Gute Erfahrungen mit innovativem Ablationsverfahren bei Vorhofflimmern

Mit einem innovativen Ablationsverfahren, das weitgehend ohne thermische Energie auskommt, konnten in einer Pilotstudie bei Patienten mit Vorhofflimmern gute Ergebnisse erzielt werden. Ein deutscher Experte sieht darin „eine der vielversprechendsten Neuentwicklungen“ in der Ablationstherapie.

Von Peter Overbeck

 

06.01.2022

Bei den derzeit zur Ablation bei Vorhofflimmern genutzten Methoden wird entweder Hitze (Radiofrequenzstrom-Ablation) oder Kälte (Kryoablation) als thermische Energie zur Verödung von atrialem Gewebe zwecks Unterbindung der elektrischen Leitung zwischen Lungenvenen und Vorhof (Pulmonalvenenablation) genutzt.

 

Ein alternatives nicht-thermisches Verfahren zur Generierung von Ablationsläsionen ist die sogenannte Pulsed Field Ablation (PFA). Bei der PFA-Methode werden für sehr kurze Zeit gepulste elektrische Felder mit hoher Amplitude erzeugt. Dadurch kommt es zur Destabilisierung der Zellmembran mit konsekutiver Steigerung der Membranpermeabilität, was schließlich zum Zelltod führt, zur sogenannten irreversiblen Elektroporation (IRE).

Zielgenaue Anlage von Ablationsläsionen

Die Methode wird schon seit einiger Zeit in anderen medizinischen Bereichen wie der Onkologie genutzt, etwa im Falle chirurgisch nicht resezierbarer Tumoren. Kardiologen hoffen, damit auch eine Option für eine zielgenaue Ablation von Vorhofgewebe unter Schonung angrenzender Strukturen (Gefäße, Nerven) erhalten zu können, die zugleich eine Verkürzung von Prozedurdauer einschließlich Fluoroskopiezeit ermöglicht.

 

Klinisch geprüft wurde die neue Methode unter anderem in der nicht-randomisierten multizentrischen PULSED-AF-Pilotstudie (Pulsed Field Ablation to Irreversibly Electroporate Tissue and Treat AF). Zwischenergebnisse dieser „First-in-human“-Studie hat Studienleiter Dr. Atul Verma vom Southlake Regional Health Centre in Toronto, Kanada, bereits bei der Jahrestagung 2020 der Heart Rhythm Society (HRS Scientific Sessions virtual) vorgestellt. Jetzt ist die Studie im Fachblatt „Circulation: Arrhythmia and Electrophysiology“ publiziert worden.

 

Für die Studie waren an sechs Zentren in vier Ländern (Kanada, Australien, USA, Niederlande) insgesamt 38 relativ junge Patienten (mittleres Alter: 62 Jahre, 47% Frauen) mit paroxysmalem (92%) oder persistierendem Vorhofflimmern rekrutiert worden. Alle wurden einer Katheterablation mit einem speziellen Multielektrodenkatheter (PulseSelect, Medtronic) unterzogen, deren Ziel die alleinige Pulmonalvenenisolation (PVI) war.

Pulmonalvenen zu 100% isoliert

Am Ende der Ablationsprozedur konnten allein mittels PFA-Verfahren 100% aller 152 behandelten Pulmonalvenen akut isoliert werden (intraprozedural dokumentiert durch „entrance block“). Die Prozedurdauer (skin-to-skin procedure time) betrug im Schnitt 160 Minuten (im Median 141 Minuten), die linksatriale Verweilzeit im Schnitt 82 Minuten (im Median 83 Minuten). Die Fluoroskopiezeit geben die Studienautoren mit im Schnitt 28 Minuten an (im Median 25 Minuten).

 

Im Zeitraum von 30 Tagen nach Ablationsprozedur waren keine schwerwiegenden Device- oder Prozedur-bezogenen Komplikationen beobachtet worden. Als „Kollateralschäden“ der Ablationprozedur gefürchtete Komplikationen wie Pulmonalvenenstenose, Ösophagusläsionen mit Fistelbildung oder Schädigungen des naheliegenden Nervus phrenicus waren nicht zu verzeichnen. Auch Ereignisse wie Schlaganfall oder Tod traten nicht auf.

 

Limitierungen der PULSED-AF-Pilotstudie sind zweifellose das einarmige Studiendesign, die geringe Teilnehmerzahl und die kurze Nachbeobachtungsdauer. Die Untersuchergruppe um Atul Verma hat deshalb bereits eine größere klinische Studie von längerer Dauer (PULSED AF Pivotal Trial) in Planung.

„Eine der vielversprechendsten Neuentwicklungen der letzten zehn Jahre“

In Deutschland ist die neue Ablationsmethode im März 2021 von den Kardiologen PD Dr. Julian Chun und PD Dr. Boris Schmidt vom Cardioangiologischen Centrum Bethanien (CCB) am Agaplesion Markus Krankenhaus in Frankfurt zum ersten Mal zur Behandlung von Vorhofflimmern erfolgreich eingesetzt worden. „Das neue Verfahren der Elektroporation bietet die Chance, Ablationen noch sicherer zu gestalten und sie zugleich zu beschleunigen“, so die Einschätzung von Chun in einer anlässlich der Premiere veröffentlichten Pressemitteilung.

 

„Es handelt sich hierbei um eine der vielversprechendsten Neuentwicklungen der letzten zehn Jahre auf dem Gebiet der Katheterablation. Neben der Selektivität für Herzgewebe und somit Schonung sämtlicher umliegender Gewebe, wird diese Energie auch bei anderen Herzrhythmusstörungen – zum Beispiel in der Herzkammer – zu besseren Heilungschancen beitragen“, urteilt Schmidt in derselben Pressemeldung.


Literatur

Verma A et al. First-in-Human Experience and Acute Procedural Outcomes Using a Novel Pulsed Field Ablation System: The PULSED AF Pilot Trial; Circ Arrhythm Electrophysiol. 2022;15:e010168. DOI: 10.1161/CIRCEP.121.010168

 

Pressemeldung des Agaplesion Markus Krankenhauses vom 30. März 2021: Deutschlandpremiere: Neues Verfahren bei Vorhofflimmern.

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