Ein zentraler Einsatzbereich von KI liegt in der Analyse von EKGs. Beispiel ist ein im Lancet Digital Health2 vorgestellter KI-Algorithmus, der in der Lage ist, aus standardisierten 12-Kanal-EKGs das biologische Geschlecht mit hoher Treffsicherheit (bis zu 95 %) zu identifizieren. Interessanterweise stellte sich heraus, dass bei Frauen, deren EKG als „männlich“ imponierte, ein signifikant höheres Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse bestand. Somit steht ein neuartiger Risikomarker zur Verfügung, der mit traditionellen Methoden nicht erkennbar ist.2 Solche Modelle ermöglichen eine tiefgreifende Differenzierung und bieten neue Ansatzpunkte für eine geschlechterspezifische Risikostratifizierung. Auch frühere Arbeiten konnten bereits zeigen, dass KI-basierte EKG-Modelle in der Lage sind, Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz oder Kardiomyopathien mit höherer Genauigkeit vorherzusagen als konventionelle Verfahren – und zwar bei beiden Geschlechtern, aber mit bisher ungenutztem Potenzial spezifisch für Frauen.3
Ein weiterer vielversprechender Ansatz liegt in der automatisierten Analyse von Bildgebungsmodalitäten. So wurde kürzlich ein transformerbasiertes KI-Modell vorgestellt, das in der Lage ist, aus Mammografieaufnahmen die Menge an Brustarterienkalk (Breast Arterial Calcification, BAC) zu extrahieren und zu bestimmen- ein Parameter, der stark mit dem kardiovaskulären Risiko bei Frauen assoziiert ist. Eine Analyse von mehr als 100.000 Mammografien ergab eine signifikante Assoziation von BAC mit späteren kardiovaskulären Ereignissen und zwar unabhängig von anderen traditionellen Risikofaktoren.4 Dies zeigt, dass eine routinemäßige eingesetzte Untersuchung zur kosteneffektiven kardiovaskulären Risikostratifizierung spezifisch für Frauen, bei denen klassische Risikostratifizierungs-Tools wie der Framingham Score oft versagen, beitragen kann.