Gezielter Einsatz der PCI bei Angina pectoris

 

 

ORBITA-2-Subanalyse: Die PCI ist eine wirksame Alternative zur medikamentösen Therapie bei stabiler Angina pectoris – das hatte ORBITA-2 gezeigt. Allerdings waren die Effekte heterogen und mehr als die Hälfte der Betroffenen litt trotz kompletter Revaskularisierung weiterhin unter Symptomen. In der vorliegenden Subanalyse wurde untersucht, ob sich vorhersagen lässt, bei welchen Patientinnen und Patienten ein Nutzen der PCI zu erwarten ist.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-REdaktion

 

Prof. Tommaso Gori

Expertenkommentar

 

09.07.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Explode / Shutterstock.com

Hintergrund

 

ORBITA-2 (Objective Randomised Blinded Investigation with Optimal Medical Therapy of Angioplasty in Stable Angina-2) hatte ergeben, dass die perkutane Koronarintervention (PCI) bei stabiler Angina pectoris zwar die Symptome mit dreimal höherer Wahrscheinlichkeit gegenüber Placebo linderte, aber dennoch Beschwerden bei etwa 60 % der Patientinnen und Patienten bestehen blieben. In der vorliegenden Subanalyse wurde der Zusammenhang zwischen Symptomen und Schweregrad der Erkrankung untersucht, sowie die Fragestellung, ob sich die Wirksamkeit der PCI vorhersagen lässt.

Studienziel und Methodik

 

Die Symptome der Angina pectoris wurden vor der Randomisierung und nach der Behandlung mit Hilfe verschiedener Fragebögen abgefragt, darunter auch der Rose Angina Questionnaire der WHO. Die Bestimmung des Schweregrads der Erkrankung erfolgte zu Studienbeginn mittels quantitativer Koronarangiographie, Stress-Echokardiographie und fraktioneller Flussreserve.

Ergebnisse

 

Insgesamt wurden 301 Personen in ORBITA-2 eingeschlossen. Zu Studienbeginn betrug die mediane Anzahl der täglichen Angina-pectoris-Episoden 0,8 (0,4-1,6) und in 64 % der Fälle trafen die Rose-Kriterien zu sowie in 66 % der Fälle die Leitlinien-Kriterien für eine typische Angina pectoris.Die Durchmesserstenose betrug 61% (49%-74%), der Score für Stress-Echokardiographie 1,0 (0,0-2,7) und die fraktionelle Flussreserve 0,63 (0,49-0,75).

 

Der Zusammenhang zwischen Symptomen und Krankheitsschweregrad war gering: Die Korrelationskoeffizienten betrugen jeweils: 0,06 (95%-KI 0,00-0,08) für quantitative Koronarangiographie, 0,09 (95%-KI 0,02-0,10) für Stress-Echokardiographie und 0,04 (95%-KI 0,03-0,07) für fraktionelle Flussreserve.


Personen mit Angina pectoris gemäß den Rose-Kriterien profitierten allerdings eher von der PCI sowohl laut Symptom-Score (OR: 1,9; 95%-KI 1,6-2,1) als auch laut Angina-pectoris-Episoden (OR: 2,1; 95%-KI 1,8-2,4). Weiterhin lag eine höhere Wahrscheinlichkeit für den Nutzen der PCI bei einer typischen Angina pectoris (gemäß Leitlinien-Kriterien) vor – ebenfalls sowohl für den Symptom-Score (OR: 1,8; 95%-KI 1,6-2,2) als auch für die Anzahl der Angina-Episoden (OR: 2,0; 95%-KI 1,7-2,3).

Fazit

 

Diese Subgruppenanalyse weist daraufhin, dass nicht alle Personen mit Angina pectoris gleichermaßen von einer PCI profitieren. Daher ist die Patientenselektion entscheidend für den Therapieerfolg der PCI. Personen mit einer typischen Angina pectoris, die den Rose- oder Leitlinien-Kriterien entspricht, profitieren mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von der PCI. Dagegen bringt die PCI eher keinen Nutzen, wenn eine atypische Angina pectoris vorliegt. Diese Erkenntnis kann dazu beitragen, die PCI gezielter einzusetzen, so dass der Therapieerfolg maximiert und die Zahl der Personen minimiert wird, die trotz erfolgreicher Revaskularisierung weiterhin unter den Beschwerden einer Angina pectoris leiden.

Expertenkommentar

 

Angina hat, wie alle Symptome, eine komplexe Pathophysiologie und viele verschiedene Mechanismen. Mittlerweile ist allgemein bekannt, dass das primäre Ziel der Koronarinterventionen darin besteht, die Symptome und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern. Daher ist es äußerst wichtig, sicherzustellen, dass nur Betroffene, die das Potenzial haben, von einer PCI zu profitieren, sich einer Koronarangiographie unterziehen. Der Leitgedanke unserer Entscheidungen sollte daher sein: Bis auf wenige Ausnahmen sollten sich nur symptomatische Patientinnen und Patienten einer invasiven Untersuchung unterziehen.


Referenz

Simader FA et al. Symptoms as a Predictor of the Placebo-Controlled Efficacy of PCI in Stable Coronary Artery Disease. J Am Coll Cardiol. 2024 Jul 2;84(1):13-24. doi: 10.1016/j.jacc.2024.04.016. Epub 2024 May 15. PMID: 38759906.ormat

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