Neue AHA-Guideline PAD

 

AHA-Kongress 2024 | Guidelines: Die AHA/ACC-Guideline PAD (Peripheral Artery Disease) aus dem Jahr 2016 wurde aktualisiert. Das Leitlinien-Update enthält neue Erkenntnisse und Empfehlungen für die umfassende Versorgung von Patientinnen und Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK).1

 

Prof. Christos Rammos (Universitätklinikum Essen) kommentiert.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

Expertenkommentar  

Prof. Christos Rammos

Universitätsklinikum Essen

 

10.12.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Rudy Balasko / Shutterstock.com

Epidemiologie

 

Die pAVK betrifft 8-10 Millionen Menschen in den USA, die Mehrheit ist 65 Jahre und älter. Die mittlere jährliche Prävalenz der diagnostizierten pAVK liegt bei 12,4 %. Bis 2050 werden schätzungsweise 19 Millionen Menschen in den USA an pAVK leiden, davon werden 16 Millionen 65 Jahre und älter sein.2

Klassifikation und Diagnose

 

Nach der klinischen Präsentation wird die pAVK in folgende 4 Kategorien eingeteilt: asymptomatische pAVK, chronisch symptomatische pAVK, chronische Gliedmaßen-Ischämie (CLTI) und akute Gliedmaßen-Ischämie (ALI). Die Diagnose der pAVK umfasst neben der Anamnese und körperlichen Untersuchung die Messung des Knöchel-Arm-Index (ABI), wobei der ABI-Wert ≤ 0,90 die pAVK-Diagnose bestätigt. Zusätzlich zum ABI können weitere Messungen sinnvoll sein, wie z.B. der TBI (Zehen-Brachial-Index).
Zur genauen Charakterisierung und Prognose-Einschätzung der Patientinnen und Patienten mit pAVK gehört die Identifizierung der Risikofaktoren, wie höheres Alter (> 75 Jahre), Raucher, Diabetes, CKD, polyvaskuläre oder mikrovaskuläre Krankheiten und Depression. Weitere soziale modifizierende Faktoren sind (u.a.): geringe Bildung, niedriges Einkommen, mangelnder Zugang zu Gesundheitseinrichtungen und chronischer Stress.

Antithrombotische und lipidsenkende Therapie

 

Die antithrombotische Therapie gehört zu den Grundpfeilern der pAVK-Therapie. Bei symptomatischer pAVK wird die Monotherapie mit ASS (75-325 mg) oder Clopidogrel (75 mg) empfohlen. In Einklang zu den ESC-Leitlinien ist die Kombination aus Rivaroxaban (2,5 mg bid) mit niedrig dosiertem ASS (81 mg od) nur bei Personen mit symptomatischer pAVK ohne erhöhtes Blutungsrisiko indiziert. Die DAPT (duale Thrombozytenaggregationshemmung mit Aspirin und Clopidogrel) sollte auf den Zeitraum von 6 Monaten nach einer Revaskularisation begrenzt werden. Weiterhin sollen Personen mit pAVK mit High-Intensity-Statinen behandelt werden, mit dem Ziel, die LDL-C-Spiegel um ≥ 50 % zu senken.

Revaskularisation

 

Eine Revaskularisation (endovaskulär, chirurgisch oder hybrid) kommt in Betracht bei Menschen mit chronischer Ischämie, die auf eine vorhergehende medikamentöse Therapie mit strukturierter Bewegung nicht ansprechen. Die Auswahl der Revaskularisation erfolgt individuell auf Basis von Patientenpräferenz, anatomischen Befunden, perioperativen Risiken und dem erwarteten Nutzen. Die Therapieentscheidung und Versorgung von Personen mit pAVK, insbesondere bei chronischer Gliedmaßen-Ischämie, sollte grundsätzlich durch ein multidisziplinäres Behandlungsteam erfolgen.

Strukturierte Bewegungstherapie

 

Die antithrombotische Therapie gehört zu den Grundpfeilern der pAVK-Therapie. Bei symptomatischer pAVK wird die Monotherapie mit ASS (75-325 mg) oder Clopidogrel (75 mg) empfohlen. In Einklang zu den ESC-Leitlinien ist die Kombination aus Rivaroxaban (2,5 mg bid) mit niedrig dosiertem ASS (81 mg od) nur bei Personen mit symptomatischer pAVK ohne erhöhtes Blutungsrisiko indiziert. Die DAPT (duale Thrombozytenaggregationshemmung mit Aspirin und Clopidogrel) sollte auf den Zeitraum von 6 Monaten nach einer Revaskularisation begrenzt werden. Weiterhin sollen Personen mit pAVK mit High-Intensity-Statinen behandelt werden, mit dem Ziel, die LDL-C-Spiegel um ≥ 50 % zu senken.

Nationaler Aktionsplan

 

Zur Verbesserung der pAVK-Versorgung wurde ein nationaler Aktionsplan durch ein interdisziplinäres Expertenkomitee im Jahr 2022 entwickelt und veröffentlicht.2 Dieser Aktionsplan definiert 6 strategische Ziele (Awareness, Weiterbildung, Diagnose/Therapie, öffentliche Gesundheit, Forschung und Gesundheitspolitik) und richtet sich sowohl an Betroffene als auch an Ärztinnen und Ärzte sowie andere Fachkräfte im Gesundheitswesen. Die Implementation des Aktionsplans in die klinische Praxis hat oberste Priorität laut Leitlinien-Komitee.

Fazit

 

Die aktualisierte AHA/ACC-Guideline PAD (Peripheral Artery Disease) wertet die konservative Therapie auf, die neben der medikamentösen Behandlung auch das strukturierte Bewegungstraining umfasst. Damit stehen die US-amerikanischen Leitlinien im Einklang zu der ESC-Leitlinie und zu der deutschen S3-Leitlinie, die ebenfalls in diesem Jahr aktualisiert wurden.3,4 Auch die Empfehlungen zur antithrombotischen und lipidsenkenden Therapie stimmen weitestgehend überein. Somit gibt es einen breiten Konsens von nationalen und internationalen Empfehlungen zur Behandlung der pAVK.

Expertenkommentar

 

Die ACC/AHA Leitlinie bezieht sich auf die periphere arterielle Verschlusskrankheit im Gegensatz zur ESC-Leitlinie, welche die Karotiden und die Aortenerkrankungen einschließt. Einige wesentliche Punkte wurden durch die amerikanischen Kollegen herausgearbeitet: Im Einklang mit den europäischen Leitlinien (ESC sowie AWMF) wurde die antithrombozytäre Therapie aufgewertet. Besonderes Augenmerk ist jedoch auch auf die Behandlung älterer Patienten aus dem geriatrischen Formenkreis gelegt worden. Bei der Therapie der kritischen Extremitätenischämie sollte dringlich revaskularisiert werden. Bei „No Option“ Patienten, dh. einer nicht möglichen Revaskularisation ist eine Therapie mit Prostanoiden, einer intermittierenden pneumatischen Kompression oder auch einer venösen Arterialisierung durchzuführen, diese Empfehlung sind entsprechend dem Empfehlungsgrad als gleichwertig zu betrachten. Die Leitlinien schließen mit einer Prioritätenliste für Maßnahmen ab, welche von hoher Relevanz für die öffentliche Gesundheit sind. Der Aktionsplan mit dezidierten strategischen Zielen unterstreicht die Wichtigkeit der bislang meist stiefmütterlich behandelten pAVK in der Diagnostik und Therapie kardiovaskulärer Erkrankungen.

Zur Person

Prof. Christos Rammos

Prof. Christos Rammos ist als Geschäftsführender Oberarzt und Leitung für den Bereich der diagnostischen und interventionellen Angiologie in der Klinik für Kardiologie und Angiologie am Universitätsklinikum Essen tätig. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der kardiovaskulären Funktionsstörung mit besonderem Fokus auf die eingeschränkte Endothelfunktion, mikrobiomvermittelten Effekten und diätetischen Interventionen sowie ferner auch auf Interventionsstrategien bei peripherer Verschlusskrankheit.


Referenzen

 

  1. Writing Committee Members et al. 2024 ACC/AHA/AACVPR/APMA/ABC/SCAI/SVM/SVN/SVS/SIR/VESS Guideline for the Management of Lower Extremity Peripheral Artery Disease: A Report of the American College of Cardiology/American Heart Association Joint Committee on Clinical Practice Guidelines. J Am Coll Cardiol. 2024;83(24):2497-2604. doi: 10.1016/j.jacc.2024.02.013.
  2. https://professional.heart.org/en/-/media/PHD-Files-2/Science-News/p/PAD-National-Action-Plan.pdf
  3. Mazzolai L et al. 2024 ESC Guidelines for the management of peripheral arterial and aortic diseases. Eur Heart J. 2024 Aug 30:ehae179. doi: 10.1093/eurheartj/ehae179. Epub ahead of print. PMID: 39210722
  4. https://www.awmf.org/service/awmf-aktuell/periphere-arterielle-verschlusskrankheit-pavk-diagnostik-therapie-und-nachsorge

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