5 TAVI-Klappen im Vergleich: Parallelen und kleine Unterschiede

In einer Studie wurde das Outcome mehrerer TAVI-Klappen unter Alltagsbedingungen miteinander verglichen. Dabei stellten die Autoren neben Parallelen auch kleine, aber feine Unterschiede fest.

Von Veronika Schlimpert

 

22.12.2022

Die klinischen Ergebnisse sind bei den fünf derzeit am meisten verbreiteten TAVI-Klappen ziemlich vergleichbar. Zu diesem Fazit kommen Kardiologen um Dr. Giuliano Costa aus Catania in Italien nach Auswertung der multizentrischen, prospektiven OBSERVENT II-Studie. Trotz allem konnten die Autoren kleine Unterschiede feststellen, die durchaus Auswirkungen auf die langfristige Prognose der Patienten haben können.

 

In der OBSERVENT II-Studie wurden 2.728 Patientinnen und Patienten, die zwischen 2016 und 2018 an einer der 30 beteiligten italienischen Krankenhäuser eine Evolut R-, Evolut PRO-, SAPIEN 3-, ACURATE Neo- oder Portico-TAVI-Klappe implantiert bekommen hatten, ein Jahr lang nachverfolgt.  

 

Die Autoren setzten die während dieser Zeit aufgetretenen Todesfälle, Schlaganfälle und Rehospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz (der kombinierte primäre Endpunkt) mit den verwendeten TAVI-Prothesen in Beziehung und adjustierten die Ergebnisse in Bezug auf die Baselinecharakteristika. Dafür verwendeten sie eine spezielle statistische Methode, das „inverse probability of treatment weighting“ (IPTW).

Keine Unterschiede beim primären Endpunkt

Die Ergebnisse dieser Auswertung im Überblick:

 

  • Der kombinierte Endpunkt aus der 1-Jahres-Mortalität, Schlaganfällen und herzinsuffizienzbedingten Rehospitalisierungen kam in allen fünf TAVI-Gruppen vergleichbar häufig vor: 23,9% mit Evolut R, 24,7% mit Evolut PRO, 21,5% mit SAPIEN 3, 23,7% mit ACURATE Neo und 27,4% mit Portico (p=0,56).
 
  • Die Verwendung der SAPIEN 3-Klappe ging mit vergleichsweise niedrigeren Raten an erforderlichen Schrittmacherimplantationen einher (12,5% [SAPIEN 3] vs. 19,9% [EVOLUT R] vs. 19,3% [EVOLUT PRO] vs. 14,7% [ACURATE Neo] vs. 22,1 % [Portico], p ˂ 0,01).
 
  • Ebenso kam es nach Implantation der SAPIEN 3-Klappe signifikant seltener zu paravalvulären Regurgitationen als nach Implantation der anderen Klappen (mittlerer bis schwerer Insuffizienzgrad bei 2,1% [SAPIEN 3] vs. 10,1% [Evolut R] vs. 5,0% [Evolut PRO] vs. 13,1% [ACURATE Neo] vs. 10,8% [Portico]; p ˂ 0,01).
 
  • Evolut R und Evolut PRO sowie ACURATE Neo hatten dafür die geringsten Druckgradienten über der Klappe früh nach der Implantation, am höchsten war der mittlere Gradient bei der SAPIEN 3-Klappe (7,0/6,0 mmHg [Evolut R/PRO] und 7,0 mmHg [ACURATE Neo] vs. 10,0 mmHg [SAPIEN 3] vs. 8,0 mmHg [Portico]; p˂ 0,01).

Klappendesign kann über Klappenwahl entscheiden

Für die Autoren machen diese Ergebnisse deutlich, dass die Klappenwahl mittelfristig keinen Einfluss auf die klinischen Ergebnisse hat, und die Entscheidung deshalb im Wesentlichen in Abhängigkeit der Patientencharakteristika und der Besonderheiten des jeweiligen Klappendesigns getroffen werden kann. Trotzdem sollte man ihrer Ansicht nach bei der Patientenselektion nicht außer Acht lassen, dass die jeweiligen Klappenarten mit unterschiedlichen Schrittmacherraten einhergehen. Denn eine Schrittmacherimplantation könne die Prognose der Patienten auf lange Sicht beeinflussen, erläutern sie, deshalb seien diese Überlegungen speziell bei Patienten mit Risikofaktoren für die Entwicklung eines hochgradigen AV-Blocks wichtig.

Inzwischen gibt es neuere Klappenversionen

Zwar haben Costa und Kollegen in ihrer Studie die nach ihren Angaben am weitesten verbreiteten TAVI-Klappen miteinander verglichen. Allerdings handelte es sich nicht um die neuesten Klappenversionen, wie die Autoren einschränkend zugeben. So gibt es inzwischen Weiterentwicklungen auf dem Markt wie die Klappen Evolut PRO+, SAPIEN 3 ULTRA, ACURATE neo2 (zu dieser wurden kürzlich Daten aus der Praxis publiziert) und Navitor. Die bei diesen Klappen vorgenommenen Verbesserungen im Klappendesign und bei den Einführsystemen haben das Ziel, das Auftreten bleibender paravalvuläre Regurgitationen zu minimieren und die Klappenimplantation zu erleichtern. Sprich, die aktuellen Daten spiegeln unter diesen Voraussetzungen nicht mehr den aktuellen Stand wider.

 

Anhand dieser Daten eine Aussage zur eigentlichen Klappenperformance zu treffen, ist ebenfalls nicht möglich, weil keine echokardiografischen Follow-up-Daten vorliegen. Und zu guter Letzt wird die Aussagekraft der Studie durch die fehlende Randomisierung eingeschränkt, da Störfaktoren selbst nach der Adjustierung nicht auszuschließen sind.


Literatur

Costa G et al.Real-World Multiple Comparison of Transcatheter Aortic Valves: Insights From the Multicenter OBSERVANT II Study. Circ Cardiovasc Interv. 2022;15:e012294. DOI: 10.1161/CIRCINTERVENTIONS.122.012294

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