Youngs für Youngs: Die Pulmonalvenenisolation

 

Die Pulmonalvenenisolation (PVI) gehört zur Standardbehandlung des Vorhofflimmerns (VHF) und wird fast in jeder Klinik, die über eine kardiologische Abteilung verfügt, durchgeführt. Bei der Durchführung der Pulmonalvenenisolation sind einige wichtige Aspekte zu beachten: Wie mache ich eine gute transseptale Punktion? Welche Ablationstechnik wähle ich für meine Patientinnen und Patienten? Welche Anästhesieverfahren benötige ich für die Prozedur? Ich hoffe, dass der folgende Text einen praktischen Überblick über die Prozedur gibt und die meisten Fragen der Youngs beantwortet.

Von:

Dr. Vera Maslova

Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Kiel

 

Expertenkommentar

Prof. Christian Meyer

Rubrikleiter Rhythmologie

 

Bildquelle (Bild oben): LightField Studios / Shutterstock.com

Indikationen und Kontraindikationen

 

Die Indikation für eine PVI ist symptomatisches, paroxysmales oder persistierendes Vorhofflimmern (Abb. 1A). Die Katheterablation ist entweder bei Resistenz gegen antiarrhythmische medikamentöse Therapie indiziert, oder kann im Rahmen einer “Shared Decision Making”-Strategie als First-Line-Behandlungsoption gewählt werden. Die wichtigsten Kontraindikationen sind: Nachweis eines Thrombus im linken Vorhofohr oder akuter systemischer Infekt zum Zeitpunkt der geplanten Prozedur.

Warum eine Pulmonalvenenisolation?

 

Eine entscheidende Rolle bei der Entstehung und Perpetuierung des VHF spielen spontane Depolarisationen aus den Pulmonalvenen. Mit diesem Wissen wurde das Konzept zur Behandlung des VHF entwickelt: die elektrische Isolation der Pulmonalvenen vom Myokard des linken Vorhofs. Die erste Publikation zur Pulmonalvenenisolation wurde im Jahr 1998 veröffentlicht. Infolge technologischer Fortschritte und zunehmender Evidenz hat sich das Verfahren mittlerweile weit etabliert.

Analgosedierung

 

Um stabile Untersuchungsbedingungen und einen maximalen Patientenkomfort zu gewährleisten, wird in der Regel eine tiefe Analgosedierung bei Katheterablationen empfohlen. Am häufigsten werden Propofol, Midazolam, das kurzwirksame Remifentanil , oder Fentanyl verwendet.  In seltenen Fällen kann es auch nötig sein, die Prozedur in Intubationsnarkose durchzuführen.

Zugang zum linken Vorhof

 

Als erster Schritt der Prozedur muss ein venöser Zugang, in der Regel über V. femoralis rechts, etabliert werden. Punktiert wird in der Regel sonographisch gesteuert (Abb. 1B). Anhängig von der Ablationstechnik werden in der Regel zwei oder drei Schleusen (8-8.5 French) in die Vene vorgebracht.

Der Zugang zum linken Vorhof wird mittels transseptaler Punktion etabliert. Dafür wird zunächst eine lange Schleuse über den Draht in die superiore Vena cava gebracht. Über die Schleuse wird eine transseptale Nadel eingeführt. Anschließend wird die Schleuse mit der Nadel durch bestimmte Manöver zurückgezogen und so positioniert, dass sie an der Fossa ovalis steht (Abb. 1C). In dieser Position wird das Septum mit der Nadel punktiert und ein Draht in den linken Vorhof vorgeschoben. Anschließend wird die lange Schleuse über den Draht eingeführt. Mit Etablierung des linksatrialen Zugangs ist eine Heparinisierung unter einer Activated Clotting Time (ACT) Kontrolle (ACT>300 Sek.) notwendig, um thromboembolische Komplikationen zu vermeiden.

Übersicht Pulmonalvenenisolation Abbildung: (A) Vorhofflimmern EKG; (B) Ultraschallgesteuerte Leistenpunktion; (C) Position der Schleuse mit Nadel bei der transseptalen Punktion (weißer Pfeil); (D) Voltage Map vom linken Vorhof mit Darstelllung der Pulmonalvenen und Radiofrequenz-ablationspunkte (rote Punkte); (E) Okklusion der linken oberen Pulmonalvene mit dem Kryoballon (weißer Pfeil); (F) Farapulse Katheter in „Flower“ Konfiguration (oben); PFA Applikation (unten). (Bildquelle: Dr. Vera Maslova)

Unterschiedliche Techniken und Energiequellen für PVI

 

Zurzeit gibt es drei Techniken für die PVI, die verwendet werden: Radiofrequenzablation, Kryoablation und Pulsed-Field Ablation (PFA). Die letzten beiden werden auch als “Single-shot PVI” bezeichnet. Die aktuelle Datenlage zeigt, dass keine dieser Techniken besser ist als die andere, jedoch gibt es natürlich einige Unterschiede zwischen den Verfahren.

Radiofrequenzablation

 

Bei diesem Verfahren wird als Energiequelle ein Radiofrequenzstrom genutzt und die Ablation wird mit einem steuerbaren Ablationskatheter “Punkt für Punkt” durchgeführt. Zunächst wird ein 3D-Mapping (mithilfe eines 3D-Navigationssystems und eines multipolaren Mappingkatheters) durchgeführt. Dies dient zur anatomischen Darstellung des linken Vorhofs und Pulmonalvenen-Ostien sowie zur Erfassung intrakardialer elektrischer Signale. Durch das Mapping können zusätzlich Bereiche mit reduzierter Voltage im linken Vorhof definiert werden. Anschließend werden die Pulmonalvenen möglichst Vorhof-nah (= „antral“) isoliert mit einem Kreis jeweils um die rechten und linken Pulmonalvenen (Abb. 1D). Hierbei wird je nach Technik und Patientin oder Patient eine Leistung von      20 bis 90 Watt verwendet.

Kryoablation

 

Diese Ablationsart wird mittels eines Kryoballonsystems durchgeführt, bei dem eine sehr niedrige Temperatur (ab -40°C) zur Venenisolation genutzt wird. Die niedrige Temperatur führt zur Vereisung des Gewebes und damit zu einer irreversiblen Zellschädigung. Mit dem Kryoballon werden die Pulmonalvenen nacheinander okkludiert. Die Kühlung erfolgt mittels Distickstoffmonoxid (N2O), das in den Ballon injiziert wird, wobei es von einem flüssigen in einen gasförmigen Zustand übergeht und so die Kühlung ermöglicht (Abb. 1E). In der Regel dauert eine Kryoapplikation für jede Vene ca. 180-240 Sekunden. Falls die Vene nach der Applikation nicht isoliert wurde, kann die Kryoapplikation wiederholt werden.

Pulsed-Field-Ablation (PFA)

 

Bei PFA erfolgt die Pulmonalvenenisolation v. a. durch Elektroporation. Durch elektrische Impulse wird die Zellmembran destabilisiert, was zur Bildung irreversibler Nanoporen führt und Apoptose, Nekrose und Narbenbildung zur Folge hat. Im Gegensatz zu den thermischen Verfahren ist die Elektroporation gewebeselektiv, sodass angrenzende Strukturen (wie beispielsweise der Ösophagus und der N. phrenicus) nicht beschädigt werden. Die PFA erfolgt mit einem Katheter, der seine Form ändern kann. Üblicherweise werden jeweils 4 Applikationen zunächst in der Basket- und Flower-Konfiguration  für jede Vene durchgeführt (Abb. 1F). Nach der Ablation wird überprüft, ob alle Venen isoliert sind.

Ist die eigentliche Isolation mittels des gewählten Verfahrens abgeschlossen, werden die Schleusen entfernt. Zum Verschluss der Punktionsstelle wird ein Verschlusssystem, eine Z-Naht, oder die manuelle Kompression verwendet. Noch im Katheterlabor wird echokardiographisch ein Perikarderguss ausgeschlossen. Die Entlassung erfolgt normalerweise am Folgetag.

 

 

Vor meiner ersten PVI hätte ich mir gewünscht, zu wissen, dass die Stelle der transseptalen Punktion entscheidend für die Durchführung der Prozedur sein kann, da es bei einer zu anterioren Lokalisation sehr schwierig ist, eine optimale Katheter- oder Ballonposition zu erreichen.

Nach 20 PVIs weiß ich, dass es jedes Mal einfacher und einfacher wird – man muss an sich selbst glauben!

PVI-Expertenkommentar/Tipp:

 

Hier muss selbstverständlich jede Person ihren ganz individuellen (Lern-)Rhythmus finden, der zu ihr selbst, den Kolleginnen und Kollegen, den Mentorinnen und Mentoren sowie der Kultur eines Zentrums passt.


Ein paar Gedanken:

 

  1. Frühestmöglich in der Ausbildung einmal eine PVI „zu sehen“, hilft von Anfang an wichtige Details zu verinnerlichen, die bei der Indikationsstellung, Patientenaufklärung, -vorbereitung und der Befundinterpretation nach der PVI hilfreich und lehrreich sein können.
  2. Jeden Tag etwas Konkretes bzw. Praktisches „dazuzulernen“ (Anatomie, EKG, Tracings/Signalinterpretation, Physiologie, Stimulationsmanöver, Materialkunde etc.) kann darauf aufbauend eine beruhigende Grundlage für die ersten interventionellen Schritte sein.
  3. Besteht die Möglichkeit, sich in einer Prozedur einbringen zu können, sind die Kenntnis von der genauen Patientengeschichte sowie dem Team, den Prozessen (auch in Notfallsituation), der Räumlichkeiten (Material, Medikamente, Defibrillator etc.), selbstverständlich für einen erfolgreichen Start unverzichtbar.
  4. Viele Schritte bei der PVI, sowie natürlich auch anderen Prozeduren, müssen und sollten nicht (erst) an den Patientinnen und Patienten verinnerlicht werden (Ablauf der Prozedur, Umgang mit Drähten/Schleusen/Kathetern etc.), sondern können unzählige Male in entspannter Atmosphäre außerhalb des Herzkatheter-/EPU-Labors trainiert werden.
  5. So kann sich zur natürlichen Anspannung gleich von Anfang an etwas Sicherheit gesellen und es bleibt Raum für die Fragen zum Wesentlichen.

Zur Person

Dr. Vera Maslova

Dr. Vera Maslova ist Assistenzärztin in der Kardiologie am UKSH, Campus Kiel. Sie schloss 2018 ihr Medizinstudium in Moskau ab und begann ihre Facharztausbildung in Deutschland. Schon im Studium begeisterte sie sich für die Elektrophysiologie. Derzeit rotiert sie im EP-Labor und schätzt die rhythmologische Patientenversorgung sowie das Lösen spannender Fälle.

Zur Person

Prof. Christian Meyer

Prof. Christian Meyer leitet seit 2020 die Klinik für Kardiologe, Elektrophysiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Evangelischen Krankenhaus Düsseldorf. Sein Tätigkeitsschwerpunkt ist die interventionelle Kardiologie mit dem Fokus auf die Prävention und Behandlung von komplexen Herzrhythmusstörungen

Bildquelle: Privat

Referenzen

 

  1. Tilz, R., Busch, S., Frerker, C. et al. Analgosedierung in der Kardiologie. Kardiologie 2024 · 18:187–199. doi:10.1007/s12181-023-00658-5. URL: https://herzmedizin.de/fuer-aerzte-und-fachpersonal/leitlinien/leitlinien-katalog/Konsensuspapier-der-DGK-und-DGAI-2024-Analgosedierung-in-der-Kardiologie.html
  2. Garcia R, Waldmann V, Vanduynhoven P, et al. Worldwide sedation strategies for atrial fibrillation ablation: current status and evolution over the last decade. Europace. 2021;23(12):2039-2045. doi:10.1093/europace/euab154
  3. https://www.universimed.com/ch/article/kardiologie-gefaessmedizin/innovationen-katheterablation-vorhofflimmern-142932

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