Eine Neuerung könnte sich anbahnen: Eine nichtinvasive Vagusnervstimulation hat sich bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern in einer Sham-kontrollierten Studie als effektiv erwiesen – sogar über mehrere Monate hinweg.
Eine Neuerung könnte sich anbahnen: Eine nichtinvasive Vagusnervstimulation hat sich bei Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern in einer Sham-kontrollierten Studie als effektiv erwiesen – sogar über mehrere Monate hinweg.
Von Veronika Schlimpert
30.01.2020
Für ausgewählte Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern wird es vielleicht bald eine neue, von den Patienten selbst durchführbare Behandlungsmethode geben. Erstmals konnten Wissenschaftler beweisen, dass eine regelmäßige nichtinvasive Stimulation des N. vagus die Vorhofflimmern-Last über längere Zeit reduzieren kann.
Die Ergebnisse der randomisierten, Sham-kontrollierten, doppelblinden Studie TREAT AF wurden aktuell im „Journal of The American College of Cardiology (JACC) Clinical Electrophysiology“ publiziert.
Zum Einsatz kam die sog. niedriggradige, transkutane, elektrische Stimulation des aurikulären Asts des N. vagus (low-level transcutaneous electrical stimulation, LLTS). Eine gewisse Bekanntheit erlangt hat die Methode bereits als Behandlungsoption für therapieresistente Epilepsie-Patienten. Im letzten Jahr hat eine Wiener Forschergruppe um Prof. Martin Andreas die LLTS als Therapieoption gegen perioperatives Vorhofflimmern ins Spiel gebracht.
Diesmal nahmen Prof. Stavaros Stavarakis und Kollegen von der Universität in Oklahoma die Indikation paroxysmales Vorhofflimmern ins Visier. Dafür haben sie 53 Patienten bewusst in einem relativ frühen Stadium der Rhythmusstörung rekrutiert, da in dieser Phase das autonome Nervensystem eine ausschlaggebende Rolle spielt. Die Idee war, durch die LLTS induzierte Hemmung des Sympathikotonus das Vorhofflimmern in seinem Ursprung zu unterdrücken.
Und genau das scheint zu funktionieren, zumindest lassen die aktuellen Studienergebnisse dies vermuten. 26 Patienten wurden instruiert, ein LLTS-Gerät über einen Clip am Tragus des rechten Ohrs zu befestigen. 27 Patienten sollten den Clip stattdessen am Ohrläppchen anbringen, sodass der N. Vagus nicht stimuliert wird (Shamkontrollgruppe).
Beide Gruppen wurden dazu angehalten, das Gerät einmal täglich für eine Stunde anzuschalten. Die Stimulation erfolgte mit einer Frequenz von 20 Hz, einer Pulsweite von 200 µs sowie mit einer individuell regulierbaren Stromstärke von mind. 1mA bis maximal zu einer Stärke, die noch gut verträglich war (im Mittel 16,8 mA in der Interventions- und 19,9 mA in der Kontrollgruppe).
Die Bilanz nach sechs Monaten kann sich sehen lassen:
„Diese Ergebnisse suggerieren, dass die LLTS als kostengünstige und risikoarmen Methode nach kurzen Stimulationsepisoden die Vorhofflimmern-Last bei ausgewählten Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern reduzieren könnte“, resümieren die Studienautoren.
Das Ansprechen auf die LLTS sei von Patient zu Patient allerdings sehr variabel, weisen sie einschränkend hin. Die Auswahl der Patienten sei somit entscheidend für die Wirksamkeit der Methode. Dies stellt die Wissenschaftler momentan allerdings vor ein Problem: Bisher gebe es keinen Biomarker, mit dem sich ein Therapieansprechen auf eine LLTS vorhersagen lasse. Eine Lösung für dieses Problem versprechen sich die Wissenschaftler von künftigen Studien.
Stavrakis S et al. TRanscutaneous Electrical vAgus nerve sTimulation to suppress Atrial Fibrillation (TREAT AF): a randomized clinical trial. J Am Coll Cardiol EP. 2020 Jan 29. Epublished DOI:10.1016/j.jacep.2019.11.008