Fasten stellt eine Stress-Situation für den Organismus dar und hat unter anderem dramatische Auswirkungen auf das Immunsystem, die wir noch nicht ganz verstehen. In Tierstudien konnten wir beobachten, dass Leukozyten beim Fasten aus dem Blut ins Knochenmark abwandern und dort ausharren, während gleichzeitig die Produktion an neuen Leukozyten herunter gedrosselt wird.8 Die Auswirkungen des Fastens sind komplex und ein spannendes Forschungsgebiet, zu dem wir in Aachen auch gerade eine klinische Studie initiiert haben.
Bei der Patientenpopulation der SCOFF-Studie handelte es sich um eine breitgefächerte Kohorte mit einem mittleren bis niedrigen Risiko, die unserem Klinik-Alltag entspricht. Im primären Endpunkt zeigte sich, dass das Nicht-Fasten nicht nur nicht-unterlegen, sondern sogar überlegen war. In der Fasten-Gruppe traten mehr Ereignisse des kombinierten primären Endpunktes auf, allerdings kein einziger Fall einer Aspiration. Interessanterweise waren die Haupttreiber des primären Endpunktes Hypotonien und Hyper-/Hypoglykämien - möglicherweise als Stressantwort auf das Fasten.
Insgesamt hat die SCOFF-Studie klar gezeigt, dass Fasten vor elektiven Herzkatheteruntersuchungen und in Sedierung durchgeführten Schrittmachereingriffen nicht nötig ist und sogar zu mehr Ereignissen (Hypotonie, Hyper-/Hypoglykämien) führt. Obwohl SCOFF eine kontrollierte klinische Studie ist, spiegelt sie das Real-World-Setting wider mit dem typischen Patientenkollektiv, das wir jeden Tag in der Klinik sehen. Daher haben wir dieses Studienergebnis bereits in die Praxis implementiert. Schon vor der SCOFF-Studie war ein kleines Frühstück vor dem Eingriff erlaubt, aber diese Regel wurde nochmals weiter gelockert, so dass vor elektiven Herzkatheter-Eingriffen bei stabilen Patientinnen und Patienten bei uns jetzt nicht mehr gefastet wird.