Nicht alle finden Gunter Demnigs Arbeit gut. Immer wieder werden Stolpersteine mit Teer beschmiert oder aus dem Pflaster gerissen. Die beschmierten Steine werden gesäubert. Dadurch wird die Schrift sogar besser leserlich. Und die gestohlenen Steine werden nachgemacht.
Prominente Gegnerin auf einer ganz anderen Ebene ist Charlotte Knobloch, die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden. Sie und andere Überlebende des Holocausts werfen Demnig vor, dass mit den Stolpersteinen das Andenken der Menschen sprichwörtlich mit Füßen getreten werde. Und so dürfen z. B. in München auf öffentlichen Wegen keine Stolpersteine verlegt werden. Der Rabbi von Köln indes kommentiert diesen Beschluss des Münchener Stadtrates: "Es sind Gedenksteine im Boden. Keine Gräber, über die wir im Petersdom laufen."
Statt mit Stolpersteinen will München mit Stelen und Gedenktafeln an Hauswänden an die Ermordeten und Verfolgten der Nazi-Zeit erinnern. Außerdem soll ein zentrales Namensdenkmal auf die Schicksale der NS-Opfer aufmerksam machen. Zu dieser Art der Erinnerungskultur sagt Demnig: Die Steine begegnen uns jederzeit und überall und nicht nur an einer zentralen Gedenkstätte, an welcher einmal im Jahr Blumen niedergelegt werden. Man stolpert nicht über die zahlreichen, dezentralen Steine. Man stolpert mit dem Kopf und mit dem Herzen. Und: Liest man den Text, muss man sich zwangsläufig verbeugen.
Innerhalb der Kontroverse gibt es zahlreiche Familien von Verfolgten der Nationalsozialisten und Vereinigungen von NS-Opfergruppen, die sich vehement für die Anbringung von Stolpersteinen einsetzen. Ein eindrucksvolles Ergebnis sind die nahezu 10.000 Steine in Berlin. Allein im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf liegen davon 3.654 Exemplare, und das Interesse hält an: Wegen der Wartezeit von 3 bis 4 Jahren können keine neuen Anträge für Stolpersteine angenommen werden.
Ein eindrucksvolles Zeugnis für die nachhaltige Aktualität der Stolpersteine findet sich ebenfalls in Berlin: Jedes Jahr zum 9. November, dem Jahrestag der Reichspogromnacht, reinigen Schüler verschiedener Schulen die Charlottenburger Stolpersteine. Die später entzündeten Kerzen auf den Steinen bilden dann auf dem Kurfürsten-Damm eine nahezu durchgehende Lichterkette.
Über zwei bewegende Beispiele der Zustimmung zu seinem Projekt berichtet Gunter Demnig: Nach der Verlegung von Stolpersteinen in Norwegen wurde ich von einem Passanten mit den folgenden Worten angesprochen: "Wie schön, dass es einen deutschen Künstler gibt, der hier Stolpersteine verlegt. Auch dann, wenn das erst nach 70 Jahren passiert."
Und nach der Verlegung von Stolpersteinen sagte ein älterer Teilnehmer: "Ich kam 1939 mit einem der Kindertransporte nach Großbritannien. Das war für mich ein Abenteuer. Ich hatte aber nicht verstanden, warum meine Eltern damals auf dem Bahnhof so heftig weinten. Ab jetzt kann ich endlich wieder auch nach Deutschland reisen."
Es sieht ganz so aus, als ob sich die Kontroverse deutlich in Richtung Akzeptanz von Gunter Demnigs weltweit größter dezentralen Gedenkstätte entwickelt hat.