Hot Line 5: TAVI plus Revaskularisation und TAVI bei Frauen

 

ESC-Kongress 2024 | NOTION-3 & RHEIA: Koronarinterventionen bei TAVI-Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung sorgten immer für viel Diskussion – und ist TAVI bei Frauen effektiver als die konventionelle Chirurgie? Die NOTION-3- und die RHEIA-Studie haben hierzu neue Daten geliefert, die in der Hot-Line-Session 5 beim ESC-Kongress 2024 in London vorgestellt wurden.

Von:

Dr. Muhammed Gerçek
Bad Oeynhausen
Prof. Tanja Rudolph

Rubrikleiterin Strukturelle Herzerkrankungen

 

02.09.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Iakov Kalinin / Shutterstock.com

NOTION-3 hat gezeigt, dass eine Koronarintervention bei Patienten mit stabiler KHK und hochgradiger Aortenklappenstenose, die eine TAVI-Prozedur erhalten, die Rate an Tod, Herzinfarkt und notfallmäßiger Revaskularisation signifikant reduziert.

 

Die RHEIA-Studie hat die Behandlungsergebnisse bei Frauen mit Aortenklappenstenose verglichen. Im Hinblick auf Tod, Schlaganfall und Rehospitalisation ist die TAVI-Prozedur der konventionellen Chirurgie überlegen.

 

Das sind die beiden Studien im detaillierteren Überblick:

NOTION-3-Studie

 

Die ersten Ergebnisse der randomisiert-kontrollierten "North Atlantic Aortic Valve Intervention"-Studie (NOTION-3) wurden von Jacob Thomsen Loenborg vorgestellt.


Insgesamt wurden 455 Patienten mit stabiler KHK aus 12 Zentren in Dänemark, Finnland, Schweden und Lettland eingeschlossen und dabei auf Revaskularisation plus TAVI oder auf eine alleinige TAVI-Prozedur randomisiert. Eingeschlossen wurden dabei Patienten mit einer signifikanten Koronarstenose (> 90%iger Stenosegrad  oder Fractional Flow Reserve < 0,8). Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus Tod, Myokardinfarkt und notfallmäßige Revaskularisation innerhalb eines Jahres nach der TAVI-Prozedur.

Ergebnisse der Studie

 

Das mittlere Alter der Patienten betrug 81 Jahre und der Männeranteil lag bei ca. 66 %.


Entsprechend dem STS-Score von 3 % handelt es sich bei der Studienpopulation um ein Niedrig-Risiko-Kollektiv. 60 % der Patienten gaben pektanginöse Beschwerden an. Die Koronarintervention in der Untersuchungsgruppe wurde in 74 % vor der TAVI, 17 % während der TAVI und in 9 % nach TAVI durchgeführt.


Der kombinierte Endpunkt trat signifikant seltener in der intervenierten Gruppe auf (26 % vs. 36 %; Hazard Ratio (HR) 0,71; 95%-KI 0,51–0,99; p = 0,041) nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 2 Jahren.


Betrachtet man die einzelnen Komponenten des primären Endpunktes gab es keinen signifikanten Unterschied in der Sterblichkeitsrate (23 % vs. 27 %, HR 0,85; KI 0,59–1,23; p = 0,40), wobei die intervenierte Gruppe signifikant seltener einen Herzinfarkt erlitten hat und seltener notfallmäßig interveniert werden musste (8 % vs. 14 %; HR 0,54; KI 0,30–0,97; p = 0,037 und 2 % vs. 11 %; HR 0,20; KI 0,08–0,51; p < 0,001). Interessanterweise war das Ausmaß der KHK als leicht einzustufen, was sich in dem relativ geringem Syntax-Score von 9 in beiden Gruppen widerspiegelt. Patienten mit Hauptstammstenose wurden von der Studie ausgeschlossen.

Fazit zu NOTION-3

 

Zusammengefasst hat die NOTION-3-Studie gezeigt, dass Aortenklappenstenose-Patienten mit einer relevanten Koronarstenose auch bei stabiler KHK von einer Koronarintervention im Rahmen der TAVI-Behandlung profitieren und diese in den Behandlungsablauf etabliert werden sollte. Was der optimale Zeitpunkt für die Revaskularisation ist, kann aus den Daten allerdings nicht beantwortet werden.

RHEIA-Studie

 

In der gleichen Hot-Line-Session wurden auch die 1-Jahres-Ergebnisse der "Randomized researcH in womEn all comers wIth Aortic stenosis"-Studie (RHEIA) von Helene Eltchaninoff vorgestellt. Rationale dieser Studie war, dass Subgruppenanalysen darauf hinwiesen, dass die TAVI-Prozedur im Vergleich zur konventionellen Chirurgie bei Frauen effektiver sein könnte.


Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 433 Patientinnen aus 48 Zentren in 12 Ländern in Europa 1:1 auf eine transfemorale TAVI-Prozedur mit einer ballonexpandierenden Prothese oder konventionelle Chirurgie randomisiert.

Ergebnisse der Studie

 

Das mittlere Alter der Patientinnen betrug 73 Jahre mit einem niedrigen OP-Risiko (STS-Score = 2,2 %). Der primäre Endpunkt war als ein Kombinationsendpunkt aus Tod, Schlaganfall und Rehospitalisation festgelegt.


Der kombinierte Endpunkt trat signifikant weniger häufig in der TAVI-Gruppe auf (8,9 % vs. 15,6 %; HR 0,55; CI 0,34–0,88; p = 0,03), wobei eine Überlegenheit der TAVI-Prozedur gegenüber der konventionellen Chirurgie in dieser Patientinnen-Kohorte nachgewiesen werden konnte. Dennoch konnte kein signifikanter Unterschied in der Sterblichkeitsrate oder dem Schlaganfallsrisiko allein gezeigt werden, sodass der kombinierte Endpunkt vor allem durch die Reduktion der Rehospitalisierungsrate getrieben wurde. Dabei zeigte die TAVI-Gruppe eine niedrigere Rate an Vorhofflimmern (8,8 % vs. 2,9 %; p = 0,01), jedoch eine höhere Rate an Schrittmacherimplantationen (15,5 % vs. 2,4 %; p < 0,001).

Fazit zu RHEIA

 

Somit könnte die TAVI-Prozedur bei Patientinnen die Therapie der Wahl darstellen, wobei die Überlegenheit gegenüber der Chirurgie vor allem durch die niedrigere Rate an Rehospitalisierungen getrieben wurde und daher weitere Studien und Langzeitergebnisse abzuwarten sind.

Zum Autor

Dr. Muhammed Gerçek

Dr. Muhammed Gerçek ist als Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie am Herz- und Diabeteszentrum NRW der Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, Medizinische Fakultät OWL (Universität Bielefeld) in Bad Oeynhausen tätig. Er ist Forschungsstipendiat der Ruhr-Universität Bochum als Advanced Clinician Scientist mit Forschungsschwerpunkt auf Herzklappenerkrankungen.

Zur Autorin

Prof. Tanja Rudolph

Prof. Tanja Rudolph ist als Oberärztin und Leiterin der Interventionellen Kardiologie in der Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie/ Angiologie des Herz- und Diabeteszentrums NRW, Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum, in Bad Oeynhausen tätig. Ihre fachlichen Zusatzqualifikationen (DGK) erwarb sie in den Bereichen der Interventionellen Kardiologie und Herzinsuffizienz. 


Referenzen

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