Die Klinikleitungen rief sie dazu auf, Frauen gezielt Leadership-Qualitäten zu vermitteln und sie parallel zur beruflichen Entwicklung auf Leitungsaufgaben vorzubereiten und beispielsweise Oberärztinnen bei Bewerbungs-, Personal- und Budgetgesprächen einzubinden. Für die berufspolitischen Institutionen forderte sie obligatorische Frauenquoten, um den Frauen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen – und zwar nicht nur bei den Redner:innen, sondern zum Beispiel auch bei den Vorstandsmitgliedern sowie in den Finanz- und Fördergremien. Ebenso nahm sie die Industrie in die Pflicht und forderte, in den Steering Committees für Studien obligatorisch mindestens eine Frau zu besetzen. Gefragt nach den größten Hürden auf ihrem persönlichen Weg zur Leitungsposition nannte sie einerseits die fehlende Möglichkeit, praktische Erfahrung in Leadership-Aufgaben zu sammeln, und andererseits mangelnde Vernetzung, wobei sie sich dabei explizit nicht nur auf das Networking zwischen Frauen bezog, sondern das Vernetzen mit Männern einschloss.

Geteilte Führungspositionen: keine Utopie, sondern in Frankfurt bereits die Realität

Dr. Klaudia Adler & Dr. Jana Glaubitz

 

Diskutiert wurde auch, wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf an den Kliniken verbessert werden kann. Prof. Sack präferierte die Variante einer geteilten Stelle und berichtete von seiner Erfahrung mit zwei Oberärztinnen in je 50 % Teilzeit, die sich eine Position geteilt haben: In der einen Woche war die eine Oberärztin am Vormittag da und die andere am Nachmittag, und in der Folgewoche war es umgekehrt – das setzt aber natürlich voraus, dass auch am Nachmittag eine Kinderbetreuung gewährleistet ist, ergänzte Prof. Mehilli.

 

Als weiteres Beispiel dafür, wie eine geteilte Führungsposition funktionieren kann, präsentierten Dr. Klaudia Adler und Dr. Jana Glaubitz das von ihnen gelebte Shared-Leadership-Modell. Beide sind Oberärztinnen und leiten gemeinsam die Sektion Intensivmedizin am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt. Dr. Adler und Dr. Glaubitz lernten sich während der Anästhesie-Fachärzt:innenausbildung am Universitätsklinikum Frankfurt kennen und erlangten dort beide die Zusatzbezeichnung Intensivmedizin. Als der nächste Karriereschritt anstand, entschieden sich die beiden 2015 dazu, sich zusammen unter dem Motto „Gemeinsam sind wir mehr als eins“ auf eine Oberärzt:innenstelle in der Klinik für Anästhesie, Intensivmedizin und Schmerztherapie am Agaplesion Markus Krankenhaus zu bewerben. Nachdem sich dieses Modell über mehrere Jahre bewährt hatte, wurde ihnen 2020 gemeinsam die Sektionsleitung Intensivmedizin angeboten. Nur wenige Monate später ereilte Deutschland die Coronapandemie – eine harte Belastungsprobe für die frischgebackene Doppelspitze, die sie aber gemeinsam meisterten. Auch bei den folgenden Herausforderungen wie Chefarztwechsel und Um-/Neustrukturierungen innerhalb der Klinik erwies sich das Konzept der Doppelspitze als Erfolg.

 

Doch welche Voraussetzungen braucht es für ein solches Shared Leadership? Dr. Adler zufolge ist wesentlich, dass beide Personen die gleichen Qualifikationen aufweisen. Zudem müssen die Erwartungen des Arbeitgebers erfüllt werden, was zunächst eine Bedarfsanalyse erfordert. Entscheidend sind außerdem gute Übergaben, die natürlich Zeit erfordern. Und was die eine Person entscheidet, muss von der anderen Person mitgetragen werden – das erfordert aber, das eigene Ego in den Hintergrund zu stellen. Keine zwingende Voraussetzung dagegen ist Dr. Adlers Ansicht nach, dass man sich ähnlich ist – wobei sie betonte, dass das durchaus helfen könne. Mut und Vertrauen sind ihrer Meinung nach allerdings unabdingbar.

 

Wie das Frankfurter Konzept konkret im Alltag umgesetzt wird, erläuterte anschließend Dr. Glaubitz: Montag, Dienstag und jeden zweiten Mittwoch arbeitet Dr. Glaubitz, Donnerstag, Freitag und den jeweils anderen Mittwoch arbeitet Dr. Adler. Das bedeutet, dass sie sich im Tagesgeschäft nie auf der Station begegnen, da immer nur eine der beiden dort anwesend ist. Damit niemand die Dienstpläne der beiden im Kopf haben muss, wurde eine einzige Telefonnummer eingeführt, unter der die jeweils diensthabende Sektionsleiterin ansprechbar ist. Und sollte eine der beiden krankheits- oder urlaubsbedingt ausfallen, springt nicht die andere ein, sondern es gibt andere Oberärzt:innen, die als Stellvertreter:innen fungieren – so, wie es üblich ist, wenn eine Stelle nur mit einer Person besetzt ist. Dr. Glaubitz griff noch einmal den Punkt der guten Übergaben auf. Für diese muss ausreichend Zeit eingeplant werden – oft dauern sie eine Stunde und mehr. Dabei wird jede*r Patient*in besprochen, was sich auf den jeweiligen Stationen in den vergangenen Tagen ereignet hat, welche logistischen Dinge zu klären sind und was der aktuelle Stand bei Projekten ist. Ziel ist es, dass die jeweils andere am nächsten Morgen mit vollständigem Wissen die Station übernehmen kann. Abschließend führte sie den Punkt der gleichen Qualifikationen noch etwas weiter aus: Dr. Adler und Dr. Glaubitz sind im Hinblick auf ihre Qualifikationen komplett austauschbar. Zudem nehmen sie an übergeordneten Projekten teil wie dem Ethik-Komitee, Hygiene-Sitzungen etc.; auch hier gehen aber nicht beide zusammen hin, sondern lediglich die Person, auf deren Arbeitstag die jeweilige Veranstaltung fällt.

 

Trotz aller Gemeinsamkeiten gibt es Unterschiede zwischen beiden, und das ist aus Sicht von Dr. Glaubitz auch gut so: Mit den Jahren haben sie bei ihrer Arbeit Schwerpunkte gesetzt, und die beiden sind zu Expertinnen auf ihren jeweiligen Gebieten geworden. Beispielsweise bietet Dr. Adler im Monat ein Skill-Training an, das selbstverständlich an einem ihrer Arbeitstage stattfindet, sie beschäftigt sich derzeit intensiv mit einem Patient-Data-Management-Projekt des Krankenhauses, und sie ist für die Ausstellung der Zeugnisse verantwortlich. Dr. Glaubitz dagegen übernimmt zum Beispiel die Urlaubsplanung für die gesamte Sektion, führt als MPG-Beauftragte immer dienstags Geräteeinweisungen durch und verfasst Beiträge für die Krankenhaus-News. Trotz unterschiedlicher inhaltlicher Schwerpunkte ist es Dr. Glaubitz zufolge aber maßgeblich, dass beide immer nach denselben Grundsätzen handeln und eine gemeinsame Vision davon haben, wie die Sektion geleitet werden soll. Ein großer Vorteil des Shared-Leadership-Modells ist ihrer Meinung nach, dass sie gemeinsam neue Ideen entwickeln können und sich im Vier-Augen-Gespräch stets gegenseitig kritisch hinterfragen.

Attraktive Arbeitsbedingungen durch innovative Strukturen

PD Dr. Sara Sheikhzadeh

 

Ist es in der Herzmedizin ein Karrierenachteil, eine Frau zu sein? PD Dr. Sara Sheikhzadeh gab zu, dass sich ihre Meinung hierzu gewandelt hat. Sie ist seit 2022 Chief Medical Officer (CMO) der Asklepios Kliniken Gruppe und seit 2023 als Medizinische Direktorin Teil der Geschäftsführung der Asklepios Kliniken Hamburg, hat es also als eine von wenigen auf der Karriereleiter ganz nach oben geschafft. Sie berichtete, dass sie zu Beginn ihres Werdegangs als junge Assistenzärztin in der Kardiologie die Frage klar verneint hätte. Damals war für sie völlig klar, dass alle die gleichen Möglichkeiten haben. Rückblickend hatte (und hat) sie jedoch mit Widerständen zu kämpfen. Was sie als Assistenzärztin nicht wahrgenommen hatte und erst in der Rückschau realisiert hat, ist, dass viele männlichen Kollegen es schneller ins Herzkatheterlabor schafften als sie. Zudem stieß es auf Kritik und Unverständnis, als sie nach 6 Wochen Mutterschutz ihre Tätigkeit als Oberärztin wieder aufnahm. Und selbst als sie mit 22 Kollegen und nur einer Kollegin Chefärztin war, dachte sie weiterhin, dass es kein Nachteil sei, eine Frau zu sein, man müsse schließlich einfach nur hart arbeiten, um Karriere zu machen. Dr. Sheikhzadeh berichtete, dass die Ansicht, dass es hierzulande gar keine Benachteiligung von Frauen gebe, weit verbreitet sei – insbesondere unter denen, die selbst nicht davon betroffen sind bzw. betroffen zu sein scheinen. Sie gab zu, dass sie sich damals womöglich etwas vorgemacht hatte und räumte ein, dass es doch eine gläserne Decke geben könnte. Und sie stellt sich heute die Frage, ob sie nicht schneller Karriere gemacht hätte, wenn sie ein Mann gewesen wäre. Ein Blick auf die Ärzt:innen-Zahlen bei Asklepios legt das zumindest nahe: Während Dr. Sheikhzadeh zufolge bei den Asklepios-Fachärzt:innen noch knapp die Frauen überwiegen, ist unter den leitenden Oberärzt:innen nur noch weniger als jede dritte Person weiblich. Und bei den Chefärzt:innen liegt der Frauenanteil sogar nur noch bei rund 18 %, mit einer deutlichen Variabilität je nach Fachgebiet: Während beispielsweise in der Psychosomatik 40 Chefärztinnen auf einen 1 Chefarzt kommen, ist es in der Kardiologie 1 Chefärztin auf 74 Chefärzte.

 

Dieses Ungleichgewicht gilt es zu adressieren – aber wie? Für Dr. Sheikhzadeh liegt die primäre Aufgabe von Asklepios als Institution darin, Frauen zu finden, zu binden und spezifisch zu fördern, um so auch dem Fachkräftemangel zu begegnen – denn die Hälfte der Fachkräfte ist weiblich. Ein wesentlicher Scheidepunkt bei den Wegen von Männern und Frauen ist ihr zufolge der Zeitpunkt, wenn die Frau Mutter wird. Daher unterhält Asklepios eigene Kindertagesstätten, deren Öffnungszeiten an die Anforderungen von Krankenhauspersonal angepasst sind. An drei Hamburger Standorten sind die Kitas „nur“ 12 Stunden geöffnet (von 6 bis 18 Uhr), angestrebt wird aber, dass zukünftig alle Asklepios-Kitas bis 22 Uhr geöffnet sind – auch, um die Spätdienste von Pfleger:innen abzudecken. Das reicht aber Dr. Sheikhzadeh zufolge nicht aus, um dem Fachkräftemangel an Kliniken zu begegnen. Daher hat Asklepios als neue Maßnahme vor 1,5 Jahren ein Mitarbeitenden-Unterstützungsprogramm (EAP, Employee Assistance Program) namens Insite eingeführt, das von einem Dienstleister betrieben wird. Dieses umfasst vielfältige Hilfsangebote für private und berufliche Bereiche, zum Beispiel Gesundheit und Work-Life-Balance, Familie und Partnerschaft, Finanzen, Versorgungsmanagement, Rechtsberatung und Krisenhilfe. Das Programm garantiert beispielsweise, dass bei einem Ausfall von Kitas innerhalb von 24 Stunden eine Kinderbetreuung organisiert wird. Das Programm ist für alle Mitarbeitenden kostenlos und erfreut sich wachsender Beliebtheit – und nach Ansicht von Dr. Sheikhzadeh lohnt sich ein solches Programm finanziell für die Unternehmen, denn damit gelingt es, Mitarbeitende zu binden oder für sich zu gewinnen.

 

Als innovatives Arbeitszeitmodell stellte Dr. Sheikhzadeh SAT vor („Selbstbestimmtes Arbeiten in Teilzeit“). SAT wurde für Pflegekräfte gestartet und soll in Q3 bei den Ärzt:innen einer Klinik als Pilotprojekt eingeführt werden. Bei SAT können Personen unter Beachtung bestimmter Kriterien wie der Anzahl der Nacht- und Wochenenddienste ihren Wunschdienstplan in einer App hinterlegen und so aktiv mitgestalten. Eine weitere Innovation betrifft die Weiterbildung: Während bislang meist Personaloberärzt:innen über die Rotationen entscheiden, wird dieser Prozess Dr. Sheikhzadeh zufolge bei Asklepios an die IT ausgelagert und von einer künstlichen Intelligenz unterstützt, um eine koordinierte Weiterbildung unabhängig von möglichen Einflüssen wie dem Geschlecht zu gewährleisten. Um neue Wege zu finden und Innovationen zu fördern, hat Asklepios außerdem ein New-Leadership-Programm aufgesetzt: Hierbei werden bei regelmäßigen Treffen des Konzernvorstands mit jungen Assistenzärzt:innen gemeinsam Probleme diskutiert und sowohl Ideen des Vorstands vorgestellt als auch Ideen der Assistenzärzt:innen gesammelt. Ein weiterer neuer Weg, den Asklepios seit rund 2 Jahren geht, ist, Ärzt:innen mobiles Arbeiten von zu Hause zu ermöglichen – auch wenn dieses Homeoffice-Konzept anfangs gerade bei Chefärzt:innen auf Vorbehalte stieß. Zur Freude von Dr. Sheikhzadeh wurde das Angebot, PC-Arbeiten von zu Hause erledigen zu können, jedoch sehr gut angenommen.

 

Im Hinblick auf die Arbeitsmedizin hat sich Dr. Sheikhzadeh dafür eingesetzt, dass Chefärzt:innen ihrer Pflicht nachkommen, mit Schwangeren eine Schwangerschaftsbegutachtung durchzuführen und dabei das Ziel verfolgen, Berufsverbote zu vermeiden. Bislang passiere es noch zu häufig, dass Frauen in der Weiterbildung ihre Schwangerschaft so lange wie möglich verheimlichen, um weiter im OP arbeiten zu können. Und sie betonte, dass es auch bei Asklepios die Möglichkeit geteilter Chefärzt:innenpositionen gebe. Obwohl das Angebot Männern und Frauen offensteht, haben sich bislang ausschließlich Frauen darauf beworben. Sie zeigte sich aber überzeugt, dass sich zukünftig auch Männer dafür interessieren werden, denn die derzeitige Generation junger Assistenzärzt:innen hat deutlich andere Vorstellungen an die Arbeitsbedingungen als die aktuelle Generation von Chefärzt:innen. Bestätigt sieht sie sich dadurch, dass der Anteil der Männer in Teilzeit bereits steigt.

 

Neben strukturellen Veränderungen braucht es Dr. Sheikhzadeh zufolge aber auch Veränderungen des Mindsets in den Organisationen und der Gesellschaft – ihrer Einschätzung nach ist dies die deutlich schwieriger zu nehmende Hürde. Noch immer wird Männern mehr zugetraut als Frauen – womöglich auch, weil erstere selbstsicherer auftreten. Bei Asklepios versucht man unter anderem mit einem Führungskräfteseminar für Männer und Frauen namens „Empathisch führen“, die Führungskultur zu verändern. Als weiteren Baustein auf dem Weg zu gleichberechtigter Führung nannte Dr. Sheikhzadeh Rolemodels – und schlug damit die perfekte Brücke zum letzten Vortrag.

Starke Verbindungen, Netzwerke und Vorbilder

Dr. Nihal Wilde

 

Dr. Nihal Wilde leitet seit Oktober 2024 die Kardiologie am Bundeswehr-Zentralkrankenhaus in Koblenz. Ihre Antwort auf die Frage, ob Frau sein ein Karrierenachteil in der Herzmedizin ist, lautete bewusst provokativ „nein“. Ihrer Ansicht nach ist der Schlüssel zum Erfolg, gute und starke Verbindungen zu knüpfen. Mit solchen Verbindungen können Frauen sich gegenseitig auf ihrem beruflichen und wissenschaftlichen Weg stärken und sich so gemeinsam durchsetzen – auch in bislang traditionell von Männern dominierten Feldern. Sie selbst hat beispielsweise starke Verbindungen zu den Herzchirurginnen PD Dr. Miriam Silaschi und Dr. Susanne Sommer geknüpft: Dr. Sommer hat zeitgleich mit Dr. Wilde die Leitung der Herzchirurgie am Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz übernommen, sodass dort nun zwei Frauen an der Spitze der Herzmedizin stehen. Die beiden arbeiten zudem wissenschaftlich eng zusammen. Doch auch mit anderen Frauen wie der Kardiologin Dr. Nina Wunderlich, Leiterin der Sektion für strukturelle Herzerkrankungen an der Asklepios Klinik Langen, ist Dr. Wilde eng verbunden.

 

Weitaus wichtiger als Frauen-Netzwerke sind aus ihrer Sicht starke Verbindungen zu Personen mit großer nationaler und internationaler Sichtbarkeit (und damit derzeit in der Regel zu Männern), denn nur so könne man wirklich etwas bewirken. Für die Zukunft wünscht sie sich, dass Frauen Hand in Hand arbeiten, aufeinander achtgeben und sich gegenseitig stärken – ohne jedoch die Männer auszuschließen. Dr. Wilde zufolge lassen sich nämlich mit geschlechterübergreifenden, diversen Netzwerken die stärksten Verbindungen schaffen, mit deren Hilfe sich Frauen gut positionieren können, ohne Kämpfe führen zu müssen.

 

Danach gefragt, ob es eine Rolle gespielt hat, dass sie in einem Krankenhaus der Bundeswehr tätig ist, rief Dr. Wilde ins Gedächtnis, dass sich ab 2014 die damalige Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen stark für die Frauen in der Bundeswehr eingesetzt hatte, vor allem für die Frauen im Sanitätsdienst. Sie führte eine Quotenregelung ein, der zufolge alle Führungspositionen, darunter auch die Chefärzt:innenpositionen, von Frauen besetzt werden sollten. Dies stieß bereits damals auf großen Widerstand, und auch heute sehe sie sich mit dem Vorwurf konfrontiert, sie habe ihre Position nur aufgrund der damaligen Quote erhalten. Dr. Wunderlich gab zu bedenken, dass zwar niemand die „Quotenfrau“ sein wolle, dass aber Quoten derzeit womöglich noch notwendig seien, um den Weg dahin zu ebnen, dass Frauen rein aufgrund ihrer Leistung Anerkennung finden. Ähnlich sah dies Prof. Bleiziffer, die sich in der Herzchirurgie dafür einsetzt, dass Frauen gefördert werden und mehr Sichtbarkeit erhalten. Zu ihren Forderungen gehört, dass auf Kongressen der Anteil der weiblichen Vorsitzenden steigt und dass für den Vorstand der Fachgesellschaft ein fester Frauenanteil eingeführt wird, um eine Repräsentanz sicherzustellen. Auch betonte sie die große Bedeutung von weiblichen Vorbildern für den herzchirurgischen Nachwuchs, da in der Herzchirurgie der Anteil der Frauen, die diesen Weg einschlagen, bei lediglich 25 bis 30 % liegt. Sie beschloss das Symposium mit dem Zitat  von Madeleine Albright „Es gibt einen besonderen Platz in der Hölle für Frauen, die keine anderen Frauen gefördert haben“.

Referenzen

  1. Hibbeler B, Korzilius H. Arztberuf: Die Medizin wird weiblich. Dtsch. Ärzteblatt 2008;105(12):A609-A612.
  2. Güder G et al. Schwangerschaft und Mutterschutz in der Kardiologie und in der Kinder- und Jugendkardiologie. Kardiologie 2024;18:200-212.
  3. Lerchenmüller C et al. Moving toward gender equity in the cardiology and cardiovascular research workforce in Germany: a report from the German Cardiac Society. Eur Heart J Open 2023;3(2):oead034.

ACHTUNG: Der Inhalt der Sitzungen repräsentiert die Meinungen der Teilnehmer und Mitwirkenden des Symposiums. Die vorgelegten oder diskutierten Aussagen oder klinischen Fälle spiegeln das klinische Urteil der Ärzte wider. Abbott übernimmt keine Haftung für die Folgen ungenauer oder irreführender Aussagen oder dem Einsatz eines Devices außerhalb des zugelassenen Indikationsbereiches. Diese Webseiten sind nur für die Nutzung von medizinischem Fachpersonal gedacht. 

 

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