Frühwarnsystem bei Dekompensation: Pflaster verhindert Krankenhaus

Das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz ist verbesserungsfähig. Ein neues Pflaster, das eine Warnung vor drohendem Lungenödem generiert, könnte Fortschritte bringen.

Von Peter Overbeck

 

30.03.2023

Beim Herzinsuffizienz-Telemonitoring geht es im Kern darum, Patientinnen und Patienten, bei denen sich der Zustand verschlechtert, früh zu erkennen, um möglichst einen Klinikaufenthalt oder andere unerwünschte Ereignisse zu verhindern. Im Wesentlichen werden dazu derzeit das Körpergewicht und EKG-Befunde genutzt. Es gibt außerdem Impedanz-messende Systeme, die den Nachteil haben, dass sie (in der Regel) implantiert werden müssen. Bei der ACC-Tagung in New Orleans wurden jetzt Studiendaten zu einem neuen Tool vorgestellt, mit dem sich der Flüssigkeitsgehalt in thorakalen Geweben nicht-invasiv überwachen lässt.

 

Konkret berichtete Prof. Dr. John Boehmer von der Pennsylvania State University über die Ergebnisse der BMAD-Studie, an der 522 Menschen teilnahmen, die innerhalb der letzten zehn Tage wegen Herzinsuffizienz hospitalisiert worden waren. Die Höhe der LVEF spielte für einen Studieneinschluss keine Rolle. Alle Patienten erhielten ein telemedizinisches Pflaster, das ungefähr handtellergroß ist und linksseitig auf die Thoraxwand geklebt wird. Es handelte sich um das µCor Heart Failure Management System (HFMS) von Zoll Medical. Das Pflaster nutzt Radiofrequenzwellen einer Frequenz von 0,5-2,5 GHz, die ins Gewebe „gesendet“ und dort reflektiert werden. Daraus lässt sich der Flüssigkeitsgehalt im Gewebe abschätzen. Anders als klassische Impedanzmessungen arbeitet dieses Tool also nicht mit elektrischem Strom. Das System kann außerdem mit zwei Elektroden EKG und Herzfrequenz messen, es liefert außerdem die Atemfrequenz und über ein Akzelerometer die Körperposition.

 

Die BMAD-Studie war zweiarmig, aber nicht randomisiert. Die Patienten mussten das Pflaster jeweils 90 Tage lang tragen. Die ersten 257 Patienten waren die Kontrollgruppe. Die Daten dieser Patienten wurden genutzt, um Grenzwerte für die Alarmierung zu kalibrieren. Es gab aber keine telemedizinische Weiterleitung der Daten an die behandelnden Ärzte. Das geschah erst bei den folgenden 265 Patienten, der Interventionsgruppe.

7% absolute Risikoreduktion für Klinikeinweisung

Endpunkt der Studie war, wie bei derartigen Telemedizinstudien üblich, die Zeit bis zu ersten Herzinsuffizienz-bedingten Klinikeinweisung. Das Risiko war in der Gruppe mit telemedizinischer Überwachung um 38 % niedriger als in der initialen Kohorte, bei der die Daten nicht an die behandelnden Ärzte weitergeleitet wurden. Die absolute Risikoreduktion für Klinikeinweisung betrug 7 Prozentpunkte, eine „Number-Needed-to-Monitor“ von ungefähr vierzehn. „Die Herausforderungen bei Telemonitoring-Studien ist es, zu erreichen, dass die Kliniker auf die Daten auch reagieren. Wir hatten in unserer Studie klare Grenzwerte definiert, und wir haben dadurch Veränderungen der Behandlung erreicht, die anscheinend effektiv waren“, so Boehmer.

 

Der Kardiologe wies auf die Grenzen dieser Studie explizit hin. Ohne echte Randomisierung sei die Effektivität der vergleichsweise unkomplizierten Pflaster-Überwachung vorläufig nur eine allerdings vielversprechende Hypothese. Auch könnten die Überwachungsalgorithmen noch weiter ausgearbeitet werden, so Boehmer. Es sollten beispielsweise mitgelieferte Parameter wie Herzfrequenz oder Atemfrequenz mitberücksichtigt werden. Für die jetzt vorgestellte Studie wurden diese Parameter ignoriert, weil es explizit um die Nützlichkeit der Radiofrequenz-Messung ging. Die Details der Studie sind bisher noch nicht publiziert.


Literatur

Boehmer JP. Impact of Heart Failure Management Using Thoracic Fluid Monitoring From A Novel Wearable Sensor: Results of the Benefits of Microcor (μCor™) in Ambulatory Decompensated Heart Failure (BMAD) Trial. ACC 2023; Late-Breaking Clinical Trials IV. 6.3.2023, 8.30h-9.45h

 

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