Neue Projekte zur Verbesserung der EMAH-Versorgung

 

PD Dr. Corinna Lebherz ist Sprecherin der AG 9 „Kongenitale Herzfehler im Erwachsenenalter (EMAH)“ der DGK und berichtet im Interview über zukünftige Schwerpunkte der Arbeitsgruppe und über wichtige anstehende Kongresse zur EMAH-Thematik.

Von:

Dr. Heidi Schörken

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

 

 

 

27.03.2024

 

Bildquelle (Bild oben): chayanuphol / Shutterstock.com

 

HERZMEDIZIN: Welche Schwerpunkte hat sich die AG 9 für das kommende Jahr gesetzt?


Lebherz: Herzfehler gehören zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen. Es wird geschätzt, dass jährlich mehr als 6.000 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler auf die Welt kommen, von denen mehr als 95 % das Erwachsenenalter erreichen. Die spezielle Kardiologie für Erwachsene mit angeborenem Herzfehler stellt somit den derzeit vielleicht am schnellsten wachsenden Bereich in der Erwachsenen-Kardiologie dar. Die Versorgung dieser Patientinnen und Patienten ist herausfordernd, da nicht nur ein fundiertes Wissen zum angeborenen Herzfehler an sich sondern ebenso zur differenzierten Behandlung von Langzeitproblemen im Erwachsenenalter wie Herzinsuffizienz und Rhythmusstörungen sowie erworbenen Komorbiditäten zur optimalen Versorgung der chronisch kranken EMAH benötigt wird.

Interdisziplinarität stärken

 

Angeborene Herzfehler präsentieren sich meist heterogen, auch Leitlinien-Empfehlungen sind häufig lediglich dem Evidenzgrad C zugeordnet, sodass Therapieentscheidung individuell getroffen werden müssen. Eine interdisziplinäre Versorgung durch eine enge Zusammenarbeit von Vertretern der unterschiedlichen kardiologischen Fachdisziplinen sowie der Kinderkardiologie stellt somit die Basis für eine erfolgreiche Betreuung von EMAH dar. Die AG 9 hat es sich zur Aufgabe gemacht, diese Interdisziplinarität zu stärken. Regelmäßige Fortbildungen sowie niedrigschwellige Hospitationsangebote sollen die Leidenschaft für das Thema der angeborenen Herzfehler entfachen.

Zur Person

PD Dr. Corinna Lebherz

PD Dr. Corinna Lebherz ist EMAH-zertifizierte Kardiologin und Sprecherin der AG 9 „Kongenitale Herzfehler im Erwachsenenalter (EMAH)“. Die zertifizierte EMAH-Kardiologin arbeitet als Oberärztin in der Abteilung für Kardiologie des Universitätsklinikums in Aachen. Neben der EMAH-Zertifizierung verfügt sie über eine Zusatzqualifikation zur kardialen Magnetresonanztomographie. 

PD Dr. Corinna Lebherz, Sprecherin der AG 9
Bildquelle: PD Dr. Lebherz

Wissenschaftliche Vernetzung fördern

 

Im Rahmen der DGK-Tagungen wurden bereits gemeinsame Sitzungen mit der AGIK und dem BNK ausgerichtet. Bei der kommenden Jahrestagung in Mannheim haben wir beispielsweise eine Sitzung zur Bildgebung bei angeborenem Herzfehler unter Beteiligung von Vertreterinnen des DGK Clusters Bildgebung sowie der DGPK geplant, auf die ich mich schon sehr freue. Ebenso soll die Arbeitsgruppe als Plattform zur wissenschaftlichen Vernetzung dienen und im Rahmen von Konferenzen Informationsaustausch und Zusammenarbeit unterstützen.

 

HERZMEDIZIN: Wir haben darüber berichtet, dass EMAH leider viel zu selten regelmäßige Kontrolluntersuchungen wahrnehmen. Liegt es nur an den EMAH selbst oder gibt es andere Möglichkeiten, um die Situation zu verbessern?


Lebherz: Eine wichtige Rolle bei der Versorgung von EMAH spielt die Transition, welche einen möglichst fließenden Übergang von der kinderkardiologischen Betreuung in die Erwachsenenmedizin unter Berücksichtigung der sich verändernden Bedürfnisse der Jugendlichen beschreibt.

Jugendliche aufklären und Transition verbessern

 

Es gibt verschiedene Ansätze, um die Transition zu optimieren. Ein zentraler Aspekt ist es, die Eigenverantwortung der Jugendlichen zu stärken und über die Bedeutung des Herzfehlers und die Wichtigkeit der Nachkontrollen umfassend aufzuklären. Wenn die jungen Erwachsenen aus der Fürsorge der Eltern entlassen werden, müssen sie sich der Verantwortung stellen und beispielsweise ihre Arzttermine selbst organisieren.  

Von ärztlicher Seite müssen die Strukturen vorhanden sein und die Betroffenen sollten die Antworten kennen auf Fragen wie: „Wo kann ich mich melden?“ oder „Wo kann ich hingehen?“. Entsprechende Adressen sollten den jungen EMAH an die Hand gegeben werden, um den Wechsel zu erleichtern. Leider sehen wir im klinischen Alltag viel zu häufig erwachsene Patientinnen und Patienten, welche sich im Glauben „der Herzfehler sei ja korrigiert“ erst viel zu spät mit relevanten Folgeproblemen vorstellen.


HERZMEDIZIN: Gibt es in nächster Zeit wichtige Kongresse zum Themenkomplex EMAH?


Lebherz: Der nächste wichtige Kongress ist natürlich unsere Jahrestagung in Mannheim nach Ostern, bei dem Sie unter dem Stichwort „Angeborene Herz und Gefäßerkrankungen“ verschiedene freie Vortragssitzungen und Postersitzungen im Programm finden können. Über den Newsletter unserer Arbeitsgruppe informieren wir die Mitglieder zudem regelmäßig über weitere anstehende Kongresse und Fortbildungen wie z.B. den europäischen Kongress der Gruppe angeborene Herzfehler (EuroACHD der ESC Working Group on Adult Congenital Heart Disease) Mitte April in London oder eine überregionale EMAH-Fortbildung im Juni in Aachen unter wissenschaftlicher Beteiligung der AG9 sowie von Vertretern der DGK, DGPK und DGTHG.

 

Austausch mit Expertinnen und Experten

 

Sehr positiv ist, dass das Interesse, sich mit dem Thema der angeborenen Herzfehler auseinander zu setzen, immer weiterwächst. Man kann fast behaupten, dass im Bereich der angeborenen Herzfehler ein langsamer Paradigmenwechsel stattfindet, mit einem zunehmenden Focus auf die multidisziplinäre Betreuung der chronisch kranken Erwachsenen. In diesem Sinne freue ich mich besonders darauf, im Rahmen der EMAH-Sitzungen bei der anstehenden Jahrestagung viele Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichen Disziplinen zu treffen und sich auszutauschen. Denn die praktischen Erfahrungen, die die einzelnen Kolleginnen und Kollegen in ihren Bereichen sammeln, sind sehr wertvoll, um die Patientinnen und Patienten optimal zu betreuen. Dafür sind solche Kongresse unentbehrlich.

 


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