Bioprothesen-Versagen: Valve-in-Valve-TAVI oder chirurgische Revision?

Im Fall eines Bioprothesen-Versagens nach chirurgischem Aortenklappenersatz kann die Behandlung operativ, aber auch katheterbasiert mittels TAVI erfolgen. Eine Metaanalyse von „Real World“-Daten gibt Aufschluss über das Leistungsprofil beider Methoden bei dieser Indikation.

Von Peter Overbeck

 

03.01.2023

Patienten mit chirurgischem Aortenklappenersatz erhalten inzwischen immer häufiger biologische anstelle mechanischer Klappenprothesen. Damit entfällt zwar die Notwendigkeit einer oralen Langzeit-Antikoagulation; aufgrund der limitierten Haltbarkeit von Bioprothesen steigt aber auch die Wahrscheinlichkeit eines erforderlichen Zweiteingriffs wegen Bioprothesen-Versagens.

 

Anstelle chirurgischer Revisionseingriffe wird in solchen Fällen heute die katheterinterventionelle Methode der Transkatheter-Aortenklappenimplantation (TAVI) zunehmend genutzt. Wird eine neue TAVI-Klappenprothese in eine degenerierte Aortenklappen-Bioprothese implantiert, spricht man von einer „Valve in Valve“(ViV)-TAVI.

 

Randomisierte Studien zum Vergleich von ViV-TAVI-Prozeduren und chirurgischen Revisionseingriffen bei degenerierten Aortenklappen-Bioprothesen gibt es nicht. Bei der Bewertung der relativen Effektivität und Sicherheit beider Methoden ist man derzeit auf Daten aus retrospektiven Beobachtungsstudien angewiesen.

Daten von knapp 8.900 Patienten

Eine internationale Arbeitsgruppe um den Herzchirurgen Prof. Michael Borger von der Universitätsklinik für Herzchirurgie in Leipzig hat jetzt die aus Daten entsprechender Studien resultierende Evidenz in einer umfangreichen Metaanalyse aufgearbeitet. Das Interesse der Forscher galt dabei primär der in einem kurz- bzw. mittelfristigen Zeitraum mit beiden Methoden assoziierten Mortalität.

TAVI im Vorteil bzgl. Mortalität in der Frühphase …

Für die Metaanalyse hat die Gruppe Daten aus 15 Studien mit insgesamt 8881 beteiligten Patientinnen und Patienten mit Bioprothesen-Versagen nach chirurgischem Aortenklappenersatz herangezogen. Von den Studienteilnehmern waren 4.458 (mittleres Alter 77 Jahre) einer ViV-TAVI-Prozedur und 4.423 (mittleres Alter 70 Jahre) einer erneuten Klappenersatzoperation unterzogen worden.

 

Unter die kurzfristige Mortalität wurden je nach Studie alle innerhalb von 30 Tagen (10 Studien) oder in der Inhospitalphase bzw. perioperativ/periinterventionell aufgetretenen Todesfälle (5 Studien) subsummiert. Die Rate für die entsprechende Mortalität war mit 2,8% versus 5,0% in der Gruppe mit ViV-TAVI signifikant niedriger als in der Gruppe mit Reoperation (Risk Ratio, RR: 0,55; p=0,02).

… aber mittelfristig kein Unterschied bei der Sterblichkeit

Daten zur mittelfristigen Mortalität waren aus neun Studien (n=2.773) mit einer Follow-up-Dauer von bis zu fünf Jahren verfügbar. Auf Basis dieser Studien ergab sich kein Unterschied bezüglich der Sterblichkeit zwischen ViV-TAVI und erneuter Klappenersatzoperation (Hazard Ratio: 1,27, p=0,37).

 

Die Rate für ein akutes Nierenversagen war nach ViV-TAVI-Prozeduren im Vergleich signifikant niedriger (RR: 0,54, p=0,02), während die Raten für Klappenprothesen-Insuffizienzen (RR: 4,18; p=0,003) und für einen schweren Patienten-Prothesen-Mismatch (RR: 3,12; p<0,001) im Vergleich zur Gruppe mit chirurgischem Zweiteingriff jeweils signifikant höher waren. Auch der mittlere Gradient über der Aortenklappe war nach ViV-TAVI-Eingriffen höher (p=0,008). Im Hinblick auf Herzinfarkte (p=0,93), Schlaganfälle (p=0,26) und permanente Schrittmacherimplantationen (p=0,21) unterschieden sich beide Gruppen dagegen nicht.

 

Nach diesen Ergebnissen scheint die ViV-TAVI-Methode im Fall eines Bioprothesen-Versagens nach chirurgischem Aortenklappenersatz zumindest bezüglich der Mortalität innerhalb der ersten 30 Tage die vorteilhaftere Methode zu sein ­- trotz der Tatsache, dass die Patienten dieser Gruppe älter und mit einer höheren Komorbidität belastet waren. Grund dafür dürfte nach Ansicht der Autoren um Borger die im Vergleich zu Operation geringere Invasivität dieser Methode sein.

Ruf nach randomisierter Vergleichsstudie

Auf mittlere Sicht verliert sich in der Metaanalyse dagegen der Mortalitätsunterschied zwischen beiden Behandlungsmethoden. Das könnte auf einen „late catch‐up“ bei den Ereignissen in der ViV-TAVI-Gruppe aufgrund der „besseren hämodynamischen Performance“ nach chirurgischen Revisionseingriffen zurückzuführen sein, vermuten Borger und seine Mitautoren.

 

Angesichts der bekannten methodischen Schwachpunkte retrospektiver Beobachtungsstudien plädieren sie dafür, beide Behandlungsstrategien nun in einer randomisierten kontrollierten Studie mit einem ausreichenden Langzeit-Follow-up zu vergleichen.


Literatur

Raschpichler M et al. Valve-in-Valve Transcatheter Aortic Valve Replacement Versus Redo Surgical Aortic Valve Replacement for Failed Surgical Aortic Bioprostheses: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Am Heart Assoc2022;11:e7965. DOI: 10.1161/JAHA.121.024848

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