Telemonitoring, Apps und Wearables: Die Digitalisierung in der präventiven und rehabilitativen Kardiologie

 

Die digitale Transformation hat sich als Katalysator für signifikante Fortschritte in der Kardiologie etabliert, wobei Innovationen sowohl den präventiven als auch den rehabilitativen Ansätzen der Kardiologie neue, wirkungsvolle Dimensionen verleihen. 

 

Bildquelle (Bild oben): TierneyMJ / Shutterstock.com

Von:

Dr. Djawid Hashemi, Dr. Roland Nebel, Prof. Frank Edelmann

Vertretende der DGK-Arbeitsgruppe 14 Präventive und rehabilitative Kardiologie

 

Senior-Editoren:

Prof. David Duncker, PD Dr. Philipp Breitbart, Dr. Hannah Billig

Herausgebende der Rubrik Digitale Kardiologie

 

11.09.2023

Die Digitalisierung – definiert als die Implementierung digitaler Technologien zur Optimierung der Effizienz und Verbesserung der Gesundheitsprozesse und -ergebnisse – nimmt mittlerweile eine zentrale Rolle in der zeitgenössischen Gesundheitslandschaft ein. Hervorzuheben ist, dass die Terminologie rund um die Digitalisierung nicht standardisiert ist und viele Gesichter haben kann. Der Begriff bezieht sich hier auf Versorgungsleistungen, die über das Internet, tragbare Geräte, mobile Anwendungen (Apps) sowie mittels aufstrebender Rechenmethoden bereitgestellt werden. Die Digitalisierung kann in unterschiedlichen Formen auftreten und sich in vielfältigen Technologien manifestieren.1

 

Während die präventive Kardiologie darauf abzielt, Risikofaktoren zu identifizieren und zu steuern, die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen könnten, konzentriert sich die rehabilitative Kardiologie auf die Wiederherstellung der Funktionen, gegebenenfalls Kompensation verlorengegangener Funktionen, und die Verbesserung der Lebensqualität nach kardiovaskulären Ereignissen.

Aktueller Stand der Digitalisierung in der Kardiologie

Die Digitalisierung hat eine Fülle von Transformationen in der Kardiologie in Gang gesetzt, beginnend mit der Art und Weise, wie Patientendaten erfasst und analysiert werden, bis hin zur Verbesserung der Patientenversorgung. Aktuelle Leitlinien und wissenschaftliche Beratungen, wie die der American Heart Association, spielen eine entscheidende Rolle bei der Förderung einer effektiven Übersetzung digitaler Technologien in die klinische Praxis und Gesundheitsgerechtigkeit.2 Durch den Einsatz tragbarer Geräte und Sensoren zur Echtzeitüberwachung von Herzfrequenz, Blutdruck und Aktivität, hat sich die Früherkennung und das Management von Herz-Kreislauf-Erkrankungen grundlegend verändert.3,4 EKG-Monitoring-Geräte wie beispielsweise AliveCor KardiaMobile ermöglichen es Patient:innen, Herzrhythmusdaten zu erfassen und direkt an ihre behandelnden Ärzt:innen zu senden. Viele solcher Systeme nutzen künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, um die Diagnose- und Prognosegenauigkeit zu verbessern. Ein solches Beispiel ist die App "Preventicus Heartbeats®", die kontinuierliche Herzrhythmusmessungen ermöglicht und so die Möglichkeit bietet, Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen. Diese Art von präventiver Diagnostik trägt dazu bei, das Risiko von Komplikationen wie Schlaganfällen signifikant zu reduzieren.

Überwachung und Beurteilung von Risikofaktoren in der Prävention

In der präventiven Kardiologie hat die Integration digitaler Technologien das Management von Patientinnen und Patienten grundlegend revolutioniert. Wearables, wie zum Beispiel Fitbit® und Apple Watch®, bieten eine kontinuierliche Überwachung und liefern wertvolle Daten zur Beurteilung von Risikofaktoren wie Bewegungsmangel oder abnorme Herzrhythmen. KI-basierte Tools, etwa solche, die auch von internationalen Digitalkonzernen wie Google entwickelt werden, sind in der Lage, Muster in umfangreichen Gesundheitsdatensätzen zu erkennen und so zu helfen, Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen effizient zu identifizieren und zu bewerten. Dabei muss allerdings stets auf den Schutz der Datensicherheit und die Einhaltung der Patientenvertraulichkeit geachtet werden.

Patientenautonomie und Individualisierung durch Telemedizin in der Rehabilitation

In der rehabilitativen Kardiologie bieten digitale Lösungen einen bisher nicht erreichten Grad an Patientenautonomie und medizinischer Unterstützung.5 Tele-Rehabilitationsplattformen ähnlich wie Physitrack oder Caspar Health ermöglichen personalisierte Übungsprogramme und eine Überwachung der Therapietreue, während Smartphone-Apps, wie zum Beispiel MyHeart Counts, Patientinnen und Patienten dabei unterstützen, ihre Fortschritte selbstständig zu verfolgen.6 Unterschiedliche Systeme, die auch mit verschiedenen Produkten und Betriebsprogrammen kompatibel sind, werden derzeit im deutschsprachigen Raum, insbesondere in der Schweiz und in Österreich, eingesetzt und evaluiert. Künstliche Intelligenz kann zudem zur Personalisierung von Rehabilitationsprogrammen eingesetzt werden, wobei die Herausforderung besteht, die Zugänglichkeit und Wirksamkeit dieser Technologien sicherzustellen. Ein weiterer bedeutsamer Fortschritt in der rehabilitativen Medizin sind die Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA). Vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) seit Ende 2020 genehmigt und von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet, gewinnen diese kontinuierlich an Bedeutung. Ein herausragendes Beispiel ist ProHerz, die speziell zur Unterstützung von an Herzinsuffizienz erkrankter Personen entwickelt wurde und seit Mai 2023 als erste kardiologische DiGA verschrieben werden kann.7 Die App erfasst und analysiert täglich gemessene Vitalwerte und ermöglicht es Erkrankten, ihren Gesundheitszustand eigenständig zu dokumentieren und zu kontrollieren.

 

Auf Basis dieser Daten bietet ProHerz ein digitales, personalisiertes Gesundheitscoaching und zusätzliche Funktionen zur Risikoprophylaxe. Durch die tägliche Nutzung werden Betroffene kontinuierlich im optimalen Umgang mit ihrer Erkrankung unterstützt und zum besseren Selbstmanagement befähigt. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung einer leitliniengerechten Therapie und der Erkennung sowie Interpretation von Warnanzeichen, um Notfallsituationen vorbeugen zu können. Somit bietet ProHerz eine umfassende Begleitung im gesamten Versorgungspfad.

Zukunftsperspektiven und Fazit: Datensicherheit, Deutungshoheit und Evaluierung

Während die digitale Transformation der Kardiologie weiter voranschreitet, ist es entscheidend, die ethischen, rechtlichen und sozialen Implikationen sorgfältig zu berücksichtigen. Datensicherheit, Patientenautonomie und Zugang zu den Technologien sind dabei zentrale Herausforderungen. Die Deutungshoheit über medizinische und therapeutische Prozesse muss eindeutig in den Händen medizinischer Fachberufe verbleiben. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Fachpersonen aus den Bereichen Klinik, Informatik, Ethik und den Patient:innen ist deshalb unerlässlich, um das volle Potenzial dieser Technologien ausschöpfen zu können. Abschließend lässt sich sagen, dass die Digitalisierung die Kardiologie nachhaltig revolutioniert, mit bedeutenden Möglichkeiten zur Verbesserung der Prävention und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Etablierte Zulassungsstudien greifen jedoch zu kurz, um selbstlernende, moderne KI-gestützte Instrumente angemessen zu evaluieren – es fehlen derzeit noch verlässliche Methoden, die zeitnah zu erstellen sind, um die Güte der Programme optimal zu erfassen. Dies stellt die jetzige zentrale Herausforderung dar, die in Zukunft angegangen werden muss.

Weiterführender Link

Hier finden Sie weitere Informationen zur DGK-Arbeitsgruppe 14 Präventive und rehabilitative Kardiologie.


Referenzen

  1. Zwack, C.C., et al., The evolution of digital health technologies in cardiovascular disease research. NPJ Digit Med, 2023. 6(1): p. 1.
  2. Golbus, J.R., et al., Digital Technologies in Cardiac Rehabilitation: A Science Advisory From the American Heart Association. Circulation, 2023. 148(1): p. 95-107.
  3. Acosta, J.N., et al., Multimodal biomedical AI. Nat Med, 2022. 28(9): p. 1773-1784.
  4. Reich, C. and B. Meder, The Heart and Artificial Intelligence-How Can We Improve Medicine Without Causing Harm. Curr Heart Fail Rep, 2023: p. 1-9.
  5. Pandey, A.C., J.R. Golbus, and E.J. Topol, Cardiac rehabilitation in the digital era. Lancet, 2021. 398(10294): p. 16.
  6. Wongvibulsin, S., et al., Digital Health Interventions for Cardiac Rehabilitation: Systematic Literature Review. J Med Internet Res, 2021. 23(2): p. e18773.
  7. Spitzenverband.Digitale.Gesundheitsversorgung. Digitale Gesundheitsanwendungen in der Praxis. 2023  [cited 2023 3rd August 2023]; Available from: https://digitalversorgt.de/wp-content/uploads/2023/07/digitalversorgt_broschuere_digtal_jul_23.pdf.

Das könnte Sie auch interessieren

Laden, bitte warten.
Laden, bitte warten.

KI zur nicht-invasiven intrakardialen Druckmessung

AHA-Kongress 2024 | SEISMIC-HF I: Erste Daten zur KI-unterstützten nicht-invasiven Bestimmung des intrakardialen Drucks. Von Dr. K. Franke und PD Dr. P. Breitbart.

Künstliche Intelligenz in der Echokardiographie im Fokus

AHA-Kongress 2024 | AI-ECHO & PanEcho: Zwei Studien zur Effizienz und Qualität von KI in der Diagnostik. Von PD Dr. P. Breitbart.

AI-gestützte quantitative Koronar-CT-Angiographie bei KHK

TCT-Kongress 2024 | CONFIRM2: Welche der KI-QCT identifizierten atherosklerotischen Merkmale sind am stärksten mit dem Auftreten schwerer kardiovaskulärer Ereignisse assoziiert? Von PD Dr. Philipp Breitbart.

Laden, bitte warten.
Laden, bitte warten.
Diese Seite teilen