Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung – jetzt hat ein wissenschaftlicher Durchbruch den Weg frei gemacht für ein Medikament, das künftig erstmals gezielt das Vorhofflimmern bekämpfen könnte. Wissenschaftlerin Dr. Cristina Molina vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) analysierte dafür bestimmte Abläufe, die zwar bekannt waren, aber deren Ursache seit Jahrzehnten unklar waren.
Wie entsteht das Vorhofflimmern im Herzen?
Das Vorhofflimmern entsteht, wenn die elektrischen Ströme im Herzen gestört werden. Das Herz erzeugt im sogenannten Sinusknoten 60 bis 80 elektrische Impulse pro Minute, die vom AV-Knoten in der Mitte des Herzens weitergeleitet werden. Die Impulse aus den Vorhöfen kommen dann mit einer leichten Verzögerung bei den Herzkammern an, sodass sich Vorhöfe und Kammern nacheinander zusammenziehen und Blut pumpen. Beim Vorhofflimmern erzeugt der Sinusknoten chaotische elektrische Impulse, sodass die Vorhöfe nicht mehr im Takt schlagen, sondern zittern. Dieses Zittern kann auf die Herzkammern übergreifen, so dass sie nicht mehr genug Kraft zum Blutpumpen haben.
Wo setzte die Forschung für ein Medikament gegen Vorhofflimmern an?
Verschiedene Mineralien steuern die elektrischen Ströme im Herzen – eines davon ist Kalzium. Wenn der Herzrhythmus gestört ist, sind im Herzmuskel zu wenige elektrisch geladene Kalzium-Teilchen (Ionen) vorhanden. Das gehört zu den typischen Merkmalen bei chronischem Vorhofflimmern. „Warum das so ist, war aber jahrzehntelang unklar, so dass keine Therapie entwickelt werden konnte, die an diesem Prozess ansetzt“, sagt Dr. Molina.
Nun hat die Wissenschaftlerin herausgefunden, dass Menschen mit Vorhofflimmern zu viel eines bestimmten Eiweißes (Protein) in den Vorhöfen des Herzens haben. Dieses Eiweiß, Phosphodiesterase 8B oder kurz PDE 8B, stört die Kalzium-Ionen – und damit die elektrischen Ströme des Herzens. Es gibt jedoch einen Wirkstoff, der gezielt das Eiweiß in den Vorhöfen hemmt. Das Forschungsteam um Dr. Molina hat zeigen können, dass das Mittel die Kalziumströme wieder normalsiert. Bislang ist das aber nur mit Herzmuskelzellen im Labor gelungen. Jetzt soll der Wirkstoff zunächst an Pferden getestet werden, da sie wie Menschen ein Vorhofflimmern entwickeln können. Bei einem Erfolg könnte so eine neue medikamentöse Therapie gegen das Vorhofflimmern entstehen.