Die operative Revaskularisation gilt aktuell bei einer koronaren 3-Gefäßerkrankung der PCI überlegen. Verbesserungen in der Diagnostik und der Technik insbesondere bei der interventionellen Revaskularisation stellen diese Empfehlung jedoch in Frage.
Die FAME-3-Studie randomisierte Patientinnen und Patienten mit koronarer 3-Gefäßerkrankung entweder zu einer FFR-gesteuerten, interventionellen Revaskularisation oder einer Bypass-Operation nach dem aktuellen Goldstandard. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus Tod, Schlaganfall, Myokardinfarkt und erneuter Revaskularisation. In den 1-Jahresdaten, die bereits 2015 veröffentlicht wurden, zeigte sich zunächst keine Ebenbürtigkeit der PCI hinsichtlich dieses kombinierten Endpunktes.2 Nun liegen die finalen 5-Jahresdaten vor und wurden beim ACC 2025 vorgestellt.
FAME 3 randomisierte 1.500 Patientinnen und Patienten mit angiographischen Stenosen ≥50 % Diameterstenose in den 3 großen epikardialen Koronarien ohne Hauptstammbeteiligung zu entweder einer FFR-gesteuerten, interventionellen Revaskularisation (PCI-Gruppe) oder einer Bypass-Operation (Coronary Artery Bypass Graft; CABG-Gruppe). Im PCI-Arm wurde eine PCI nur durchgeführt, wenn die FFR ≤0,80 war, die DAPT war für 6 Monate empfohlen und auch eine postinterventionelle FFR-Messung war empfohlen. In der CABG-Gruppe musste versucht werden, einen LIMA-Bypass anzulegen, zudem war die komplette arterielle Revaskularisation wenn möglich empfohlen. Die Information aus der FFR-Messung konnte, musste aber nicht verwendet werden. Patientinnen und Patienten im kardiogenen Schock, mit einer LV-Funktion <30 % oder einem STEMI 5 Tage vor Randomisierung waren von der Studie ausgeschlossen.
Der kombinierte primäre Endpunkt bestand wie schon beschrieben aus Tod, Schlaganfall, Myokardinfarkt oder erneuter Revaskularisation. Eine Auswertung der Daten nach 5 Jahren war präspezifiziert, die Kohorte jedoch nicht explizit dafür gepowered oder für entsprechende Vergleiche adjustiert.
Bei 96 % der Patientinnen und Patienten aus der PCI-Gruppe und 94 % der Patientinnen und Patienten in der CABG-Gruppe lagen Daten zum 5 Jahres-Follow-up vor. Die Patientinnen und Patienten waren im Median 66 Jahre alt, waren zu 82 % Männer, zu 29 % Diabetiker. Bei ca. 20 % zeigte sich ein chronischer Gefäßverschluss, bei fast 70 % mindestens eine Bifurkationsstenose, bei 12 % der Patientinnen und Patienten im PCI-Arm wurde eine intravaskuläre Bildgebung verwendet.
Nach 5 Jahren zeigte sich kein Unterschied hinsichtlich des kombinierten primären Endpunktes zwischen den Gruppen (PCI 16 % vs. CABG 14 %, HR 1,16; 95%KI [0,89;1.52], p=0,27). Bei den einzelnen Endpunkten zeigten sich keine Unterschiede hinsichtlich Mortalität (PCI 7 % vs. CABG 7 %, HR 0,99 (95%KI [0,67;1,46]) und Schlaganfall (PCI 2 % vs. CABG 3 %, HR 0,65; 95%KI [0,33;1,28]), allerdings war die Rate an Myokardinfarkten (Overall: PCI 8 % vs. CABG 5 %, HR 1,57 [1,04;2,36], prozedurale MI: PCI 2 % vs. CABG 1 %, spontane MI: PCI 6 % vs. CABG 4 %) und erneuten Revaskularisationen (PCI 16 % vs. CABG 8 %, HR 2,02; 95%KI [1,46-2,79]) in der PCI Gruppe höher.
In den Subgruppenanalysen zeigte sich lediglich bei den Patientinnen und Patienten mit einem SYNTAX-Score von 23-32, sowie bei Personen mit bereits im Vorfeld durchgeführter PCI ein Vorteil hinsichtlich einer operativen Revaskularisation. Andersherum zeigte sich kein Unterschied zwischen den beiden Studienarmen bei Patientinnen und Patienten mit niedrigem (<23) oder hohen (>32) SYNTAX-Score als auch bei Personen mit Diabetes.
Die gleichzeitig im Lancet3 erschienenen Langzeit-Ergebnisse der FAME-3-Studie zeigen erstmalig keinen signifikanten Unterschied zwischen interventioneller (FFR-gesteuerter) und chirurgischer Revaskularisation bei Patientinnen und Patienten mit einer koronaren 3-Gefäßerkrankung im klassischen kombinierten Endpunkt aus Tod, Schlaganfall, Myokardinfarkt und erneuter Revaskularisation.
Dennoch zeigte sich in der PCI-Gruppe ein häufigeres Auftreten von Myokardinfarkten und erneuten Revaskularisationen. Dies wäre jedoch möglicherweise – wäre die Studie nach den heutigen Standards unter der Verwendung von Algorithmen aus der intravaskulären Bildgebung für die komplexen Läsionen durchgeführt worden - bereits heutzutage nicht mehr so. Schon wieder fehlen hier nun also Daten, die die aktuellsten Techniken der interventionellen Revaskularisation berücksichtigen.
Die Ergebnisse der FAME-3-Studie zeigen, dass eine individualisierte Therapieentscheidung mit Rücksichtnahme auf Komorbiditäten, Frailty, aber auch bestehenden Revaskularisationsmöglichkeiten in Abhängigkeit der Koronaranatomie sicherlich für die einzelne Patientin oder den einzelnen Patienten auch bei koronarer 3-Gefäßerkrankung die beste Herangehensweise ist. Das Heart-Team und die interdisziplinäre Besprechung eines jeden einzelnen dieser Fälle sollte daher fest in unseren klinischen Alltag integriert sein.