Welche Alltagsgeräte können durch ihre elektromagnetischen Felder eine Gefahr für Patienten mit Herzrhythmusimplantaten sein? Zwei Deutsche Fachgesellschaften geben einen Überblick über die aktuelle Studienlage.
Welche Alltagsgeräte können durch ihre elektromagnetischen Felder eine Gefahr für Patienten mit Herzrhythmusimplantaten sein? Zwei Deutsche Fachgesellschaften geben einen Überblick über die aktuelle Studienlage.
Von Joana Schmidt
07.08.2019
Auch wenn moderne Schrittmacher und implantierte Defibrillatoren (ICD) im Alltag normalerweise nicht von elektromagnetischen Feldern beeinträchtigt werden, sollten betroffene Patienten bei manchen elektrischen Geräten vorsichtig sein. Überlagerungen dieser Felder mit kardialen Implantaten können sich unterschiedlich auswirken: So können sie etwa zu einem Moduswechsel bei Herzschrittmachern führen oder in schlimmeren Fällen zu schmerzhaften Schockabgaben bei implantierten Defibrillatoren.
Inzwischen passiert das jedoch aufgrund technischer Fortschritte bei den Implantaten nur noch selten, Studien ergaben 0,3 bis 0,7 Fälle pro 100 Patientenjahre. Viele Betroffene sind dennoch besorgt, sich durch mögliche Wechselwirkungen zu gefährden, manche schränken sich unnötig ein. Die folgenden acht Geräte sind immer wieder Thema, wenn es um die Sicherheit von Patienten mit Implantaten geht. Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) nehmen Stellung, welche davon ein besonderes Verhalten erfordern.
Moderne Handys und Smartphones stellen nur ein sehr kleines Interferenzrisiko dar. Ein Sicherheitsabstand von 15 cm zum Implantat, wie früher empfohlen, ist nicht mehr notwendig. In entsprechenden Studien gab es nur einen einzigen Fall mit nachgewiesenen Störsignalen, bei dem das Handy direkt auf die Hautstelle über dem Implantat gelegt wurde. Zu kabellosen Ladestationen sollten Patienten mit Schrittmachern und Defibrillatoren jedoch mindestens 10 cm Abstand halten.
Bei MP3-Playern konnten keinen störenden Interferenzen nachgewiesen werden, sie können bedenkenlos benutzt werden. Nur während der Nachsorgeuntersuchung sollten sie ausgeschaltet werden, da sie die Kommunikation zwischen Programmiergerät und Implantat stören können. Aufgrund der in Kopfhörern oder Lautsprechern verarbeiteten Magnete können Störungen bei Herzschrittmachern und Defibrillatoren auftreten, weshalb sie nie direkt auf der Stelle platziert werden sollten, an der diese implantiert sind.
In den Magnetfeldern elektronischer Sicherungssysteme im Eingangsbereich von Kaufhäusern sollten sich Implantatträger nicht lange aufhalten. Es gibt elektromagnetische, radiofrequente und akustomagnetische Diebstahlsicherungen, wobei letztere die größte Interferenzgefahr bergen. Auch zu radiofrequenten Systemen, sogenannten RFID-Scannern, sollten Patienten mit Herzschrittmacher 60 cm und Defibrillator-Träger 40 cm Abstand halten.
Studien zufolge stellen Detektoren an Flughäfen, egal ob zum Durchgehen oder handbetrieben, kein Risiko für Implantatträger dar.
Auch bei Hybrid- und Elektrofahrzeugen geben die Experten Entwarnung: Es wurde keine Wechselwirkung mit Implantaten festgestellt. Für Reisen mit Flugzeug oder Bahn gibt es ebenfalls keine ärztlichen Einschränkungen. „Reiserestriktionen für Patienten mit aktiven Herzrhythmusimplantaten können auf Basis der zugrunde liegenden Herzerkrankung indiziert sein, nicht jedoch wegen des reinen Vorhandenseins eines kardialen Implantates“, schreiben die beiden Gesellschaften in ihrer Stellungnahme.
Unter einer Hochspannungsleitung hindurchzugehen oder ein Erdkabel zu überqueren birgt kein Risiko für Patienten mit Devices. Auch korrekt installierte Stromleitungen im Haus stellen keine Gefahr dar. Zur Vermeidung elektromagnetischer Interferenzen sollten Schrittmacher- und Defibrillatoren-Träger besonders auf eine korrekte Erdung von elektrischen Geräten achten und defekte Haushaltsgeräte nicht mehr benutzen.
Bei Induktionsherden wird Implantatträgern ein Sicherheitsabstand von mindestens 25 cm empfohlen. Eine normale Herdbenutzung ist somit ohne Weiteres möglich.
Das Risiko von Interferenzen bei Körperfettwaagen erscheint gering. Da die geringe Anzahl der bisher untersuchten Patienten jedoch keine eindeutige Einschätzung zulässt, sollten Schrittmacherpatienten ohne ausreichenden eigenen Herzrhythmus und Defibrillator-Träger sie vorerst besser nicht verwenden.
Am besten sollte bereits vor der Implantation geklärt werden, ob der Patient im privaten oder beruflichen Umfeld starken Störquellen ausgesetzt ist. Beispielsweise kann der Arzt vor dem Eingriff Kontakt zur zuständigen Berufsgenossenschaft aufnehmen, um das Risiko schon im Vorfeld durch die individuell richtige Implantatauswahl und die Einstellung der Geräteparameter zu minimieren.
Ob Einschränkungen am Arbeitsplatz erforderlich sind, muss im Einzelfall entschieden werden. Das gilt etwa bei Arbeit mit technischen Geräten oder starken Permanentmagneten im direkten Arbeitsumfeld. Die Beurteilung sollte in Abstimmung von Arbeitgeber, Betriebsarzt und Arbeitsicherheitsbeauftragtem erfolgen mit dem primären Ziel, den Arbeitsplatz zu erhalten. „Die Erfahrung zeigt, dass in vielen Fällen eine Wiedereingliederung des Implantatträgers in den betrieblichen Alltag möglich ist“, so die Experten in der Stellungnahme.
Napp A. et al. Elektromagnetische Interferenz von aktiven Herzrhythmusimplantaten im Alltag und im beruflichen Umfeld. Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) und der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM). Der Kardiologe 2019. S. 216 – 235.
DGK-Pressemitteilung: E-Autos, Smartphones und Co. – Welche Geräte stören Funktionen von Herzschrittmachern und implantierten Defibrillatoren? 07.08.2019.