Optimierte Blutdruck-Einstellung durch eine 4in1-Fixkombination

 

ESC-Kongress 2024 | QUADRO: Die doppel-blinde und randomisierte QUADRO-Studie verglich eine Fixkombination von Perindopril, Amlodipin, Indapamid und Bisoprolol mit der Gabe von Perindopril, Amlodipin und Indapamid bei Patientinnen und Patienten mit resistenter arterieller Hypertonie. Die 4in1-Fixkombination bewirkte eine signifikante Reduktion des Blutdrucks in der Praxis-, Langzeit- und Heim-Messung im Vergleich zur etablierten Standardtherapie.

Von:

Prof. Marcel Halbach

Herzzentrum der Universität zu Köln

 

03.09.2024

 

Bildquelle (Bild oben): Iakov Kalinin / Shutterstock.com

Etwa 5 % der Patientinnen und Patienten mit arterieller Hypertonie weisen eine resistente Hypertonie auf, d. h. der Blutdruck beträgt ≥ 140/90 mmHg trotz der Einnahme einer dreifachen antihypertensiven Therapie, bestehend aus einem RAS-Hemmer, Kalziumantagonisten und Thiazid-(artigem) Diuretikum. Eine Weißkittelhypertonie, eine Pseudoresistenz bei Non-Adhärenz und eine sekundäre Hypertonie müssen ausgeschlossen worden sein. Zu diesem schwer einstellbaren Patientenkollektiv, das uns in der Praxis regelmäßig vor eine therapeutische Herausforderung stellt, gibt es bislang wenig Evidenz. Die PATHWAY-2-Studie hat gezeigt, dass Spironolacton im Vergleich zu Bisoprolol und Doxazosin zu einer besseren Blutdruckkontrolle führt, wenn es als viertes Antihypertensivum zusätzlich zur o. g. Dreifachkombination gegeben wird. Studien mit harten Endpunkten liegen zu einer solchen vierfachen antihypertensiven Therapie nicht vor.


Aus einer Vielzahl von Untersuchungen ist bekannt, dass die Verschreibung mehrerer Antihypertensiva als Einzelsubstanzen die Therapieadhärenz vermindert und diese durch die Anwendung von Fixkombinationen wesentlich erhöht werden kann. Dies wirkt sich auch positiv auf harte Endpunkte aus. Während eine Vielzahl von 2in1-Fixkombinationen und auch mehrere 3in1-Fixkombinationen auf dem deutschen Markt verfügbar sind, ist bislang keine antihypertensive 4in1-Fixkombination zugelassen.


2021 wurde die QUARTET-Studie als erste randomisierte Studie in diesem Bereich veröffentlicht, die eine 4in1-Fixkombination in sehr niedriger Dosierung (jeweils 1/4 der Standarddosis) gegen eine Monotherapie in Standarddosis verglichen hat und eine verbesserte Blutdruckeinstellung unter der Fixkombination zeigen konnte – hierbei ging es aber nicht um eine Behandlung der resistenten Hypertonie.

 

Ziel der QUADRO-Studie war es, bei Patientinnen und Patienten mit resistenter Hypertonie die Überlegenheit einer 4in1-Fixkombination gegenüber einer Therapie mit 3 Antihypertensiva zu zeigen.

Methodik der Studie

 

Die QUADRO-Studie ist eine doppel-blinde, randomisierte Studie, die Patientinnen und Patienten mit resistenter Hypertonie eingeschlossen hat. Die Patientinnen und Patienten durchliefen eine achtwöchige Run-in-Phase, in der eine dreifache Kombinationstherapie aus Perindopril, Indapamid und Amlodipin verabreicht wurde (10/2,5/5 mg oder 10/2,5/10 mg, wenn toleriert). Diejenigen, die nach acht Wochen noch einen Praxisblutdruck > 140 mmHg systolisch und einen 24-Stunden-Blutdruck > 130 mmHg hatten, wurden in zwei Gruppen randomisiert, die entweder die bestehende dreifache Therapie für weitere acht Wochen fortführten oder eine Fixkombination mit Perindopril, Indapamid, Amlodipin und Bisoprolol in einer Dosis von 10/2,5/5/5 mg oder 10/2,5/10/5 mg erhielten. Um die Verblindung zu gewährleisten, wurden in beiden Gruppen zwei Kapseln und eine Tablette verabreicht.


Der primäre Endpunkt war die Veränderung des systolischen Praxis-Blutdruckes; zu den sekundären Endpunkten gehörten der Blutdruck in der 24-Stunden-Messung, der diastolische Praxis-Blutdruck sowie der Heim-Blutdruck.

Ergebnisse der QUADRO-Studie

 

183 Patientinnen und Patienten aus 13 Ländern wurden in die Studie eingeschlossen. Das mittlere Alter betrug 57 Jahre, das Geschlechterverhältnis war ausgeglichen mit 47 % Frauen. Zu Beginn betrug der mittlere Blutdruck 150,3/90,0 mmHg. Nach acht Wochen sank der systolische Praxis-Blutdruck um 20,67 ± 15,37 mmHg in der 4in1-Gruppe und um 11,32 ± 14,77 mmHg in der Kontrollgruppe, der Unterschied betrug –8,04 mmHg (95%-KI –11,99 bis –4,09, p < 0,0001) zugunsten der 4in1-Fixkombination. Der Unterschied beim diastolischen Praxis-Blutdruck war ebenfalls signifikant mit –6,14 mmHg (95%-KI –9,00 bis –3,27, p < 0,0001). Ein Praxis-Blutdruck < 140/90 mmHg wurde bei 66,3 % versus 42,7 % der Patientinnen und Patienten erreicht (p = 0,001).


Der systolische 24-Stunden-Blutdruck war in der 4in1-Gruppe –7,53 mmHg (95%-KI –10,95 bis –4,11; p < 0,0001) geringer. Ein mittlerer 24-Stunden-Blutdruck < 130/80 mmHg wurde bei 51,2 % versus 20,7 % der Patientinnen und Patienten erreicht, der Anteil mit einer Normalisierung des Blutdruckes in der Heim-Messung (< 135/85 mmHg) betrug 60,7 % vs. 25,4 % (p < 0,0001).


Es gab keine signifikanten Unterschiede bei den Nebenwirkungen, es traten keine schweren unerwünschten Ereignisse auf.

Fazit des Forschungsteams

 

Der Referent Prof. Stefano Taddei zog die Schlussfolgerung, dass eine 4in1-Fixkombination mit Bisoprolol hilfreich gegen Non-Adhärenz sein könnte und die dringend benötigte effektive Blutdruckkontrolle bei Patientinnen und Patienten mit resistenter oder schwer zu behandelnder Hypertonie ermöglichen könnte.

Kommentar

 

Non-Adhärenz stellt eines der wichtigsten Probleme bei der Behandlung der arteriellen Hypertonie dar. Fixkombinationen haben sich sowohl in Studien als auch in der Praxis als äußerst wirksames Mittel zur Förderung der Adhärenz erwiesen. Wenn der Blutdruck mit den verfügbaren 3in1-Fixkombinationen unzureichend eingestellt ist, ergab sich bislang das Problem, dass eine hochdosierte 4in1-Kombination nicht zugelassen ist und auch noch nicht in Studien untersucht wurde. Mit der QUADRO-Studie, die auf dem ESC-Kongress 2024 präsentiert, aber bislang noch nicht publiziert wurde, liegen nun erste Daten zu einer solchen hochdosierten 4in1-Fixkombination vor, die die Überlegenheit dieses Therapiekonzeptes gegenüber der „zweckmäßigen Vergleichstherapie“ mittels RAS-Hemmer, Kalziumantagonist und Diuretikum unterstreichen. Die beobachtete Blutdrucksenkung um ~8 mmHg ist als klinisch sehr relevant einzustufen.


Auch wenn es wichtig war, den Nutzen der 4in1-Fixkombination durch eine randomisierte Studie zu belegen, ist der Erkenntnisgewinn gegenüber den bislang vorliegenden Studien jedoch recht gering. Dass eine vierte antihypertensive Substanz eine zusätzliche Blutdruckreduktion bewirken kann, hat die PATHWAY-2-Studie bereits gezeigt. Kritisch zu hinterfragen ist, dass in der QUADRO-Studie Bisoprolol als vierte Substanz genutzt wurde, obwohl die Blutdruckreduktion in der PATHWAY-2-Studie unter Bisoprolol deutlich geringer war als unter Spironolacton (+4,45 mmHg) – wobei hervorzuheben ist, dass die Reduktion des Praxis-Blutdruckes durch Bisoprolol in der QUADRO-Studie mit der durch Spironolacton in der PATHWAY-2 Studie schon eher vergleichbar erscheint (–8,04 vs. –9,92 mmHg). In der Praxis stellt sich nun die Frage, ob eine 4in1-Fixkombination mit Bisoprolol – sollte diese perspektivisch auf dem Markt verfügbar sein – einem 3in1-Präparat plus Spironolacton wirklich ebenbürtig ist. Zudem konnte die QUADRO-Studie die wichtige Frage, ob eine 4in1-Fixkombination die Adhärenz bei resistenter Hypertonie gegenüber der aktuellen Standardtherapie mit einem 3in1-Präparat und einer zusätzlichen Einzelsubstanz weiter verbessern kann, nicht beantworten, da zur Verblindung in beiden Gruppen jeweils drei Pillen verabreicht wurden.

Auch wenn noch nicht alle offenen Fragen adressiert sind, ist die Entwicklung einer 4in1-Fixkombination aber angesichts der enormen Bedeutung der Fixkombinationen für die Therapie der arteriellen Hypertonie sehr zu begrüßen und eröffnet uns eine neue Option der Adhärenz-Förderung, die nun durch positive Daten einer randomisierten Studie unterstützt und hoffentlich bald zugelassen wird.


Referenzen

 

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