Quick Dive: DGK-Manual zur Notfallechokardiographie

 

In unserer Reihe "Quick Dive" stellen die Autorinnen und Autoren von Publikationen medizinischer Fachgesellschaften prägnant die wichtigsten Hintergründe und Inhalte der jeweiligen Veröffentlichung vor. Dieses Mal wird eingetaucht in:

 

DGK-Manual zur Notfallechokardiographie aus Sicht des Kardiologen, Akut- und Notfallmediziners – Update 2024

30.08.2024 | Verfasst von: Andreas Hagendorff, Andreas Helfen, Jana Boer, Tobias Graf, Christian Jung, Fabian Knebel, Elena Romero-Dorta, Roland R. Brandt


Von:

Melissa Wilke

HERZMEDIZIN-Redaktion

 

12.11.2024

 

Bildquelle (Bild oben): vovan / Shutterstock.com

5 Fragen an den Erstautor

Prof. Andreas Hagendorff, Universitätsklinikum Leipzig

 

Was sind Anlass und Ziel der Publikation?

 

Im Jahr 2013 wurde von Autoren der AG5 „Kardiovaskulärer Ultraschall“ und der AG3 „Kardiovaskuläre Intensiv- und Notfallmedizin“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) eine Empfehlung zur Notfallechokardiographie publiziert. Aufgrund vieler neuer Aspekte erschien es der Klinischen Kommission der DGK mehr als notwendig, ein Update zum Thema „Notfallechokardiographie“ bei den oben genannten Autoren in Auftrag zu geben. Das Ziel des Updates ist somit die Aktualisierung einer nationalen Empfehlung für die effiziente zielgerichtete Echokardiografie in Notfalleinheiten.

 

Was sind die wichtigsten Take-Home Messages?

 

  1. Die erste Rationale für das Update bleibt die Strukturierung einer schnellen und fokussierten Echokardiographie in der Weise, dass alle wichtigen kardialen Strukturen – speziell bei unbekannter Grunderkrankung – in der Dokumentation beinhaltet sind.
  2. Damit sollten die notwendigen echokardiographischen Sequenzen zur Beurteilung möglicher kardiovaskulärer Erkrankungen dokumentiert werden, wobei im Manual die Begründung für deren Dokumentation im Notfall gegeben wird.
  3. Der „ABCD-Ansatz“ hat in der Notfallechokardiografie weiter eine zentrale Bedeutung: „Awareness“ (A) - „Be suspicious“ (B) - „Comprehensiveness“ (C) - „Double R = record and review“.
  4. Anforderungen an die Hygiene sind zwar selbstverständlich, aber in der Notfallechokardiographie oft vergessen. Sie werden daher entsprechend beschrieben.
  5. Die Notfallechokardiographie braucht auch den Blick über den Tellerrand, somit gehören Lungen- und Thorax-Ultraschall sowie die Beurteilung der venösen kongestion (VExUS) mit entsprechenden Sequenzen dazu.
  6. Die Beurteilung der Hämodynamik zur Charakterisierung von Schockzuständen und Ursachen der Herzinsuffizienz kann durch schnelle Notfallechokardiographie einen zentralen Stellenwert im Notfallszenario einnehmen.
  7. Die Notfallechokardiographie muss auch in Gegenwart von temporären und permanenten Herzersatzsystemen strukturiert erfolgen, um Funktion des Herzens wie auch der Geräte zu analysieren.
  8. Die Notfallechokardiographie wird bei speziellen Situationen wie bei Endokarditis, Lungenembolie, Aortendissektion und Thoraxtrauma durch moderne Zusatz-Modalitäten (u. a. TEE und 3D-Echokardiographie) verbessert.
  9. Die Notfallechokardiographie ist ein Pfeiler der akuten Diagnostik bei Komplikationen von kardialen Interventionen einschließlich der Perikardpunktion sowie von nicht kardialen chirurgischen Eingriffen.

 

Zentrale Abbildungen aus dem Manual sind z. B. die Dokumentations-Protokolle mit der Kennzeichnung der Mindestanforderung durch „rote Punkte“ sowie die Anlotungen der echokardiographischen Kontrolle von LVAD-Systemen („left ventricular assist devices“):

Abb.1: Struktur des Untersuchungsablaufes zur Dokumentation der parasternalen und apikalen Schnittebenen einschließlich der optionalen (nicht notwendigen) multiplanen und multidimensionalen Echokardiographie.

Schemazeichnung zur echokardiographischen Kontrolle von LVAD-Systemen

Abb. 2: Schemazeichnung zur echokardiographischen Kontrolle von LVAD-Systemen („left ventricular assist devices“).

 

Was sind Herausforderungen bei der Umsetzung der Notfallechokardiographie und mögliche Lösungen?

 

Herausforderungen sind die Kenntnis der Ultraschallgeräte-Technik und deren Handhabung und damit auch die Anforderung an ein spezielles und strukturiertes Training, welches, in Verbindung mit pathophysiologischen Kenntnissen und medizinischem Wissen, die Grundlage für die richtige Diagnosestellung und die richtigen Therapieentscheidungen darstellt. Diese Anforderungen sind zusätzlich dadurch als besonders einzustufen, da in der Regel unter Zeitdruck, nicht mit den besten Geräten und unter ungünstigen Umgebungsbedingungen geschallt werden muss.

 

Welche Punkte sind offengeblieben?

 

Zu diesem Thema bleiben immer einige Punkte nicht angesprochen. Am wichtigsten erscheint den Autoren, dass alle die, die Notfallsonographie durchführen, sich mit dieser Thematik intensiv auseinandersetzen, damit sie immer besser werden. Damit ist das Ziel der Notfallechokardiographie nahezu immer, eine vollständige echokardiographische Untersuchung selbst unter den ungünstigsten Bedingungen durchzuführen. 

 

Ausblick: Welche Entwicklungen zum Thema zeichnen sich ab?

 

Die Notfallechokardiographie wird sicherlich immer mehr durch moderne Technologien flankiert werden, dazu gehören nicht nur neue Geräte-Modalitäten, sondern auch Hilfestellungen durch die sogenannte „künstliche Intelligenz“. Allerdings muss letzteres vor der Einführung in die Klinik aufgrund der individuelle Schallbarkeit der Patientinnen und Patienten kritisch überprüft werden.

Weiter zur vorgestellten Publikation:

Manual zur Notfallechokardiographie aus Sicht des Kardiologen, Akut- und Notfallmediziners – Update 2024

Literaturnachweis: Hagendorff A., Helfen A., Boer J., et al.

Manual zur Notfallechokardiographie aus Sicht des Kardiologen, Akut- und Notfallmediziners – Update 2024
Kardiologie 2024 · 18:365–388 https://doi.org/10.1007/s12181-024-00702-y

 

Zur Person

Prof. Andreas Hagendorff

Prof. Andreas Hagendorff ist Leiter der kardialen Bildgebung der Klinik und Poliklinik für Kardiologie des Universitätsklinikums Leipzig und Mitglied im Nukleus des DGK-Clusters "Bildgebende Verfahren". Er ist außerdem wissenschaftlicher Leiter des Deutschen Echokardiographie Kongress in Leipzig.


Kurzinfo: Die Formate der DGK-Publikationen

Leitlinien sind für Ärztinnen und Ärzte eine wichtige Stütze im klinischen Alltag, um ihre Patientinnen und Patienten nach neuestem Stand der Wissenschaft bestmöglich zu behandeln. Dabei dienen die Leitlinien als verlässliche Handlungsempfehlungen in spezifischen Situationen.

Pocket-Leitlinien sind Leitlinien in kompakter, praxisorientierter Form. Bei Übersetzungen von Pocket-Leitlinien der ESC werden alle Empfehlungsklassen und Evidenzgrade der Langfassung übernommen.

Master Pocket-Leitlinien stellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Aspekte der Leitlinienempfehlungen in Form von grafischen Diagnose- und Therapiealgorithmen dar. Als Quelle der Empfehlungen dienen dabei vorwiegend die nach strengen wissenschaftlichen Kriterien erstellten Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) sowie deren deutsche Übersetzung durch die DGK.

CardioCards behandeln im Wesentlichen Themen der Diagnostik und Akuttherapie für den ambulanten Bereich. Hier werden die essenziellen Informationen von Leitlinien komprimiert und übersichtlich zusammengefasst.

Kommentare beinhalten Hinweise, wie sich die neuen von den alten Leitlinien unterscheiden, Hinweise auf wesentliche Neuerungen, die seit dem Erscheinen der ESC-Leitlinien bekannt geworden sind, Diskussion kontroverser Empfehlungen in den ESC-Leitlinien sowie Möglichkeiten und Grenzen der Leitlinienumsetzung im Bereich des deutschen Gesundheitswesens.

Ein Positionspapier behandelt eine Fragestellung von großem allgemeinen Interesse, für die keine aktuelle Leitlinie vorliegt.

Bei einem Konsensuspapier handelt es sich um ein von mehreren Fachgesellschaften getragenes Statement.

Diese Veröffentlichungen enthalten Empfehlungen einer DGK-Arbeitsgruppe zu einer speziellen Frage von großem Interesse.

Stellungnahmen der DGK beziehen sich auf gesundheitspolitische Fragestellungen und erfolgen durch den Vorstand, gemeinsam mit Kommissionen und Projektgruppen. Sofern möglich und sinnvoll, werden auch Fachgesellschaft-übergreifende Stellungnahmen ausgearbeitet.

Ein Manual ist eine praktisch orientierte Expertenempfehlung für wesentliche kardiovaskuläre Prozeduren.

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