HERZMEDIZIN: Welche der US-amerikanischen Empfehlungen haben das Potenzial, die hiesigen Diagnose- und Managementstrategien zu verändern?
Sommer: Insbesondere die in den US-amerikanischen Leitlinien geäußerte Klasse-I-Empfehlung für die Katheterablation als Erstlinientherapie für Patientinnen und Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern könnte auch die hiesigen Managementstrategien in Richtung einer frühen interventionellen Rhythmuskontrolle beeinflussen. Darüberhinausgehend könnten auch die in den US-amerikanischen Leitlinien erweiterten Indikationen für einen perkutanen Vorhofohrverschluss unter Einbeziehung der individuellen Patientenpräferenz in den hiesigen Managementstrategien Einfluss finden.
HERZMEDIZIN: Welche Herausforderungen könnten sich daraus für die deutsche Praxis ergeben?
Sommer: Basierend auf den Aktualisierungen der US-amerikanischen Vorhofflimmerleitlinien, die möglicherweise auch in den kommenden ESC-Leitlinien Eingang finden könnten, ist durch die Aufwertung der Indikation zur Ablationsbehandlung von Vorhofflimmern eine Zunahme der durchzuführenden Interventionen zu erwarten. Die frühe Identifikation von Patientinnen und Patienten, die einer Ablationsbehandlung zugeführt werden sollten sowie die Durchführung von Ablationen an Fachzentren unter Einbeziehung moderner Technologien kann vor dem Hintergrund möglicher Krankenhausreformen eine Herausforderung darstellen.
HERZMEDIZIN: Welche konkreten Aspekte der aktuellen US-Guidelines werden für das in diesem Jahr geplante Update der europäischen bzw. deutschen Leitlinien eine Rolle spielen?
Sommer: Die erweiterten Indikationen zur Ablationsbehandlung als Erstlinientherapie von Patientinnen und Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern sowie von Vorhofflimmerpatientinnen und -patienten mit chronischer Herzinsuffizienz kann als ein zentraler Aspekt der aktualisierten US-amerikanischen Leitlinien gesehen werden. Die wachsende Evidenz für die Ablationstherapie als Erstlinientherapie bei Vorhofflimmerpatientinnen und -patienten im Allgemeinen (z. B. STOP-AF-First-Studie4, EARLY-AF-Studie5) könnten sich auch in dem erwarteten Update der europäischen und deutschen Vorhofflimmerleitlinien widerspiegeln. Darüberhinausgehend ist eine Berücksichtigung der Studienergebnisse der CASTLE-HTx-Studie6 zu erwarten, die erstmals einen signifikanten Vorteil in einem kombinierten Endpunkt aus Mortalität, Herztransplantation und Implantation eines linksventrikulären Unterstützungssystems für Patientinnen und Patienten mit terminaler Herzinsuffizienz belegen konnte.
HERZMEDIZIN: Was ist aus Ihrer Sicht noch wichtig zu erwähnen?
Sommer: Die Unterschiede bei den LAA-Occludern (Left Atrial Appendage) müssen auch vor den Unterschieden in Bezug auf Vergütung und den allgemeinen Standard der Gesundheitsversorgung in den jeweiligen Regionen betrachtet werden. Daher macht es durchaus großen Sinn, dass für so unterschiedliche Gesundheitssysteme auch separate Leitlinien erstellt werden. Wir in Deutschland sind aus meiner Sicht gut beraten, uns an den ESC-Leitlinien zu orientieren.