Inclisiran in der EU zugelassen: Cholesterinsenkung im Halbjahrestakt

Inclisiran, ein über RNA-Interferenz wirksamer Cholesterinsenker, der nur alle sechs Monate subkutan injiziert werden muss, hat die EU-Zulassung zur Lipidtherapie erhalten, meldet das Unternehmen Novartis.

Von Peter Overbeck

 

14.12.2020

Mit Inclisiran hat die Europäische Kommission jetzt einen innovativen Wirkstoff zur cholesterinsenkenden Therapie zugelassen. Indiziert ist Inclisiran demnach zur Behandlung erwachsener Patienten mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygoter familiärer und nicht familiärer) oder mit gemischter Dyslipidämie, und zwar als Zusatztherapie zu einer gesunden Ernährung

 

- in Kombination mit einem Statin oder einem Statin zusammen mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten, die trotz maximal verträglicher Dosis eines Statins ihren LDL-C-Zielwert nicht erreichen konnten, oder

 

- als Monotherapie oder Kombinationstherapie mit anderen lipidsenkenden Medikamenten bei Patienten, die statinintolerant sind oder bei denen ein Statin kontraindiziert ist.

 

Die Cholesterinsenkung durch Inclisiran beruht auf seiner Wirkung auf das Enzym PCSK9 (Proprotein Convertase Subtilisin / Kexin type 9). Als wichtige Stellschraube für die Regulierung von LDL-Rezeptoren bindet PCSK9 bekanntlich an den Komplex aus LDL-Cholesterin und LDL-Rezeptor und bewirkt den Abbau dieser Rezeptoren in der Leber. Wird diese Wirkung von PCSK9 dagegen unterbunden, werden die LDL-Rezeptoren vermehrt recycelt und erneut an die Oberfläche der Hepatozyten befördert. Dadurch kann LDL-Cholesterin vermehrt gebunden und so der LDL-Plasmaspiegel gesenkt werden.

 

Incliseran unterbindet als sogenannte small interfering RNA (siRNA) durch RNA-Interferenz (RNAi) die hepatische Synthese von PCSK9. Durch Inclisiran wird dabei die mRNA für PCSK9 an der Translation zur Synthese von PCSK9 gehindert, wodurch wiederum der Abbau von LDL-Rezeptoren gehemmt wird. Damit dies spezifisch in der Leber passiert, enthält Inclisiran als zweiten Bestandteil N-Acetylgalactosamin, der die siRNA gezielt in die Leberzellen lotsen soll.

Senkung des LDL-Cholesterins um rund 50%

Grundlage der Zulassung sich mehrere Phase-III-Studien aus dem ORION-Programm. An der ORION-9-Studie waren 482 Patienten mit heterozygoter familiärer Hypercholesterinämie, an der ORION-10-Studie 1.561 Patienten mit atherosklerotischen kardiovaskulären Erkrankungen und an der ORION-11-Studie 1.617 Patienten mit atherosklerotischen Gefäßerkrankungen (87,6%) oder erhöhtem kardiovaskulären Risiko (12,4%) beteiligt.

 

Alle drei Studien dokumentieren übereinstimmend eine Reduktion des LDL-Cholesterinwerte um rund 50% durch Inclisiran.

Große kardiovaskuläre Endpunktstudie läuft noch

Ob die gezeigte LDL-C-Reduktion durch Inclisiran auch in eine klinisch relevante Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen mündet, wird derzeit in der laufenden ORION-4-Studie bei rund 15.000 Patienten geprüft. Erste Ergebnisse werden für 2024 erwartet.

 

Anders als die beiden PCSK9-Hemmer Alirocumab (in Deutschland nicht mehr auf dem Markt) und Evolocumab, die alle zwei bis vier Wochen subkutan injiziert werden müssen, genügen im Fall von Inclisiran zwei Injektionen pro Jahr. Im Hinblick auf die Therapieadhärenz könnte dies von Vorteil sein. Abzuwarten bleibt, inwieweit sich Inclisiran künftig auch durch ein günstigeres Kostenprofil als Alternative zum PCSK9-Hemmer empfehlen wird.


Literatur

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